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Der Welt-Detektiv Band 6

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Pamfilius Frohmund Eulenspiegel 10

Pamfilius-Frohmund-EulenspiegelDer durch eine steinalte, boshafte, drachenhässliche Teufels-Hexe in allerlei Viecherln verzauberte und durch einen Teufels- und G’waltsrausch wieder glücklich erlöste
Pamfilius Frohmund Eulenspiegel,
Erzkalfakter und einziger Sohn des weltberühmten Till Eulenspiegels,
nebst Pamfilis ganz neue, höchst lustigen Abenteuer, lustigen Streichen und tollen Possen
Altötting, Verlag der J. Lutzenberger’schen Buchhandlung.

Dem Galgen bleibt der Schnabel sauber

Am anderen Tag, also an dem Tag vor meiner Hinrichtung, hörte ich im Armensünderstübchen, worin ich als Verurteilter unter Aufsicht des Gefängniswärters mich nun aufhalten durfte, von der Straße herauf einen gewaltigen Lärm, Pferde trabten und verwirrtes Geschrei von Leuten. Ich sprang an das vergitterte Fenster und erblickte zu meinem Erstaunen zehn berittene Knechte des Seppi, die zu seinen Pferdetransporten gehören. In ihrer Mitte standen, die Hände mit Stricken auf den Rücken gebunden, die drei ehrbaren Handelsmänner, deren falsche Eide mich an den Galgen bringen sollten. Die Schergen des Gerichts führten sie ins Haus hinein. Acht Knechte folgten ihnen und zwei Knechte blieben bei den Pferden zurück. Die gestrengen Herren waren schnell beisammen, um Gericht zu halten über diese drei ehrbaren Männer.

Einer von den acht Knechten trat als Ankläger auf und sprach: »Mit einem Transport von 80 Pferden kamen wir heute früh gegen 6 Uhr in den benachbarten Grillerwald und sahen, wie zwei von diesen Straßenräubern und Mördern einen Fuhrmannswagen ausplünderten und der Dritte eben den Fuhrmann zu Boden riss, um ihn mit seinem blanken Messer zu ermorden, wie sie es bereits mit dem Knecht des Fuhrmanns gemacht hatten. Wir packten und banden die drei Halunken und lieferten sie Eurem Gericht aus. Hier stehen sie. Der durch uns vom Tod gerettete Fuhrmann, zu dessen Schutz wir drei Pferdeknechte zurückließen, wartet noch im Wald, ob die gestrengen Herren nicht seine persönliche Aussage hören wollen.«

»Ist nicht mehr nötig«, erwiderte der Vorsitzende, »wenn ihr acht die Wahrheit eurer Angabe eidlich bestätigt.«

Dies geschah.

»Ihr Spitzbuben«, begann der Vorsitzende, »ihr habt falsche Eide geschworen und dadurch einen frommen Pilger in die Gefahr gebracht, Morgen unschuldig gehängt zu werden. Ihr seid Meineidige, Straßenräuber und Mörder, so hin des Todes schuldig und sollt übermorgen hier von unten auf gerädert und auf das Rad geflochten werden.«

Der Besitzer des Türken wollte das Wort ergreifen.

»Still! Wir wollen keine Verantwortung hören, da euer Verbrechen schon erwiesen ist.«

»Es ist von keiner Verantwortung die Rede, gestrenge Herren«, erwiderte jener, »sondern von einem Vorschlag zu Eurem eigenen Besten und zur Rettung dieser Stadt.«

»So sprich!«

»Wenn wir hier gerädert werden, so wird eine ungeheure Menge von Zuschauern herbeiströmen, von denen gewiss eine große Zahl stehlen und ohne Bezahlung der Zechen durchbrennen wird. Höchst wahrscheinlich, und ich habe guten Grund dies zu glauben, werden sich viele darunter befinden, welche die Stadt an ihren vier Ecken anzuzünden gedenken, um bei der allgemeinen Verwirrung recht tüchtig rauben zu können, was ihr pflichtgemäß zu verhindern wünschen müsstet. Ich mache Euch daher den für Euch gewiss sehr vorteilhaften Vorschlag, uns durch einen gerichtlichen schriftlichen Ausweis zu ermächtigen, bei irgendeinem anderen Gericht des Landes, nach unserem Belieben, und zwar auf unsere eigenen Kosten, uns rädern lassen zu dürfen, wodurch die hiesige Stadt vor einem großen Unglück bewahrt bleibt. Die heutigen Gerichtskosten bezahle ich hiermit.«

Er legte eine lange, oben offene Geldrolle auf den Gerichtstisch, aus welcher ein nagelneuer Dukaten heraus blitzte.

Mit einem gierigen Blick auf die Dukatenrolle versetzte der Vorsitzende: »Auf Euren Vorschlag kann das Gericht nicht eingehen. Dagegen nimmt es diese Geldrolle, deren Betrag die Gerichtskosten weit übersteigt, als Kaution an, und Ihr sollt entlassen und auf freiem Fuß prozessiert werden bis zum Ausgang weiterer Untersuchung. Inzwischen dürft Ihr Euch über eine Stunde weit im Umfang unserer Stadt nicht entfernen, sonst ist Eure Kaution verloren. So, jetzt könnt ihr gehen!«

Sie gingen mit schwer verhaltener Freude eilig fort, und gleich danach kopfschüttelnd die acht Knechte.

Diese ganze spaßige Gerichtsverhandlung erfuhr ich von dem zweiten Gefängniswärter, der sie mit angehört hatte und mir im Auftrag des Gerichtes meine Freilassung meldete.

Nach seiner Entfernung seufzte der erste Gefängniswärter, der mich nicht hatte verlassen dürfen und sagte, als ich ihm um die Ursache fragte: »Ich seufze, weil ich nicht mehr die Freude haben kann, in eigener Person Euch die Freiheit zu verschaffen.«

»Und um die versprochenen 10 Taler?«, sagte ich lachend. »Hier sind sie!«

Ich ließ mir von ihm die beste Herberge bezeichnen und lud ihn ein, sobald er dienstfrei geworden, ein paar Flaschen Wein mit mir zu trinken.

Der von mir zum Wein eingeladene erste Gefängniswärter kam alsbald mit einem höhnischen Lachen, setzte sich neben mich und sagte: »Nun, bei uns hat es gerade ein tüchtigen Spektakel gegeben!«

»Wieso?«

»Die gestrengen Herren vom Gericht sind kurios über den Löffel balbiert worden!«

»Von wem denn?«

»Von den drei Spitzbuben!«

»Geschieht ihnen ganz recht, warum haben sie dieselben freigelassen?«

»Der Vorsitzende machte sich nach deren Freilassung daran, die Kaution der drei Spitzbuben zu zählen, brach die große Dukatenrolle auf und fand …«

»Aha, beschnittene Dukaten?«

»Richtig, aber nur ein paar solcher zu oberst in der Rolle, die also oben als Lockspeise sichtbar lagen. Alle übrigen vermeintlichen Dukaten waren nur Jetons, wie man sie oft zum Kartenspielen nimmt, wenn man nicht wissen lassen will, wie hoch gespielt wird und von denen das Stück einen Heller kostet.«

»Eine saubere Kaution! Nun, die gestrengen Herren werden sich geärgert haben?«

»Und wie! Sicher wollten sie diese Kaution unter sich aufteilen. Dumm sind sie, dies weiß die ganze Stadt, aber so dumm doch nicht, um im Ernst zu glauben, dass die Spitzbuben sich wegen der lumpigen Kaution jemals wieder bei Gericht selbst stellen oder erneut aufgreifen lassen würden. Auf der Stelle schickten sie eine Streife von zwölf lahmfüßigen Stadtsöldnern aus, die Spitzbuben wieder einzufangen, die gewiss schon lange über alle Berge sind. Die Stadtsöldner werden sich hüten, ihr ihnen so kostbares Leben in die Schanze zu schlagen, um sie aufzufinden.«

Diese Mitteilung machte uns viel Spaß. Nachdem wir genug gegessen und getrunken hatten, machte ich mich auf, die noch im Kloster versprochenen Besuche bei den vornehmen Gästen desselben zu machen.

Drei Monate trieb ich mich auf diese Weise herum. Auf keinem Schloss wollte man mich sobald fortlassen, sodass ich mich oft heimlich entfernen musste. Sie konnten nicht genug bekommen an meinen zahllosen lustigen Streichen und Possen, von denen ich allein ein ganzes Buch vollschreiben könnte. Hier aber fehlt mir der dazu nötige Raum.

Endlich aber überfiel mich eine so starke Sehnsucht nach meiner Heimat, dass ich fest beschloss, ohne weiteres und geraden Wegs dahin zurückzukehren.

Nach mehrtägigem Marsch kehrte ich voll Freude, nur noch vier Stunden nach Hause zu haben, in einem Wirtshaus an der Landstraße ein, ließ mir ein paar Hendl braten, Pomeranzensalat dazu geben und trank so viele Flaschen eines vortrefflichen Burgunders, dass ich zuletzt auf Befragen meinen eigenen Namen nicht mehr gewusst hätte. Weil ich nun von jeher gewohnt war, Zechen in Wirtshäusern nur im äußersten Fall zu zahlen, so sann ich darüber nach, wie ich es anstellen solle. Da half mir ein glücklicher Zufall.

Ein Bekannter des Wirts, der eingekehrt war, stand fortgehend bereits auf der Schwelle der Stubentür, als er noch einmal umkehrte und zum Wirt sagte: »Hätte bald vergessen, dir eine traurige Neuigkeit zu erzählen!«

»Was denn?«

»Der Müller von Emskirchen fuhr gestern in seinem Wägerl in ein benachbartes Dorf. Auf dem Rückweg ging sein böser Gaul durch, das Wägerl stürzte um und der Müller brach sich den Hals.«

»Ach Gott, er war ein braver Mann!«

»Jawohl!«

»Ich habe auch so ein böses Luder von einem Gaul, der mich viel Geld kostete, und es mir gewiss einmal so machen wird, wie dem Müller geschah.«

»Nimm dich in acht und verkaufe lieber den Gaul.«

»Da müsste ich zu viel verlieren.«

»Besser Geld verlieren, als das Leben.«

»Wirt«, fragte ich, »was gebt Ihr mir, wenn ich Euch sage, was Ihr zu tun habt, dass selbst der wildeste Gaul nicht imstande ist, Euer Wägerl umzuwerfen?«

»Was verlangt Ihr?«

»Dass ich meine Zeche nicht bezahlen brauche.«

»Topp, es gilt!«

Ich wackelte mit ihm in den Hof hinaus, wo sein Wägerl stand, und zeigte ihm, was ich bei dem Herzog in Assingen gesehen hatte, welche leichte Vorrichtung man am Wägerl anbringen müsse, um mit einem einzigen Zug an einem Riemen, vom Sitz aus, den Nagel am Vordergestell auszuheben, mit welchem dann der wilde Gaul durchgehe, während das Wägerl ruhig stehen bleibe. Dem Wirt gefiel dies zwar sehr wohl, er müsse dann doch sich selbst auf seinem Wägerl fortziehen, und der Gaul, wenn er ihn wieder bekam, wäre der wilde Gaul wie zuvor.

»Da lässt sich leicht helfen«, erwiderte ich. »Reitet ihn täglich vier Stunden lang recht scharf auf einem frischgepflügten Acker, bis er vor Müdigkeit keinen Fuß mehr rühren kann, und in wenigen Tagen wird er so sanft und zahm sein, wie ein Lämmchen.«

Dies leuchtete dem Wirt vollkommen ein, und ich nahm zechfrei von ihm Abschied. Der gute Wein hatte mir so zugesetzt, dass ich, um nicht umzufallen, mit auseinandergespreizten Beinen gehen musste, wie die Matrosen auf einem Schiff. So verging eine Stunde und ich war also nur noch drei Stunden von meiner Mutter entfernt. Da sah ich rechts ein bildschönes Bauernmädchen am Rand eines Waldes auf einem Markstein sitzen und ging auf die holde Jungfrau zu, um neben ihr auszuruhen. Sie dankte mir auf meinen Gruß so überaus freundlich, dass ich nicht widerstehen konnte, ihr ein schnalzendes Bussl zu geben.

Im nämlichen Augenblick verwandelte sich die schöne Jungfrau in eine alte, abscheuliche Hexe mit einem Zauberstab in der Hand, die mich einen niederträchtigen Lump schimpfte, da ich mich erfrecht habe, sie zu küssen.

»Dich habe ich nicht geküsst, du altbackener Teufelsbraten! Dich sollte man auf dem Scheiterhaufen verbrennen!«, schrie ich wie wütend. Sie berührte mich mit ihrem Stab, und da stand nun laut bellend da …