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Slatermans Westernkurier 08/2016

Battle-of-New-OrleansAndrew Jackson Teil 2
Jackson und der Unabhängigkeitskrieg

Auf ein Wort, Stranger, es ist keine Untertreibung zu behaupten, dass Andrew Jackson, der 1829 zum siebten Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wurde, ein Leben führte, das an Gewalttätigkeit, Blut, Hass und Grausamkeit von keiner anderen Person im Westen jemals überboten wurde.

Weder vor seinem Tod, noch danach.

Aber der Reihe nach.

Mit 16 Jahren erbte er von einem Verwandten aus Carrickfergus, Irland, die stolze Summe von 400 Pfund, was zu damaliger Zeit ein kleines Vermögen war.

Der amerikanische Unabhängigkeitskrieg war in vollem Gange, und als die Briten damit begannen, die Küstengebiete Carolinas zu überrennen, zog sich eine große Zahl des Geldadels in die Waxhaws, einem Hügelgebiet in South Carolina, zurück, genauer gesagt in das Städtchen Charles Town, das 1783 in Charleston umbenannt wurde.

Jenes Städtchen, das Jahrzehnte später durch den Beschuss des nahegelegenen Fort Sumter als der Ort bekannt wurde, an dem der amerikanische Bürgerkrieg seinen Anfang nahm.

Jackson, der Hinterwäldlersohn, versuchte angesichts der vielen Vertreter der feinen Gesellschaft, mit dem Geld aus sich einen Gentleman zu machen. Schon bald führte er das Leben eines sorglosen Bonvivants, aber Brandy, Pferde und Glücksspiel sorgten schnell dafür, dass ihm das Geld knapp wurde.

So übersiedelte er 1794 nach Salisbury, North Carolina, wo er sich in der Kanzlei des Anwalts Spruce Mackay mit dem Gesetz vertraut machte.

Sein heißblütiges Temperament sorgte aber schon bald dafür, dass man auf die Frage, wer Andrew Jackson sei, von der Bürgerschaft von Salisbury folgende Antwort bekam:

»Er ist der größte Schreihals, der eifrigste Besucher von Hahnenkämpfen und Pferderennen, der hemmungsloseste Kartenspieler, der Anführer aller Radaubrüder dieser Gegend und somit der größte Strolch, der jemals in dieser Stadt sein Unwesen getrieben hat.«

Ein vernichtendes Urteil, aber Jackson war intelligent genug, um das nach und nach in Respekt umzuwandeln. Er lernte, sich zu benehmen, gewählt zu sprechen und mit den Wölfen zu heulen. Sprich, er zeigte sich für den Lebensstil der begüterten Klasse empfänglich und wusste sich durch Kleidung, Sprache und Zuwendungen ihrer Gunst zu versichern.

Nachdem er bereits mit 20 als Anwalt zugelassen war, schloss er sich John McNairy, dem Obersten Richter der Westgebiete von North Carolina, dem heutigen Tennessee, an und zog mit zwei Pistolen am Sattelknauf als Staatsanwalt des Bezirkes los, um den Menschen dort, die es mit dem Gesetz von je her nicht so genau nahmen, eben jenes um die Ohren zu schlagen.

Innerhalb von 30 Tagen fertigte er 70 Vollstreckungsbescheide gegen Bürger von Nashville aus, die sich geweigert hatten, ihre Rechnungen zu bezahlen, und setzte sie alle durch. Damit machte er die Leute auf sich aufmerksam, die in Tennessee etwas zu sagen hatten.

Jackson war wild entschlossen, zu einer führenden Persönlichkeit in der Geschäftswelt und damit einhergehend in der Politik zu werden, und so gelang es ihm innerhalb kürzester Zeit, Tennessees erster Abgeordneter zu werden, dann Senator, Richter, bis er schließlich zum Major General der Miliz von Tennessee ernannt wurde. Es ist müßig zu erwähnen, dass er in dieser Zeit weitere Männer, unter anderem den Rechtsanwalt Waightstill Avery, der ihn wegen seiner Unerfahrenheit in der Rechtsprechung gehänselt hatte, zum Duell herausforderte. Der Streit wurde aber freundschaftlich beigelegt.

Wer Jacksons aufbrausendes Temperament kennt, ahnt, was dem Anwalt erspart geblieben ist.

Bis 1813 machte Jackson, von einer Ausnahme abgesehen, nur durch sein übertriebenes Ehrgefühl und seine Duelle von sich reden.

Durch seine Heirat mit der dunkeläugigen Südstaatenschönheit Rachel Donelson, die zu diesem Zeitpunkt noch in Scheidung mit Captain Lewis Robards lebte, wurde er für die steife, puritanische Gesellschaft Carolinas immer wieder zum Ziel von Häme und beißendem Spott.

Aber das interessierte Jackson nicht.

Egal ob Abgeordneter, Geschäftsmann oder sogar der Gouverneur, Jackson machte mit seinen Duellaufforderungen vor niemandem halt, was im September 1813 dazu führte, dass er im City Hotel in Nashville in einen Ehrenhandel verwickelt wurde, in dessen Verlauf ihm eine Kugel einige Knochen in der Schulter zerschmetterte und eine weitere seinen Oberarm aufriss.

Die Ärzte wollten ihm daraufhin den Arm abnehmen, aber Jackson verbot eine Amputation und erhob sich drei Wochen später von seinem Krankenlager, um als Befehlshaber der Miliz einen Feldzug gegen die Indianer zu führen.

 

***

 

Die oben erwähnte Ausnahme geschah im Herbst 1812, als er im Auftrag der Regierung wegen der Indianerunruhen mit 2000 Freiwilligen nach Natchez marschierte.

Dort angekommen kam es aber zu keinerlei Kampfhandlungen, außer mit der Regierung, die ihn, da inzwischen auf diplomatischem Weg ein Abkommen mit den Indianern zustande gekommen war, urplötzlich anwies, seine Truppen wieder zu entlassen.

650 Kilometer von der Heimat entfernt und ohne die für Sold und Verpflegung nötigen Mittel bereitzustellen.

Jackson weigerte sich empört, griff in die eigene Tasche, um die Männer wieder nach Hause zu bringen, und verdiente sich dabei für immer den Spitznamen Old Hickory, als er mit den Männern zu Fuß nach Hause marschierte, während er erschöpften Soldaten erlaubte, auf einem seiner drei Pferde so lange zu reiten, bis sie wieder bei Kräften waren.

Jetzt aber war die Situation eine völlig andere.

Die Red Stick, ein Creek-Stamm besonders gewalttätiger und grausamer Krieger, hatte die Grenzbefestigung Fort Mims gestürmt und über 500 Siedler und Milizionäre getötet.

Es wurde eine Expedition von 2000 Freiwilligen ausgerüstet und Jackson, der noch im Krankenbett beschlossen hatte, nicht nur die Indianer zu vernichten, sondern nebenbei auch gleich noch Florida zu erobern, erhob sich trotz seiner schweren Verletzungen bereits am 7. Oktober wieder von seinem Lager, legte den kaputten Arm in die Schlinge und führte die Truppen in die Wildnis.

Aber im Gegensatz zu dem Intermezzo in Natchez traf Jackson diesmal auf einen Gegner, der alles andere als zu unterschätzen war.

Der Kriegerstamm der Red Stick folgte dem Kommando von William Weatherfords, eines Neffen Alexander McGillivrays, der beschlossen hatte, wie sein ruhmreicher Onkel unter Indianern zu leben. Jedermann zitterte vor diesen Namen, außer Jackson, der in Anlehnung an den legendären Feldherrn Hannibal in sein Tagebuch schrieb:

»Es gibt keine Straßen in dieses Gebiet außer einem Weg über Berge, die gewaltiger sind wie die Alpen. Was ich fürchte, sind nicht die mörderischen Creeks, sondern ein ausgemergeltes Monster namens Hunger. Aber wir werden trotzdem entschlossen vorrücken, und wenn es sein muss, nur von Eicheln leben.«

Jackson tat beides, erkrankte aber heftig an Ruhr.

Dabei kam es zu einer weiteren Episode, die seinen Ruhm unvergänglich machte.

Als sich Jackson während des Feldzuges von Ruhr geschwächt an einen Baum lehnte, kam ein hungriger Soldat vorbei, der in hochnäsigem Ton meinte, dass es eigentlich nicht mehr als rechtens wäre, wenn der General sein Mahl mit der kämpfenden Truppe teilen würde.

Jackson stimmte dem zu und zeigte dem Soldaten zu dessen Verblüffung eine Handvoll Eicheln.

Am 1. November erreichte er mit seinen Männern den Coosa River, errichtete an seinem Ufer binnen einer Woche ein Fort und schickte seinen Stellvertreter John Coffee, der die berittene Miliz befehligte, mit 1000 Mann in das Red Stick-Dorf Tallushatchee.

Die Männer marschierten 20 Meilen, töteten fast 190 Indianer und marschierten dieselben 20 Meilen wieder zurück.

»Wir haben sie abgeschossen wie wilde Hunde«, erinnerte sich später einer der Milizionäre.

Nur wenige Tage darauf erschien in Jacksons Fort ein Angehöriger des friedlichen White Stick-Stammes und warnte ihn, dass Weatherford auf das Dorf seines Stammes zumarschieren wollte, der als den Weißen freundlich gesinnt galt.

Angeblich wollte Weatherford an ihnen ein Exempel statuieren, um zu zeigen, dass man die Red Stick nicht ungestraft angreifen konnte. Jackson brüllte seine Armee um ein Uhr in der Nacht aus den Federn und peitschte sie in 28 Stunden fast 50 Meilen durch die Wildnis.

Danach ließ er sie außerhalb von Talladega, der Hauptstadt der Red Stick, in Form einer Sichel aufmarschieren und schickte eine Reiterabteilung auf die Indianerstadt zu.

Tausende von Red Stick rannten brüllend aus dem Ort.

Die Reiter zogen sich planmäßig zurück und die Sichel schloss sich zu einer kreisförmigen Falle. Jackson verlor 15 Mann und hatte 87 Verwundete zu verzeichnen, die Indianer verloren über 300 Krieger. Er zweifelte nicht daran, dass er nur zupacken musste, um Weatherford habhaft zu werden, aber er musste sich trotzdem zurückziehen.

Er besaß keinerlei Verpflegung mehr und seine Festung am Coosa River lag ungeschützt. Es begannen die bittersten Zeiten seines Lebens.

Aber genau diese Zeiten begründeten seinen Ruhm. Diese Kämpfe mit den Indianern, die nur ein Vorspiel zu der Invasion der Engländer darstellten, die 1815 in der Schlacht um New Orleans gipfelte, waren es, die ihn letztendlich ins Präsidentenamt hievten, obwohl bis dahin das Blut von Tausenden von Menschen, wenn auch nur indirekt, an seinen Händen klebte.

Teil 3 der Kolumne über Jackson folgt in Kürze.

Euer Slaterman

Quellennachweis:

  • Der Weg nach Westen, Paul O’Neil in der Time Life Bücherreihe Der Wilde Westen
  • H.J. Stammel, Der Cowboy von A bis Z
  • Andrew Jackson Biographical Information
  • bioguide.congress.gov