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Der Mythos Tempelritter – Teil 3.11

Einst waren sie im Hochmittelalter die mächtigste Organisation auf Gottes Erden. Sie waren führend im Bankwesen, sie besaßen die größte Flotte des Abendlandes. Zeugen ihrer schier übermächtigen Größe und ihres Reichtums findet man noch heute: Der Newport Tower in Newport, Rhode Island, der als Leuchtturm der Templer gilt; Santa Mariá de Eunate in Spanien, welche die Templer nach dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem erbauten; Temple Church in London, die den Templern als englisches Hauptquartier diente; die Klagemauer sowie der Tempelberg in Jerusalem, wobei aufgrund der derzeitigen religiösen und politischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und Palästina es dort unmöglich erscheint, umfangreiche Ausgrabungen durchführen zu können. Die Liste der noch existierenden zeitgenössischen Sachzeugen und Bauwerke ist groß und würde den hiesigen Rahmen sprengen.
Wer waren die Templer? Wie waren sie organisiert? Wer waren ihre Führer? Gingen die geheimnisvollen Templer am Freitag, den 13. Oktober 1307 tatsächlich unter? Oder gibt es heute noch Nachfahren der Templer? Fragen über Fragen.
In einer losen Folge möchte ich versuchen, den Mythos der Tempelritter ein wenig zu beleuchten.


Die Großmeister des Tempelordens


Robert IV. de Sablé 1191-1193

Auch nach Akkons Einnahme dauerte der Zwist unter den Kreuzfahrern fort, ja der Streit zwischen König Veit und dem Markgrafen Conrad um die Königskrone entbrannte immer heftiger. Denn gleich nach Richards Ankunft war festgesetzt worden, dass alle dem König von Jerusalem zukommende Gefälle einstweilen von den beiden Ritterorden erhoben und später nach rechtlicher Entscheidung ausgehändigt werden sollten. Nunmehr stellten beide streitende Teile die Untersuchung über ihre Gerechtsame den beiden Königen von England und Frankreich sowie den geistlichen und weltlichen Große des Heeres anheim. Es ward festgesetzt, Veit solle die Krone auf Lebenszeit behalten, ihm aber nach seinem Tode die aus der Ehe des Markgrafen mit Isabelle entspringende Nachkommenschaft folgen. Conrad dagegen erhielt den erblichen Besitz von Tyrus, Sidon und Berytus, Gottfried von Lusignan, der Bruder des Königs, die Grafschaft Joppe.

König Philipp kehrte in seine Heimat zurück. Bei seiner Abreise übertrug er dem Herzog von Burgund den Befehl über die französischen Pilger und hinterließ einen Schatz, wofür das Jahr hindurch 500 Ritter und 10000 Fußknechte zum Dienst des Heiligen Landes unterhalten werden konnten.

Nachdem der König abgereist war, richteten die Tempelritter ihr unausgesetztes Streben darauf, sich dem König Richard geneigt zu machen, dessen Launen, Trotz, Ungestüm und Stolz allen seinen Gegnern Verderben brachte. Daher wählten sie den englischen Flottenführer, den Robert IV. de Sablé, zum Meister, welcher ihrem Orden schon während der Belagerung Akkons beigetreten war. Richard zeigte sich fortan dem Orden günstiger. Der Konvent riss das Regiment immer mehr an sich, weil in demselben sich mehr und mehr eine tiefere Politik ausprägte und der Ordensmarschall, Hugo von Monte, jetzt das größte Ansehen im Orden genoss. Hugo, ein kluger, erfahrungsreicher Mann, besaß eine genaue Kenntnis aller templerischen Angelegenheiten sowie aller morgenländischen und abendländischen Verhältnisse. In allen wichtigen Fällen wurde daher auf seine Meinung großes Gewicht gelegt, und so hatte er jetzt den Orden zu Richard hinübergeleitet.

Der neue Meister, Robert IV. de Sablé , war der älteste Sohn Roberts III. de Sablé und dessen Gattin Hersenda. Früher mit Margarethe von Chaunrce und dann mit Clemence von Mayenne vermählt, hinterließ er zwei Töchter und einen Sohn, Gottfried von Cornillé, welcher selber bekennt, dass sein Vater Meister der Tempelritter gewesen war. Der Papst, welcher mit König Richard im Unfrieden lebte, missbilligte Roberts Wahl und hat ihn daher nie bestätigt.

Aus Roberts Stellung bei Richard dürfen wir schließen, dass Robert ein tüchtiger Mann war, welcher dem Orden bei dem jähzornigen König wesentlichen Nutzen stiften konnte, also dass der Templer Parteinahme für den Markgrafen Conrad und scheinbar gegen Veit ihnen nichts schadete. Der unter Leitung des Marschalls Hugo und des Seneschalls Terricus, welcher bei jeder Vakanz Großkomtur war, stehende schlaue Konvent wusste die durch Richards Anwesenheit im Orient verwickelten Verhältnisse für sich zurechtzulegen.

Richard hatte bei seinem rohen Ungestüm, grausamen Jähzorn und leichtsinniger Wortbrüchigkeit alles gegen sich, weshalb er dem Heiligen Land wenig nützte. Mit dem Markgrafen von Tyrus geriet er immer mehr in tödliche Feindschaft, so auch mit dem edlen Saladin wegen der bei der Übergabe von Akkon festgesetzten Bedingungen. Da der Sultan dem Wort Richards nicht traute, so verlangte er, dass die Tempelherren als die Einzigen, die er für zuverlässig hielt, eidliche Bürgschaft für die Freilassung der muselmanischen Geiseln leisten sollten. Allein der Konvent weigerte sich dessen, um den König Richard nicht gegen sich aufzubringen. Zweimal machte ihnen der Sultan den Antrag, dann erklärten sie, dass, sobald jener die bedungenen 600 christlichen Gefangenen, das Heilige Kreuz und 100000 Byzantiner übergeben, ein Teil der gefangenen Muselmänner nach Auswechslung der christlichen Fürsten ausgeliefert, die übrigen aber bis zur völligen Abtragung der Summe in christlichem Verwahrsam bleiben sollten. Der grausam-rohe Richard ließ hierauf 2600 Türken im Angesicht des feindlichen Lagers umbringen.

Nachdem er die Verteidigung Akkons angeordnet hatte, zog er auf weitere Kämpfe gegen den Sultan aus, aber ohne festen Entschluss und voller Verdruss über mancherlei herbe Erfahrungen, die er sich größtenteils selbst bereitete. Der unermüdliche Saladin legte dem vordringenden christlichen Heer Hindernisse in den Weg, fast kein Tag verging ohne Kämpfe, in welchen die Templer, da sie die Vorhut bildeten, sich große Verdienste erwarben. Als aber die Angriffe des Feindes immer heftiger wurden, gaben sie die Vorhut an Richard ab und stellten sich in die Nachhut, worauf das Heer am 30. August nach Cäsarea kam. In allen Gefechten, namentlich vom 1. bis 3. September, wo der Weg mit türkischen Pfeilen wie besät war, büßten die Templer so viele Rosse ein, dass sie zuletzt nur schwachen Anteil am Kampf nehmen konnten und darum fast in Verzweiflung gerieten, weil Ehrgeiz und Ruhmgier nicht ihre geringsten Fehler waren. Nach mehreren fruchtlosen Unterhandlungen zwischen Richard und Malek al Adel kam es am 1. September zu einer blutigen Schlacht unfern Naplus und dem Meer. Saladin hatte 300000, Richard 100000 Krieger um sich. Der Letztere teilte sein Heer in fünf Scharen, zuerst die Templer, dann die Ritter aus Anjou und Bretagne, an dritter Stelle König Veit mit der Ritterschaft aus Poitou, sodann die englische und normannische Ritterschaft mit dem königlichen Fahnenwagen, zuletzt die Hospitaliter mit dem kriegserfahrenen Jakob von Avesnes. König Richard hatte befohlen, nur in Masse zu kämpfen und dies nicht eher, bis er das Zeichen geben werde. Als das christliche Heer seinen Marsch nach Askalon antrat, begannen die Türken an den Gärten von Arsuf den Kampf. Zwei Meilen lang waren die Christen von zahllosen andringenden Feindeshaufen ringsum umgeben. Namentlich hatte die Schar der Hospitaliter gewaltig zu leiden, viele Rosse und manch wackerer Krieger wurde von den türkischen Bogenschützen getötet, sodass endlich der Marschall dieses Ordens den Befehl zum Kampf gab. Das ganze Hintertreffen folgte mit freudigem Mut, hierauf griff das zweite Treffen an, die Schlacht ward allgemein. Richard focht wie ein wütender Löwe im dichtesten Kampfgewühl, was sein Schwert erreichte, entrann nimmer. Die Türken konnten solchem gewaltigen Andrang nicht widerstehen, und die Christen erkämpften einen glänzenden Sieg, der, hätten sie ihn zu benutzen verstanden, von der größten Entscheidung hätte werden können, doch Richard verfolgte den Feind bloß eine Meile weit. Der Verlust der Sarazenen war sehr bedeutend, das christliche Heer lagerte sich bei Arsuf. Die Templer konnten an diesem herrlichen Kampf wegen Mangel an Rossen nur wenig Anteil nehmen. Am meisten schmerzte die Sieger der Tod des tapferen Jakob von Avesnes, dessen Leichnam die Turkopolen der beiden geistlichen Ritterorden am anderen Tag aufsuchten, worauf ihn Richard feierlich bestatten ließ.

Beim weiteren Zug nach dem zerstörten Joppe nahmen die Templer das Hintertreffen ein. Man baute diese Stadt auf und überließ sich hier einer so langwierigen Rast, dass Richard und die meisten übrigen Pilger alle Lust zum weiteren Verweilen im Morgenland verloren und der Kampf sich nur um Jagdabenteuer drehte. Zwar setzte sich das Heer im November wieder in Bewegung, aber ohne etwas Tüchtiges zu unternehmen. Richard stellte die auf dem Weg nach Ramlah sich befindende Burg Maan, die Templer das Fort des Plains wieder her. Am 6. November überfiel Saladins Leibwache die Knappen, welche unter Bedeckung der Templer nach Futter ausgezogen waren. Die Ritter stiegen von ihren immer noch unbrauchbaren Rossen und bestanden zu Fuß in gedrängten Scharen einen schweren Kampf. Gleich beim ersten Angriff wurden drei Templer erschlagen, die Christen wichen, bis endlich der Ritter Andreas von Savigny Hilfe brachte. Allein die Türken erhielten auch Verstärkungen und griffen tapfer an. Endlich kam König Richard herbei, doch erlitten die Christen, namentlich die Templer, schweren Verlust.

Da Richard sich in sein durch Johann ohne Land zerrüttetes Reich zurücksehnte, pflegte er mit dem Sultan erst heimlich, dann öffentlich Friedensunterhandlungen. Dagegen suchte der Markgraf Conrad den Sultan gegen den König einzunehmen, und Saladin ging daher auf Richards Forderungen nicht ein. Dieser stellte an Malek al Adel das Anerbieten, er solle des Königs Schwester, die verwitwete Königin Johanna von Sizilien, zur Gemahlin nehmen, dieses Paar von Saladin Jerusalem, von Richard dessen in Syrien gemachten Eroberungen erhalten. Auch forderte Letzterer die von den Türken eroberten Besitzungen der Templer und Hospitaliter sowie das Heilige Kreuz zurück. Saladin und Malek al Adel gingen die Bedingungen ein, doch wollten sie den beiden Orden wohl Dörfer, aber keine Burgen herausgeben.

Dem König Richard war es aber mit diesen wie mit allen seinen Unterhandlungen kein Ernst, er entschuldigte sich mit der Weigerung seiner Schwester und der Geistlichkeit, welche die beabsichtigte Vermählung nicht eingehen wollten. Wie schon früher, so unterhandelte Richard auch jetzt persönlich mit Malek al Adel, allein Saladin sah wohl ein, dass auf dem Weg gütlicher Unterhandlungen von dem König nichts zu erlangen sei, und setzte dieselben nur darum fort, um die Waffenruhe zu erhalten. Auch entnahm er aus seinen Besprechungen mit dem Markgrafen von Tyrus, dass sich beide christliche Fürsten hassten und gegeneinander benutzt werden konnten. Freilich drängte den Sultan die Unzufriedenheit seiner Emire mit diesem langwierigen Krieg und so verschob nur Richards Unbeständigkeit den endlichen Friedensschluss von einer Zeit zur anderen. Die kleinen kriegerischen Neckereien währten den ganzen Winter hindurch, wo am 28. Dezember Templer und Hospitaliter einen glücklichen Zug zum Gebirge von Jerusalem machten und 200 erbeutete Rinder nach Ramlah führten.

Den Winter hindurch beschäftigte sich Saladin mit der Befestigung Jerusalems, denn zum Neujahrstag kündigte Richard dem Heer den mit lauter Begeisterung aufgenommenen Befehl an, sich zum Zug nach Jerusalem zu rüsten, welcher alsbald angetreten ward. Eine Tagesreise von der Heiligen Stadt änderte der König seinen Sinn auf Einreden der beiden geistlichen Ritterschaften und der Pisaner, welche die Eroberung von Jerusalem für unzweckmäßig erachteten, weil, bevor nicht andere Eroberungen gemacht worden waren, Jerusalem nicht verteidigt werden könnte, auch die Pilger nach dieser Eroberung, als dem letzten Zweck ihrer Pilgerfahrt nach Hause zurückkehren würden. Es sei sonach besser, Askalon in Besitz zu nehmen und wieder aufzubauen. Dieser Rat war nicht unzweckmäßig, doch erregte der demgemäß verändere Plan im Heer große Unzufriedenheit. Am 20. Januar kam Richard mit sehr geschwächtem Heer beim zerstörten Askalon an, dessen und vieler anderer Städte und Burgen Wiederaufbau alsbald ins Werk genommen wurde. Das hergestellte Gaza empfingen die Templer wieder. Sein Streit mit Herzog Leopold von Österreich sowie überhaupt seine ungestüme Herrschsucht wandte immer mehr die pilgernden Fürsten und Barone von Richard ab. Auch der Herzog von Burgund verließ das Lager, und da Markgraf Conrad und andere Pilgerfürsten ein Bündnis mit Saladin zu schließen gedachten, fürchtete der König, seine bisherige ruhmvolle Stellung in Palästina zu verlieren. Darum näherte er sich dem Markgrafen wieder.

Um diese Zeit entstand ein ärgerlicher Hader zwischen Pisanern und Genuesern, welche Erstere König Veit, Letztere der Markgraf und die Franzosen begünstigten. Weil die Pisaner in Akkon die Oberhand erhielten, kam Conrad den Genuesern zu Hilfe, belagerte die Stadt und nur die Ankunft Richards trieb ihn ab. Die Franzosen hielten sich zum Markgrafen. 700 französische Ritter zogen unter Leitung der von Richard dazu erkorenen geistlichen Ritterorden von Askalon nach Tyrus, wo sie sich den gemeinsten Wolllüsten überließen.

Als der König immer schlechtere Nachrichten aus England erhielt, dachte er ernstlich an die Heimkehr. In einer deshalb gehaltenen Beratung mit den Prälaten und Baronen erklärten diese, zuvor müsse man dem zerrütteten Land einen tüchtigen König geben, und die gemeinsame Wahl fiel zu Richards Verdruss auf den Markgrafen Conrad. Dieser unterließ auch jetzt nicht, mit dem Sultan zu unterhandeln, weil er dadurch die Krone von Jerusalem sich zu sichern vermeinte. Saladin, den wichtige Geschäfte in seine Staaten riefen, kam ihm willig entgegen. Das Bündnis sollte eben abgeschlossen werden, als Conrad am 28. April von zwei Assassinen zu Tyrus ermordet wurde. Alle Umstände deuten darauf hin, dass entweder Richard oder Veit die Mörder gedungen hatten. Der Tod des Markgrafen erregte bei dessen Partei große Betrübnis, sie beeilte sich, dem Grafen Heinrich von Champagne die Krone von Jerusalem und des Markgrafen schwangere Witwe, Isabelle, zur Gemahlin anzutragen, während Richard bei Askalon immer noch seine kriegerischen Abenteuer fortsetzte, wobei auch die Templer mit ihren Turkopolen mancherlei Kämpfe gegen die Sarazenen bestanden.

Richard billigte die auf Heinrich gefallene Wahl. Dieser heiratete die Isabelle, wurde König von Jerusalem und vereinigte hierauf seine und die französische Ritterschaft mit der englischen bei Akkon. Richard fand den König Veit wegen seiner Ansprüche auf die Krone Jerusalem dadurch ab, dass er ihm Zypern überließ. Diese Insel hatten die Templer vom König von England gleich nach ihrer Eroberung in Verwahrung bekommen, mit 100 Rittern besetzt und im Jahre 1291 für 25000 Mark vom König erkauft. Jetzt mussten sie für den Kaufpreis die Insel an Veit abtreten, was sie insofern nicht ungern taten, da die stolzen Ritter bei den vornehmen Zyprioten, welche dem griechischen Ritus huldigten, nicht beliebt waren, sondern in immerwährendem Streit mit ihnen lebten. Späterhin hätten sie die Insel keineswegs abgetreten, aber jetzt war es ihnen um Richards Gunst zu tun und ihr Meister war ein Angeviner. König Veit bevölkerte die Insel, um nicht lauter Griechen zu Untertanen zu haben, mit aus Palästina geflüchteten Pullanen, und so begann das jerusalemitische Königreich allmählich in ein zypriotisches überzugehen. Vor seiner Abreise wollte Richard noch eine bedeutende Waffentat tun. Er rückte daher vor die von Saladin sehr erweiterte Veste Darum, nahm sie am 22. Mai ein und übergab sie seinem Neffen, dem König Heinrich, zum Geschenk. Da die Heimkehr ihn drängte, das Heer gen Jerusalem zu ziehen begehrte, sein Stolz es aber nicht zuließ, dass ein solcher Zug ohne ihn geschehe, so wurde er von einer peinlichen Ungewissheit ergriffen, bis er sich entschloss, die Heimkehr noch aufzuschieben. Seine Unentschlossenheit, Parteinahme für die Normannen, Geringschätzung der Franzosen raubten ihm alles Vertrauen. So sehr das Pilgerheer nach Jerusalem sich sehnte, führte er es doch nicht hin, sondern begann von Neuem mit dem Sultan zu unterhandeln. Unter mancherlei Kämpfen mit den Sarazenen rückte er bis vier Meilen vor die Heilige Stadt in die Gegend von Emmans. Die Eroberung wäre bei schnellem Entschluss wahrscheinlich gelungen. Da trug Richard in einem Kriegsrat allerhand Bedenklichkeiten vor und schloss mit dem Antrag, die Meinung der Tempel- und Hospitalritter, welche des Landes am besten kundig wären, zu vernehmen, ob nicht etwas Leichteres und Zweckmäßigeres als die Belagerung von Jerusalem unternommen werden könnte. Hierauf wurde ein Ausschuss von 5 Templern, 5 Hospitalitern, 5 Franzosen und 5 syrischen Baronen ernannt, deren Ausspruch man sich unterwerfen wollte. Diese erklärten, ein Zug nach Ägypten sei ratsamer als der nach Jerusalem, mit welchem Ausschlag die Franzosen am wenigsten zufrieden waren.

Eine neue Feindschaft zwischen Richard und dem Herzog Hugo von Burgund brach aus, weil dieser jenen in geheimem Einverständnis mit Saladin glaubte. Dieser Zwiespalt lähmte alle ferneren Unternehmungen. Das Heer trat Anfang Juli den Rückweg nach Joppe an. Richard begann von Neuem mit Saladin zu unterhandeln, brach wieder ab und begann neue Feindseligkeiten. Durch 300 Ritter, meistens Tempelherren und Hospitaliter, ließ er Darum schleifen und ging dann, nachdem er Askalon stark besetzt hatte, nach Akkon zurück. Mit zahlreichen Scharen rückte der Sultan vor Joppe. Die 5000 Mann starke Besatzung wehrte sich tapfer, musste aber die Stadt übergeben, nur die Burg hielt sich noch. König Richard hatte sich unterdessen zur Rückkehr gerüstet, von Templern und Hospitalitern schon Abschied genommen, als Abgeordnete aus Joppe um Hilfe flehten. Alsbald fuhr er mit seiner Ritterschaft zur See nach Joppe. König Heinrich, die Ritterorden, Pisaner, Genueser und die übrigen Pilger zogen zu Land über Cäsarea. Richard kam zuerst an, vereitelte die Übergabe der Burg und Saladin ging nach Ramlah zurück. Der König kam durch das Haus der Templer, welches an der Mauer lag, in die Stadt und unterhandelte wiederum mit Saladin, ohne dass er es zum Abschluss kommen ließ. In einer mondhellen Nacht vom 4. bis 5. August wäre er beinahe von arabischen Räubern aus dem Lager vor Joppe entführt worden. Er blieb zu Joppe, wo er von einem gefährlichen Fieber überfallen wurde, sodass Saladin wieder vorrückte. Der König ließ hierauf die Franzosen, welche noch zu Cäsarea verweilten, um Hilfe ersuchen, sie schlugen sie ab, denn Richard war bei allen unbeliebt. Als er in Gegenwart Königs Heinrich die Templer und Hospitaliter bat, sie möchten die Bewachung von Askalon und Joppe übernehmen, er wolle seiner geschwächten Gesundheit wegen nach Akkon ziehen, schlugen sie es ihm ebenfalls ab. Die Templer, seiner überdrüssig, rieten ihm, nach Hause zurückzukehren. Sie waren ja eigentlich französisch gesinnt, der König ihnen im Weg und auch dessen Neffe Heinrich ihnen zuwider. Der unfähige Veit versprach mehr Folgeleistung und der Meister Robert galt nichts im Konvent der Templer, da Richards Stern erlosch.

Als Richard diese allgemeine Missstimmung gegen sich gewahrte, eilte er mit dem Sultan einen billigen Frieden zu schließen. Saladin, bei vorgerücktem Alter und bei der Bestimmung seine Emire, kam ihm freundlich entgegen. Am 29. August bestimmte er die Grenzen der Distrikte von Akkon, Cäsarea, Joppe und Arsuf, welche den Christen bleiben sollten. Auch wurde diesen freie Pilgerung nach Jerusalem gestattet. König Heinrich und Balian von Ibelim beschworen den Vertrag am 1. September. Die Templer und Hospitaliter und übrigen Barone erkannten den Vertrag als gültig an, Askalon ward geschleift und liegt in Trümmern bis auf den heutigen Tag.

Nachdem Richard seine Gesundheit gefestigt hatte, beschleunigte er seine Heimkehr, da seine Gemahlin und Schwester bereits abgereist waren. Er rief den Großmeister Robert zu sich und sprach: »Ich weiß, wie unbeliebt ich bin und kann ohne Gefahr des Todes oder der Gefangenschaft mein Reich nicht erreichen, wenn ich nicht heimlich in verborgener Hülle reise. Ich will daher als einer deiner Brüder gekleidet, ein Templerschiff besteigen und auf diesem in die Heimat zurückkehren.«

Robert willfahrte gern dem König, teils als dessen Vasall, teils, weil er wusste, wie gern der Konvent desselben ledig war. Zum Schein bestieg der König am 9. Oktober ein großes Schiff, stieg aber gegen Abend wieder aus und begab sich auf ein Fahrzeug der Templer. Dann fuhr er, nach einem Aufenthalt von 18 Monaten, in aller Stille nur mit kleinem Gefolge und in Begleitung zweier Templer von Akkon ab. Doch zu Korfu mietete er ein anderes Schiff für sich und seine Begleitung. Jene Templer, Glieder des Konvents, blieben bei ihm. Als er die Küste Illyriens erreicht hatte, legte er Kleidung eines templerischen Servienten an. Die Templer hatten von ihm nichts Gutes zu erwarten, da sie in Palästina sich auf die französische Seite neigten. Sie machten seine zahlreichen Feinde bei Zeiten mit seiner Reise bekannt, umsomehr, da der Großmeister Robert, welcher bei dem Zwiespalt zwischen Orden und König sich zu Letzteren neigte, wahrscheinlich seine Stelle nach dessen Abreise niederlegte und nach England zurückkehrte. Ob Richards letzter Begleiter, Wilhelm von Stagno, ein Templer gewesen war, ist nicht zu ermitteln. Genug, der König geriet am 21. Dezember in die Hände seines bittersten Feindes, des Herzogs Leopold von Österreich. Dieser übergab ihn am 23. März 1193 an Kaiser Heinrich IV., in dessen Gefangenschaft er bis zum 4. Februar 1194 blieb.