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Der bayerische Hiesel – Teil 24

Der-bayerische-HieselFriedrich Wilhelm Bruckbräu
Der bayerische Hiesel
Wildschützen- und Räuberhauptmann, landesverrufener Erzbösewicht

Weitere Grausamkeiten

Einige Wochen darauf zog Hiesel mit der Hälfte seiner Bande am Wirtshaus von Ettenbeuren vorbei und schaute durch das Fenster in die Stube, wer sich wohl darin befinden möge.

Er bemerkte einen Mann, der eilig hinter den Ofen schlupfte, aber vergessen hatte, Hut, Gewehr und Jagdtasche, die auf dem Tisch lagen, mit sich zu nehmen.

Hiesel dachte hier einen Jäger aufs Korn nehmen zu können und trat mit seinen Kameraden hastig in das Zimmer.

Nun blieb dem Jäger freilich nichts Klügeres zu tun übrig, als seinen Schlupfwinkel sogleich zu verlassen und sich wieder an seinen Platz zu setzen. Der Jäger, Wolfgang Mögele zu Schönenberg, grüßte anständig den Hiesel und seine Gefährten, die sich in seiner Nähe niederließen, trank aus, und wollte sich entfernen.

Hiesel bot ihm seine volle Kanne zu einem Trunk, welche Ehre jedoch der Jäger ablehnte, indem er, ohne sich zu schaden, über sein bestimmtes Trinkmaß nie hinausgehen dürfe.

»Das sind leere Ausflüchte«, schrie Hiesel, »du bist ein schlechter Kerl, wie alle Jäger, die auf mein Verderben ausgehen, und hast mir dies nun selbst durch die Verachtung bewiesen, womit du den von mir freundschaftlich angebotenen Trunk ausgeschlagen hast, mache dich nun gefasst, du musst sterben!«

Hiesel legte nun unter den fürchterlichsten Droh- und Schimpfworten den Stutzen auf ihn an. Nachdem er ihn eine Zeit lang in Todesangst hatte schweben lassen, überließ er ihn den Misshandlungen der Wildschützen, welche mit ihren Hirschfängern derb auf ihn losschlugen. Sie schleppten ihn sodann bei den Haaren in die Küche hinaus und ergriffen dort unter dem Herd liegende Holzscheite, um ihm Arme und Beine zu zerschmettern.

In diesem Augenblick trat der Benefiziat des Ortes, ein von der ganzen Gemeinde wegen seiner echten Frömmigkeit hoch geachteter Priester, aus dem Seitenstübchen in die Küche, bat die Wildschützen, ihr grässliches Vorhaben aufzugeben, und wusste das Herz des Hiesels mit so eindringlichen Worten zu rühren, dass dieser befahl, den Jäger freizulassen.

Der Benefiziat ließ sich nun einige Hausmittel bringen, wie man sie auf dem Land für derlei Fälle gewöhnlich zu finden pflegt, wusch wie ein barmherziger Samariter die schweren Wunden des Misshandelten und verband sie.

Dieser Anblick erschütterte das Herz Hiesels. Er griff in die Tasche, legte einen Taler auf den Herd und bat den Priester, dem Verwundeten für diese kleine Gabe Labung zu verschaffen. Während Hiesels Kameraden nach diesem mörderischen Geschäft sich wieder mit Bier und Branntwein zu stärken suchten, trat Hiesel mit einem seiner verwegensten Kameraden, namens Studele, vor die Tür des Wirtshauses hinaus, an welchem unmittelbar die Landstraße vorüberführte.

Ein unglücklicher Zufall war es, dass gerade zu dieser Stunde der Amtsknecht von Göggingen, Johann Baptist Mang, in Dienstgeschäften vorüberging. Er kannte Hiesel persönlich und bemerkte ihn sogleich, hielt es jedoch für besser, zu tun, als sehe er ihn gar nicht und so schnell wie möglich vorüberzueilen. Aber schon zitterten seine Knie vor Angst, und es war ihm, als sei er an beiden Füßen gelähmt.

Studele schrie ihm zu: »Wer bist du, dass du es wagst, vorüberzugehen, ohne vor dem weltberühmten Wildschützenhauptmann, dem bayerischen Hiesel, den Hut zu ziehen, wie es deine verdammte Schuldigkeit ist?«

Mang zog grüßend seinen Hut und entschuldigte sich damit, dass er in Gedanken vertieft gewesen sei, sohin nicht die Ehre gehabt habe, die beiden Herren zu bemerken.

»Du würdest uns schon bemerkt haben, Spitzbube!«, sprach Hiesel, »wenn du eine Streife gegen uns geführt hättest. Aber so ganz allein, und mit dem bösen Gewissen, wärst du gerne durch die Lappen gebrochen. Das sollst du büßen!«

Ein Wink, und Tiras stand auf der Brust des im Staub liegenden Mang. Hiesel und Studele schlugen mit ihren Gewehren, die sie jeden Augenblick auf ihn abzufeuern drohten, und mit ihren Hirschfängern so lange auf den armen Teufel los, als sie noch einen Arm bewegen konnten.

Da beide ohnehin schon ganz ermüdet waren, gelang es zwei Bauerndirnen, die eben vorübergingen, durch inständiges Bitten den Hiesel zu bewegen, den bereits hart genug bestraften Amtsknecht wieder seines Weges gehen zu lassen, was jedoch unter furchtbaren Drohungen im Falle einer feindlichen Unternehmung bewilligt wurde.