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Marshal Crown – Band 13

MC013-Heiße-Tage-in-Rath-CityHeiße Tage in Rath City

Die dunklen Umrisse der kleinen Rinderstadt zeichneten sich düster gegen den schmutzig grauen Aprilhimmel ab. Ein böiger Wind trieb von Nordosten her dichte Regenschleier durch die Town und von den Dächern rann das Wasser in wahren Sturzbächen herab. Die von tiefen Fahrrillen durchzogenen Straßen waren allesamt aufgeweicht und überall hatten sich Pfützen gebildet, die allmählich zu kleinen Seen anwuchsen.

George Wetherell lehnte an der Theke des einzigen Saloons von Calf Creek und starrte durch das Fenster neben der Eingangstür hinaus in den Regen.

Er war ein hagerer, knochiger Mann. Sein schmales Gesicht war von Tage alten Bartstoppeln bedeckt. Auf seinem Kopf thronte ein speckiger Filzhut, unter dem graue Haarbüschel hervorlugten, die in dünnen Strähnen bis über den Kragen seiner zerschlissenen Windjacke fielen.

Wetherell stand am Tresen und nippte dabei immer wieder versonnen an einem Glas Ingwerbier, das er sich gleich am Morgen nach seiner Ankunft bestellt hatte.

Inzwischen war es Mittag, aber das Glas Bier vor ihm war immer noch dasselbe.

Ein Umstand, der ihm persönlich egal war, anders jedoch Al Dunn, Besitzer und Barkeeper des Calf Creek Saloons in einer Person.

Dunn war inzwischen zu dem Entschluss gekommen, den dürren Mann vor die Tür zu setzen, Regen hin oder her. Er war sich nur noch nicht sicher, ob er es höflich angehen lassen oder dem Kerl gleich einen Tritt in den Hintern verpassen sollte.

Er hasste nichts mehr als Leute wie Wetherell.

Wie sollte er mit seinem Laden Geld verdienen, wenn er nur Gäste hatte, die hier vor dem Regen Schutz suchten und dabei seit dem Vormittag an einem einzigen Bier nippten?

Dunn war gerade dabei, seinem Unmut Luft zu machen, als er aus den Augenwinkeln heraus die vier Reiter bemerkte, die plötzlich in der Mainstreet auftauchten.

Zwei kamen von Süden, einer vom Norden und der vierte von Osten.

Im selben Moment drehte sich sein Gast um, bestellte ein weiteres Glas Bier und verlangte zu seinem Erstaunen sogar nach etwas zum Essen.

Der Salooner hatte keine Ahnung, dass Wetherell auf diese Reiter gewartet hatte.

Er beeilte sich mit dem Einschenken und hastete zwischendurch immer wieder in die Küche, währenddessen die Männer ihre Pferde durch den knöcheltiefen Morast der Hauptstraße lenkten. Sie hatten sich die Hüte tief in die Stirn gezogen und die Kragen ihrer Ölhautjacken hochgeschlagen, trotzdem konnten auch sie dem Regen nicht entgehen. Die Reiter zügelten ihre Tiere vor einem lang gezogenen Adobelehmbau mit schmalen, vergitterten Fenstern, über dessen Eingangstür ein Schild prangte.

National Bank of Texas war darauf in großen Lettern zu lesen.

Die Männer blickten sich kurz um und stiegen aus dem Sattel.

Einer von ihnen blieb bei den Pferden stehen, während die anderen den hölzernen Verandavorbau der Bank betraten.

Die Straße war durch den Regen menschenleer.

Niemand bemerkte, dass die Männer plötzlich alle Waffen in den Händen hielten.

Drinnen in der Schalterhalle saß Archibald William Beckenwourth mit dem Rücken zum Tresor hinter seinem Schreibtisch und brütete über den Belegen für den Monatsabschluss. Der Bankdirektor der Zweigstelle der National Bank war allein, sein Kassierer war zum Mittagessen nach Hause gegangen und Kundschaft gab es nicht. Kein Wunder, bei diesem Wetter jagte man ja nicht einmal einen Hund vor die Tür.

Als die drei Männer die Bank betraten, blinzelte er über die Gläser seiner Hornbrille hinweg und legte die Schreibfeder zur Seite. Nachdenklich betrachtete er, wie sich zwei Männer im Raum verteilten, während der Mann, der als Letzter hereingekommen war, hinter sich die Tür verschloss, nachdem er noch einmal auf die Straße geschaut hatte. Beckenwourth war zwar bereits weit über sechzig, kurzsichtig und mittlerweile auch etwas schwerhörig, aber er erkannte trotzdem, was nun folgen würde.

»Das ist ein Überfall, Alter«, sagte der Mann an der Tür, wie um seine Ahnungen zu bestätigen. Dann richtete er sein Gewehr auf ihn. »Wenn du keine Schwierigkeiten machst, passiert dir auch nichts. Wir wollen nur das Geld, also mach deinen Tresor auf.«

Beckenwourth legte den Kopf schief und versuchte, sich das Aussehen der Männer einzuprägen. Dabei machte er ein Gesicht, als ob er die Aufforderung nicht verstanden hatte.

Prompt blaffte ihn der Mann an der Tür ungeduldig an.

»Was ist los, Opa, hast du Bohnen in den Ohren? Ich habe dir gesagt, du sollst den Tresor aufmachen, also wird’s bald?«

»Das hättest du wohl gerne.«

»Hör zu, du alter Knacker, ich habe keine Zeit, mich jetzt mit dir herumzustreiten. Also mach endlich diesen verdammten Tresor auf oder ich jage dir eine Kugel in deinen dummen Schädel.«

»Den Teufel werde ich tun, du Bastard«, zischte der Bankdirektor wutentbrannt.

Beckenwourth war nicht gewillt, diesen Verbrechern auch nur einen Cent zu überlassen. Dazu war er mit Leib und Seele viel zu sehr Bankdirektor. Sein ganzes Denken und Handeln war nur von Zahlen, Dollars und Profit erfüllt. Die Bank war für den Junggesellen so etwas wie sein Heim, seine Familie, niemand durfte ihr Schaden zufügen, und deshalb wagte er es tatsächlich, nach seinem Colt zu greifen, um es mit den Männern aufzunehmen.

Er, Archibald William Beckenwourth, der Mann, der höchstens zweimal im Jahr eine Waffe in den Händen hielt, einmal bei der Präriehuhnjagd im Frühjahr und einmal am Unabhängigkeitstag, wenn er, mit glänzenden Augen und von hehrem Patriotismus erfüllt, den Inhalt seiner Colttrommel in die Luft jagte, versuchte allen Ernstes, vier zu allem entschlossene Bankräuber zu vertreiben.

Es gelang ihm noch, die oberste Schreibtischschublade zu öffnen und die Hand um den versilberten Colt zu legen, den er vom Vorstand der National Bank zum sechzigsten Geburtstag bekommen hatte, dann schoss ihm der Mann, der ihm am nächsten stand, mitten ins Gesicht.

Das großkalibrige Geschoss drang oberhalb des Jochbeins in sein Gehirn, hinterließ unter dem rechten Auge ein kreisrundes Loch und riss ihm beim Austritt den halben Hinterkopf weg.

Beckenwourth wurde durch den Aufprall der Kugel auf seinem Stuhl nach hinten gestoßen. In seinen Augen lag ein Ausdruck grenzenloser Verwunderung, als er seine Faust öffnete und der Colt seinen Fingern entglitt.

Einen Moment verharrte er noch in sitzender Haltung, dann kippte er jäh vom Stuhl und fiel tot zu Boden. Mit einem Satz schwangen sich zwei der Männer über die Balustrade, die den Arbeitsplatz des Bankdirektors vom Rest der Schalterhalle abtrennte. Während einer von ihnen in den Taschen des Toten wühlte, riss der andere sämtliche Schreibtischschubladen aus der Verankerung und schüttete ihren Inhalt auf den Boden.

»Ich hab sie!«, sagte der Mann neben dem Toten Sekunden später und hob triumphierend einen Schlüsselbund in die Höhe. Kurz darauf stand der Tresor offen.

Danach dauerte es nur wenige Minuten, bis die Tür zur Bank erneut aufgerissen wurde und die Männer nach draußen stürmten.

Gleichzeitig öffnete sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite aber auch die Tür zum Büro des Town Marshals.

Es war genau der Moment, als einer der Bankräuber unvermittelt auf dem Vorbau verharrte, sich umdrehte und wieder zurücklief. Seine Komplizen, die sich gerade noch an seiner Seite befunden hatten, blieben abrupt stehen und rissen entsetzt die Augen auf.

»Bist du verrückt geworden, Frank! Was soll die Scheiße?«, brüllte einer von ihnen.

Seine Stimme überschlug sich dabei regelrecht.

Frank bleckte die Zähne. »Regt euch ab, wir verschwinden ja gleich wieder. Ich hol mir nur noch kurz den Silbercolt von dem Alten.«

Im selben Augenblick krachte auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Winchester des Town Marshals.

Frank wurde wie von einer Riesenfaust zurück in die Bank gestoßen.

Das Krachen der Winchester war noch nicht verebbt, als im Calf Creek Saloon Al Dunn mit einem Fluch das benutzte Bierglas von Wetherell ins Spülbecken fallen ließ. Er bückte sich, holte eine Schrotflinte unter dem Tresen hervor und stürmte aufgebracht in Richtung Ausgang, ohne seinen einzigen Gast dabei auch nur noch eines Blickes zu würdigen.

Mit einem weiteren Fluch stieß Dunn mit dem Gewehrkolben die Schwingarme der Eingangstür auseinander.

Wetherells Kugel traf ihn im selben Moment zwischen die Schulterblätter, als er den Fuß über die Türschwelle setzte. Das Projektil stieß ihn über den Stepwalk und ließ ihn noch ein, zwei Schritte taumeln, bevor er mit dem Gesicht voraus in den aufgeweichten Morast der Hauptstraße klatschte. In der Zwischenzeit hatte sich Wetherell neben dem Fenster am Eingang postiert und mit dem Coltlauf die Glasscheibe zerschlagen.

Als er auf den Marshal zielte, kniff er für einen Moment die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, dann drückte er ab.

Das dumpfe Belfern seines großkalibrigen Navy Colts hallte wie Gewitterdonner über die Straße. Seine Kugeln trafen den Pfosten des Verandavorbaus, hinter dem der Marshal in Deckung gegangen war.

Holzsplitter flogen in alle Richtungen, von denen einer wohl den Sternträger traf.

Wetherell hörte einen Schrei und sah, wie sich der Marshal zusammenkrümmte und zurück in sein Büro taumelte. Er feuerte noch zwei Kugeln in Richtung Office ab und ging dann seelenruhig in die Küche, die sich hinter dem Tresen befand.

Dort verkohlte auf dem Herdfeuer inzwischen das Steak, das er bestellt hatte, als seine Männer in die Stadt geritten waren. Der Qualm vernebelte bereits den ganzen Raum.

Trotzdem steuerte Wetherell zielsicher auf die gegenüberliegende Wand zu, während er die abgeschossenen Kammern seines Revolvers nachlud. Dann steckte er den Colt wieder ins Halfter zurück und öffnete eine schmale Seitentür. Dahinter lag ein schmaler Hinterhof, in dem er am Morgen sein Pferd abgestellt hatte.

Inzwischen war die Schießerei auf der Mainstreet verstummt.

Ein Umstand, der ihn nicht sonderlich verwunderte.

Seine Kugeln hatten den Town Marshal in Deckung gezwungen und Al Dunn, dessen Vertreter, aus dem Weg geräumt.

Wetherell wusste aus Erfahrung, dass es gerade in kleineren Orten wie Calf Creek geraume Zeit dauern konnte, bis sich die Bürgerschaft dazu aufraffte, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Zufriedenheit legte sich auf sein Gesicht, als er sich in den Sattel zog.

Wieder einmal hatte es sich ausgezahlt, dass er wie immer vor einem Überfall einige Tage lang die Örtlichkeiten der betreffenden Stadt und die Gewohnheiten ihrer Bewohner beobachtete.


Die vollständige Story steht als PDF, EPUB und MOBI zur Verfügung.

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