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Der Welt-Detektiv Band 6

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Der bayerische Hiesel – Teil 27

Der-bayerische-HieselFriedrich Wilhelm Bruckbräu
Der bayerische Hiesel
Wildschützen- und Räuberhauptmann, landesverrufener Erzbösewicht

1770

Dieses Jahr bildet mit Recht einen eigenen Abschnitt im wilden, stürmischen Leben des Hiesel. Es ist das letzte Jahr seiner zügellosen Gewalttaten, die er im Jahr 1766 begonnen hatte. Das letzte Jahr, aber auch das denkwürdigste durch die Zahl und die Schwere der Verbrechen des kühnen Wildschützenhauptmannes.

Wie sehr man auch die blutigen Taten Hiesels hassen muss, so fühlt man doch auch eine innere Wehmut, einen so jungen, kräftigen Mann mit trefflichen Anlagen, die unter anderen Zeiten und Umständen seinen Ruhm begründet hätten, auf der Bahn des Lasters reißende Fortschritte machen zu sehen, und das Gemüt des Denkers stellt sich die Frage: Ist es möglich, dass der allbarmherzige Schöpfer irgendeines seiner Menschenkinder so tief könne sinken lassen? Diese Frage scheint den Schöpfer mit Unrecht anzuklagen. Er gab dem Hiesel gute Eltern, die ihm die besten Lehren erteilten, einen gesunden Verstand, und selbst ein gutes Herz. Dass er dessen ungeachtet die Bahn des Lasters betrat und trotz so mancher Warnungen und Mahnungen seiner besseren Natur darauf beharrte, ist die natürliche Folge einer überspannten Leidenschaft, des bösen Beispiels und der Gewohnheit, durch welche die besten Vorsätze im Keim erstickt werden.

In unbegreiflicher Verblendung leben solche Verbrecher fort. Sie sinnen Tag und Nacht auf neue Pläne, fremdes Eigentum zu verletzen, und gleichen jenen geflügelten Insekten, die an Sommerabenden durch die offenen Fenster in die Zimmer fliegen und solange das Licht umgauckeln, bis die Flamme sie verzehrt.

Solange solche Menschen auf freiem Fuß sind und drohenden Gefahren glücklich entgehen, steigt ihre Kühnheit, und erst in den Banden des Kerkers kehrt ihnen die Besinnung zurück, und sie erkennen die ganze Hoffnungslosigkeit ihrer Lage. Dann aber kommt die Reue, die nie ausbleibt, obgleich sie dem Verbrecher nachhinkt, zu spät, und dieser kann im finsteren Kerker, in klirrenden Ketten, oft bei lebenslänglicher Zwangsarbeit, bürgerlich tot, aller Rechte eines ehrlichen Mannes durch das Gesetz beraubt, an dem Werk seiner Bekehrung arbeiten oder die Galgenfrist von drei Tagen benutzen, um sich unter Beistand eines Priesters mit dem Schöpfer im Himmel zu versöhnen, und dann auf dem Blutgerüst, unter der Hand des Henkers, ein Fluch beladenes Lehen zu enden.

O, ihr alle, die ihr vielleicht erst gestrauchelt habt auf dem Weg der Tugend, stärket euch durch ein inbrünstiges Gebet zu Gott, dass er euch Kraft verleihe , mit christlichem Mut aufrecht zu stehen unter den Lockungen des Lasters! Denkt an das Herzensleid eurer Eltern, die euch in die Welt gesetzt haben mit schönen Hoffnungen für eure Zukunft. Denkt an eure Geschwister, die sich ehrlich und redlich fortbringen, und befleckt den guten Ruf eurer Familie nicht mit dem Brandmal des Verbrechens! Denkt, wenn ihr selbst Kinder habt, an die heilige Pflicht, denselben wenigstens einen ehrlichen Namen zu hinterlassen. Denkt, dass ihr ihnen den Weg abgrabt, der zu einer guten Versorgung, zu einem glücklichen Fortkommen führt, denn niemand wird sein Vertrauen dem Kind eines Vaters oder einer Mutter schenken wollen, die dem Strafgericht verfallen sind. Erwägt dies alles wohl und zittert vor dem Gedanken, durch Unrecht Gott, den Herrn und Vater, zu beleidigen, dessen allsehendem Auge auch nicht der geheimste Wunsch eurer Herzen verborgen bleibt. Seid mäßig, nüchtern, keusch, fromm, achtet die Gesetze, und wacht und betet, denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde, da des ewigen gerechten Gottes Wille euch abruft aus diesem irdischen Dasein!