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Die Trapper in Arkansas – Band 2.9

Die-Trapper-in-Arkansas-Band-2Gustave Aimard (Olivier Gloux)
Die Trapper in Arkansas Band 2
Erster Teil – Treuherz

Kapitel 18 – Eusebio

Die vom Adlerkopf getroffenen Vorsichtsmaßregeln, um den Weg, den er eingeschlagen hatte, zu verbergen, waren gut, um solche Weißen, deren Sinne nicht so geschärft sind, wie die der Jäger, Trapper und ihrer Verbündeten, und mit indianischer List Unbekannten, die daher nicht imstande sind, sich in jenen ungeheuren Einöden ohne Kompass zurechtzufinden, zu täuschen. Aber Männern wie Treuherz und Belhumeur gegenüber waren sie ungenügend.

Die zwei kühnen Jäger verloren die Spur keinen Augenblick.

Sie waren mit den Wendungen und Schlangenwegen der indianischen Krieger vertraut und ließen sich durch die plötzliche Umkehr, die Gegenmärsche, falsche Haltepunkte, – kurz alle Hindernisse, welche die Comanchen in reichem Maße auf dem Weg ausgestreut hatten, nicht irreleiten.

Ferner hatten die Indianer etwas nicht bedacht, was die Richtung, welche sie einschlugen, so deutlich verriet, als ob sie dieselbe bezeichnet hätten.

Wir haben früher erwähnt, dass die Jäger bei den Überresten einer Hütte einen an einen Baumstamm gebundenen Jagdhund gefunden hatten, der, sobald er sich frei fühlte, nachdem er Belhumeur flüchtig liebkost hatte, in gedecktem Lauf davongelaufen war, um seinen Herrn, der kein anderer war als der alte Spanier, einzuholen. Er hatte ihn auch wirklich eingeholt.

Die Spur des Jagdhundes, welche die Indianer aus dem einfachen Grund, weil sie nicht wussten, dass er bei ihnen war, nicht hatten verwischen können, war überall sichtbar, und nur für so geschickte Jäger, wie Treuherz und Belhumeur, war sie ein Faden der Ariadne, den nichts zerreißen konnte.

Die Jäger folgten daher mit ihren Flinten quer über den Sattel, in Begleitung ihrer Rastreros, der Spur der Comanchen, die nicht ahnten, welchen Nachtrab sie hatten.

Jeden Abend hielt Treuherz an derselben Stelle an, wo tags zuvor Adlerkopf gerastet hatte, denn die beiden Männer hatten sich sehr beeilt, sodass die Indianer ihnen nur wenige Meilen voraus waren. Sie hätten sie leicht überholen können, wenn dies ihre Absicht gewesen wäre. Aber Treuherz zog es aus gewissen Gründen vor, ihnen noch einige Zeit zu folgen.

Nachdem sie die Nacht in einer Waldlichtung an den Ufern eines kühlen Baches, dessen sanftes Gemurmel sie in den Schlaf gewiegt, zugebracht hatten, schickten sich die Jäger an, sich wieder auf den Weg zu machen. Ihre Pferde waren gesattelt, sie aßen stehend ein Stück Hirschfleisch, wie Leute, die Eile haben, um weiter zu kommen, als Treuherz, der den ganzen Morgen noch kein Wort gesprochen hatte, sich zu seinem Begleiter wandte.

»Setzen wir uns einen Augenblick«, sagte er, »nichts treibt uns zur Eile, da Adlerkopf wieder zum Stamm gestoßen ist.«

»Das ist wahr«, antwortete Belhumeur und ließ sich auf den Rasen nieder, »wir können plaudern.«

»Wie ist es mir nicht eingefallen, dass jene verwünschten Comanchen einen Trupp Krieger in der Nähe hatten. Wir zwei können unmöglich daran denken, uns eines Lagers, in welchem sich fünfhundert Krieger befinden, zu bemächtigen.«

»Das ist richtig«, antwortete Belhumeur mit philosophischer Ruhe, »sie sind ihrer viele. Aber du weißt, lieber Freund, dass wir es immer versuchen können, wenn dein Herz danach verlangt. Wer weiß, was geschieht.«

»Ich danke dir«, sagte Treuherz lächelnd, »ich halte es aber für überflüssig.«

»Wie du willst.«

»Nur die List soll uns zu Hilfe kommen.«

»So wollen wir List gebrauchen, ich stehe zu Diensten.«

»Ich glaube, wir haben Biberfallen hier in der Nähe.«

»Freilich«, sagte der Kanadier, »kaum eine halbe Meile von hier, beim großen Biberteich.«

»Ja richtig, ich weiß nicht, wo ich seit einigen Tagen meine Gedanken habe. Siehst du, Belhumeur, die Gefangenschaft meiner Mutter macht mich toll. Ich muss sie befreien, koste es, was es wolle.«

»Das ist auch meine Meinung, Treuherz, und ich werde dir mit all meinen Kräften dazu behilflich sein.«

»Morgen bei Tagesanbruch wirst du zum Schwarzen Hirsch gehen und ihn in meinem Namen bitten, so viele weiße Jäger und Trapper zu versammeln, wie er kann.«

»Sehr wohl.«

»Während dieser Zeit werde ich zum Lager der Comanchen gehen, um wegen des Lösegeldes der Mutter zu unterhandeln. Wenn sie sich nicht dazu verstehen wollen, sie mir zurückzugeben, so müssen wir zu den Waffen greifen. Wir werden sehen, ob zwanzig der besten Rifles der Grenze nicht mit fünfhundert jener Plünderer der Prärien fertig werden können.«

»Und wenn sie dich gefangen nehmen?«

»In dem Fall schicke ich dir meinen Jagdhund, der dich in der Grotte des Flusses treffen soll. Wenn du ihn allein ankommen siehst, so weißt du, was es zu bedeuten hat, und wirst demgemäß handeln.«

Der Kanadier schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er, »das werde ich nicht tun.«

»Wie, das wirst du nicht tun?«, sagte der Jäger erstaunt.

»Nein, gewiss nicht, Treuherz. Neben dir, der so tapfer und klug ist, bin ich sehr gering, das weiß ich. Aber wenn ich nur eine gute Eigenschaft habe, so kann sie mir doch niemand streitig machen, und die ist meine Ergebenheit für dich.«

»Das weiß ich, mein Freund, du liebst mich wie einen Bruder.«

»Und du mutest mir zu, dass ich dich, wie man in meiner Heimat jenseits der Großen Seen zu sagen pflegt, ganz gemütlich in den Rachen des Wolfes laufen lassen soll. Mein Vergleich ist noch dazu beschämend für die Wölfe, denn die Indianer sind tausendmal grausamer als sie! Nein, ich wiederhole es, das werde ich nicht tun, das wäre eine schlechte Tat. Und wenn dir ein Unglück zustieße, so würde ich mir es nicht verzeihen.«

»Erkläre dich näher, Belhumeur«, sagte Treuherz ungeduldig, »es ist mir auf Ehre unmöglich, dich zu verstehen.«

»Ach, das ist leicht genug«, antwortete der Kanadier, »wenn ich auch nicht geistreich bin und keine schönen Worte machen kann, so habe ich Verstand und einen richtigen Blick, wenn es jemand betrifft, den ich liebe. Nun, da mein armer Vater tot ist, liebe ich niemanden mehr als dich.«

»Sprich, mein Freund, und verzeih mir die Anwandlung meiner schlechten Laune, die ich nicht unterdrücken konnte.«

Belhumeur besann sich kurz, dann fuhr er fort: »Du weißt, dass unsere größten Feinde in der Prärie die Comanchen sind. Ein unbegreiflicher Zufall hat es gefügt, dass jedes Mal, wenn wir einen Kampf zu bestehen haben, es gegen sie ist. Es ist ihnen nie gelungen, uns den kleinsten Vorteil abzugewinnen. Daher ist zwischen uns und ihnen ein bitterer Hass entstanden, der in der letzten Zeit durch die Streitigkeiten, die wir mit Adlerkopf gehabt haben, verstärkt worden ist, indem du geschickter oder ungeschickterweise ihm nur den Arm zerschmettert hast, obwohl es dir ein Leichtes gewesen wäre, ihm den Kopf einzuschlagen. Ich bin überzeugt, dass der Häuptling der Comanchen diesen Spaß sehr übel genommen hat und dir ihn nie verzeihen wird. Ich muss übrigens gestehen, dass mir es an seiner Stelle ebenso gehen würde, ich verdenke es ihm daher durchaus nicht.«

»Zur Sache, zur Sache!«, unterbrach ihn Treuherz.

»Die Sache ist diese«, fuhr Belhumeur, ohne sich durch die Unterbrechung seines Freundes beirren zu lassen, fort, »dass Adlerkopf auf jede mögliche Weise nach deinem Haar trachtet. Du begreifst sicherlich, dass, wenn du die Unvorsichtigkeit begehst, dich ihm auszuliefern, er die Gelegenheit ergreifen wird, ein für alle Mal seine Rechnung mit dir abzuschließen.«

»Aber«, antwortete Treuherz, »meine Mutter ist in seinen Händen.«

»Ja«, sagte Belhumeur, »aber das weiß er nicht und du weißt, mein Freund, dass die Indianer, außer in besonderen Fällen, die Frauen, deren sie sich bemächtigen, sehr gut behandeln und gewöhnlich sehr rücksichtsvoll ihnen gegenüber sind.«

»Das ist wahr«, sagte der Jäger.

»Also, da niemand zu Adlerkopf kommen und ihm sagen wird, dass es deine Mutter ist, so befindet sie sich, die Sorge, die sie um dich tragen wird, abgerechnet, bei den Rothäuten ebenso sicher, als ob sie auf dem Marktplatz in Quebec wäre. Es ist mithin unnötig, Unvorsichtigkeiten zu begehen. Lass uns zwanzig tüchtige Kameraden versammeln, das ist mir ganz recht und die Indianer überwachen. Bei der ersten günstigen Gelegenheit fallen wir kräftig über sie her, töten so viele, wie nur möglich, und befreien deine Mutter. Das ist, glaube ich, das Gescheiteste, was wir tun können, meinst du nicht?«

»Ich meine, mein Freund«, antwortete Treuherz und drückte ihm die Hand, »dass du der vortrefflichste Mensch bist, den es gibt, dass dein Rat gut ist und dass ich ihn befolgen werde.«

»Bravo!«, rief Belhumeur vergnügt, »das ist ein Wort.«

»Und nun …«, sagte Treuherz aufstehend.

»Nun?«, fragte Belhumeur.

»Nun wollen wir aufsteigen, das Lager der Indianer auf eine geschickte Weise umgehen, indem wir dafür sorgen, dass man uns nicht aufspürt, und nach dem Hatto unseres wackeren Kameraden des Schwarzen Hirsches gehen, der ein verständiger Ratgeber ist und uns bei unserem Vorhaben gewiss nützlich sein wird.«

»Das wollen wir tun!«, sagte Belhumeur heiter und schwang sich in den Sattel.

Die Jäger verließen die Waldlichtung, machten einen Bogen, um das indianische Lager zu umgehen, dessen Rauch man in einer Entfernung von kaum zwei Stunden sehen konnte, und nahmen die Richtung zu der Seite, wo wahrscheinlicherweise der Schwarze Hirsch gemütlich damit beschäftigt war, den Bibern, jenen interessanten Tieren, die Donna Luz so gern hatte, Fallen zu legen.

Sie ritten seit ungefähr einer Stunde lachend und schwatzend nebeneinander her, denn Belhumeurs Beweisgründe hatten Treuherz endlich überzeugt, der, da er die Sitten der Indianer genau kannte, versichert zu sein glaubte, dass seine Mutter keine Gefahr laufe, als die Jagdhunde plötzlich unruhig wurden und mit freudigem Gebell voraus sprangen.

»Was haben denn unsere Rastreros?«, sagte Treuherz, »es scheint beinahe, als hätten sie einen Freund gewittert.«

»Nun, sie werden den Schwarzen Hirsch gewittert haben. Wir werden sie mit ihm zurückkehren sehen.«

»Das ist möglich«, sagte der Jäger nachdenklich, und sie ritten weiter.

Nach einiger Zeit sahen sie einen Reiter, der ihnen mit verhängtem Zügel entgegeneilte und den die Hunde springend und bellend umgaben.

»Das ist nicht der Schwarze Hirsch«, rief Belhumeur aus.

»Nein«, sagte Treuherz, »es ist Eusebio. Was bedeutet das? Er ist allein, sollte meiner Mutter etwas zugestoßen sein?«

»Vorwärts!«, sagte Belhumeur, drückte seinem Pferd die Sporen in die Weichen und flog mit unglaublicher Schnelligkeit davon.

Der Jäger folgte ihm in tödlicher Angst.

Bald hatten sich die drei Reiter erreicht.

»Wehe! Wehe!«, rief der Greis schmerzlich aus.

»Was ist Ihnen, Eusebio? Reden Sie, um Gottes willen!« sagte Treuherz.

»Ihre Mutter? Don Rafael, Ihre Mutter!«

»Nun! Reden Sie! … So reden Sie doch!«, rief der junge Mann angstvoll aus.

Der Greis warf ihm einen trostlosen Blick zu. »Don Rafael«, sagte er, »Mut, seien Sie ein Mann!«

»Mein Gott! Welche schreckliche Nachricht werden Sie mir bringen?«

»Ihre Mutter ist die Gefangene Adlerkopfs.«

»Ich weiß es.«

»Wenn Sie sich nicht noch heute, diesen Morgen, in die Hände des Häuptlings der Comanchen geben …«

»Nun?«

»So wird sie lebendig verbrannt.«

»Ach!«, rief der junge Mann schmerzlich aus.

Sein Freund stützte ihn, denn sonst wäre er vom Pferd gefallen.

»Aber«, fragte Belhumeur, »heute sagst du, alter Mann, soll sie verbrannt werden?«

»Ja.«

»So ist es noch Zeit?«

»Leider ist es bei Sonnenaufgang, und sehen Sie«, sagte er und zeigte in den Himmel mit trostloser Gebärde.

»O!«, rief Treuherz mit unbeschreiblichem Ausdruck, »ich werde meine Mutter retten.«

Er legte sich auf den Hals seines Pferdes und eilte mit rasender Schnelligkeit davon.

Die anderen folgten ihm.

Er wandte sich zu Belhumeur.

»Wohin gehst du?«, fragte er in kurzem, abgestoßenem Ton.

»Dir zu helfen, deine Mutter zu retten oder mit dir zu sterben.«

»Komm!«, antwortete Treuherz und drückte die Sporen in die blutenden Seiten seines Pferdes.

Der rasende Galopp der drei Männer hatte etwas Schreckliches. Sie ritten in gleichem Tempo nebeneinander. Mit bleicher Stirn, zusammengekniffenen Lippen und glühendem Blick übersprangen sie Bäche und Abgründe, überwanden alle Hindernisse, trieben unablässig ihre Pferde an, die den Raum durchflogen, dumpfe Schmerzenslaute ausstießen und mit Schaum und Blut bedeckt in tollem Lauf weitersprangen. Zuweilen stieß Treuherz ein den mexikanischen Ginetes eigentümliches Geschrei aus und die dadurch angefeuerten Pferde verdoppelten ihren Eifer.

»Mein Gott, mein Gott!«, stöhnte der Jäger in dumpfem Ton, »rette, rette meine Mutter!«