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Der Welt-Detektiv Band 6

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Pamfilius Frohmund Eulenspiegel 23

Pamilius-Frohmut-Eulenspiegel-Band-2Des Erzkalfakters, Quadratschlankels und durchtriebenen Leutvexierers, Pamfilius Frohmut Eulenspiegel, des allbekannten, berüchtigten und weltverrufenen Till Eulenspiegel einzigen Sohnes pfiffigen Streiche, Ränke, Schwänke und lustige Possen als: Hendlschnipfer, Brotschwindler, Rahmkripfer, Fischdieb, Entenangler, Zigeuner-, Schneider- und Schusterlehrbua, Herzogslebensretter, Herold, Schatzgräber, magistratischer Bademeister, Hofnarr, Feldherr, frommer Pilger, glücklich dem Galgen entgangener Spieler usw.

Ein Hofnarr als Feldherr

Auf eine Zeit bemerkte ich eine große Bestürzung am Hofe, und eines Tages sagte der Herzog zu mir: »Pamfili, es wird mir bald recht schlecht gehen.«

»Wieso, gnädigster Herr?«

»Der mir schon lange feindlich gesinnte Herzog Wolfgang von Geierland ist ohne Kriegserklärung mit großer Kriegsmacht in mein Herzogtum eingefallen und hat schon ein hinteres Viertel davon erobert. Ich kann keinen starken Widerstand leisten, und wenn es so fortgeht, wirb er mich bald aus meiner Residenz verjagen.«

»Das wäre schlimm!«

»Heute um 10 Uhr wird geheimer Rat gehalten. Komm du auch hin, Pamfili, und hilf uns raten, da du ja sonst immer gute Einfälle hast!«

»Zu Befehl, gnädigster Herr, ich werde kommen!«

Ich kam und hörte so dumme und unausführbare Ratschläge, dass diese geheimen Räte, wenn sie öffentliche gewesen wären, von allen Leuten würden ausgelacht worden sein.

»Sag du deine Meinung, Pamfili!«, gebot der Herzog.

»Zuvor möchte ich die Gemütseigenschaften des Herzogs Wolfgang wissen, Herr Herzog!«

»Er ist ein kriegslustiger, gewalttätiger Herr, aber sehr gottesfürchtig, und betet gerne«, erwiderte der Herzog.

»Das ist genug, mein Plan ist fertig, und nach l4 Tagen kein Feind mehr im Land, jedoch unter der Bedingung, dass Ihr mich zum ersten Feldherrn Eurer Kriegsmacht ernennt, wobei ich Euch verspreche, dass ich siegen werde ohne einen einzigen Schwertschlag.«

»So bist du nun der erste Feldherr meiner Kriegsmacht.«

»Gut. Lasst meinen Befehl an sie sogleich ergehen, sich ganz ruhig zu verhalten, wenn sie vom Feind nicht angegriffen wird, bis dieser das Land verlassen hat, dann mögen Eure Krieger wieder heimkehren!«

»Es soll geschehen.«

Der Herzog versprach mir eine Belohnung von l000 Talern für die glückliche Ausführung meines Planes. Ich borgte von einem alten Pilger, der vor 80 Jahren am Heiligen Grab zu Jerusalem gebetet hatte, ein vollständiges, mit Meermuscheln verziertes Pilgergewand nebst dem Pilgerstab, ließ mir vom Herzog einen eigenhändigen, mit seinem Haussiegel versehenen Vorweis geben, worin stand, dass ich nach Jerusalem pilgern wolle, und seine Kriegsmacht mich ungehindert meines Weges solle ziehen lassen. Gleich nach Mitternacht brach ich in dieser Verkleidung auf und erreichte in 4 Stunden, denn das Herzogtum Assingen war nicht groß, die Vorposten des Feindes, die mich mit aller einem frommen Pilger gebührenden Achtung empfingen und mir auf meine Frage, ob nicht eine Wallfahrtskirche in der Nähe sei, mit freundlicher Bereitwilligkeit antworteten.

»Ja, das Wallfahrtskirchlein zum heiligen Wolfgang, dort links im Wald, eine kleine halbe Stunde von hier. Unser gnädigster Herr Herzog, dessen Namens- und Schutzpatron der heilige Wolfgang ist, vernichtet täglich morgens 5 Uhr dort seine Andacht und bleibt oft eine Stunde am Choraltar knien, dessen Gemälde das Bildnis dieses Heiligen ist.«

Ich dankte für diese mir sehr erwünschte Auskunft und wanderte dem Kirchlein zu, vor dessen offenem Tor wohl hundert Krieger wachten, die mir den Eingang verwehrten, weil sich eben der Herzog ganz allein darin befinde. Der Anführer trat herbei, und belehrte sie, dass man einem frommen Pilger zu keiner Zeit und unter keinerlei Umständen den Eintritt in eine Kirche verwehren dürfe. Weil aber jetzt der Herr Herzog ganz allein darin sei, so müsse ich ganz hinten auf dem marmornen Boden der Kirche, in der Nähe des Einganges, rückwärts aus Vorsicht von 4 Mann überwacht, mein Gebet verrichten.

Ich tat, was der Anführer anordnete, kein Auge von dem Herzog abwendend, der ganz vorn auf dem Steinboden kniete und betete.

In dem Augenblick, da er mit flehenden Händen zum heiligen Wolfgang emporschaute, rief ihm dieser zu, nur von ihm hörbar.

»Herzog Wolfgang, du bist ein großer Sünder, da du einen ungerechten Krieg führst. Wenn du nicht also gleich mit deiner ganzen Kriegsmacht aus dem Herzogtum Assingen abziehst, um es nie wieder anzugreifen, so werde ich aufhören, dein Schutzpatron zu sein, und du wirst noch in diesem Jahr elendiglich an der Pest sterben!«

»Erbarmen! Es soll geschehen nach deinem Willen!«, hörte ich den Herzog murmeln, der bald danach aufstand, während ich bereits das Kirchlein verlassen hatte. Mit raschen Schritten trat er heraus, sprach mit dem Anführer der Reiterschar und sprengte an der Spitze derselben eiligst von dannen.

Da hatte ich als Bauchredner gewiss ein großes Werk und ein gutes Geschäft vollbracht! Von allen Seiten bliesen schon die Trompeten zum Abzug des Feindes, indessen ich seitwärts durch Wälder zur Kriegsmacht meines Herzogs gelangte, an deren Spitze ich zu Pferde in meinem Pilgergewand in der Residenzstadt Assingen mit der frohen Botschaft einzog. Der gnädigste Herr war außer sich vor Freude und umarmte mich vor dem Tor der Residenz in Gegenwart der Krieger und der zahlreichen Einwohner und Maulaffen. Lieber wäre es mir schon gewesen, wenn mich die schöne und junge Fran Herzogin umarmt hätte, statt des Herzogs, der mich in sein Gemach hinauf führte und mir die versprochenen l000 Thaler in Gold ausbezahlte. Diese, die 100 Taler vom herzoglichen Jäger, dem Ehemann Rosines und mein übriges Erspartes, bis auf 6 Thaler, die ich zurückbehielt, wollte ich nach Hause meiner Mutter schicken und ihr sagen lassen, sie solle mein Geburtshaus wieder kaufen und dieses einen geräumigen Anbau erhalten. Der Herzog sorgte für die richtige Überbringung des Geldes und die Meldung wegen des Anbaues.

Zu meiner ferneren Belohnung wollte mich der Herzog zum Geheimen Rat ernennen, aber ich dankte ihm für diese Gnade und sagte: »Ich will lieber Euer lustiger Rat bleiben, als Euer trauriger Rat werden, wie so ein Geheimer Rat ist.«

Auf seine Frage, wie es mir denn so schnell gelungen sei, den wilden und gewalttätigen Herzog Wolfgang zum Abzug aus dem Herzogtum Assingen zu bewegen, antwortete ich: »Gnädigster Herr, Ihr habt mir gesagt, dass Herzog Wolfgang auch sehr gottesfürchtig sei, und somit habe ich ihm so gewaltig in das Gewissen geredet, dass er zur Einsicht seines Unrechtes gekommen ist und nachgegeben hat.«

Die fortdauernde große Gunst des Herzogs machte mir am Hofe sehr viele Feinde und ich durfte mit Sicherheit darauf rechnen, bald durch Gift aus dem Weg geräumt zu werden, wie ich aus verschiedenen Äußerungen merken konnte, die mir der Lakai, mein treuer Diener, immer wieder hinterbrachte. Als ich dies dem Herzog sagte und ihn um Urlaub bat, um mich noch weiter in der Welt umzusehen, gab er mir selbst recht, eine Zeitlang meinen Feinden aus dem Wege zu gehen. Sollte ich früher oder später wieder an seinen Hof kommen wollen, so werde ich stets von ihm freundlichst auf- und angenommen werden.

Ich nahm also von ihm und der Frau Herzogin Abschied, der ich noch die Hand küssen durfte, und verließ dann in dem Anzug, mit welchem ich gekommen war, die Residenz und das Land.