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Slatermans Westernkurier 08/2015

Joseph-G-McCoyJoseph G. McCoy und dessen Einfluss auf den Trail von Chisholm

Auf ein Wort, Stranger, will man etwas über die Geschichte des Dickinson County, Kansas, schreiben, kommt man unweigerlich an einem Mann nicht vorbei. In der heutigen Kolumne möchte ich etwas näher auf Joseph G. McCoy und dessen Einfluss auf den Trail von Chisholm in den Jahren 1867 bis 1871 eingehen.

Joseph G. McCoy kehrte einer erfolgreichen und wohlhabenden Farm in Illinois den Rücken. Ihn zog es 1867 nach Kansas, wo er seinen Plan umsetzen wollte, seinen Lebensunterhalt im Viehhandel zu verdienen. Er hatte Berichte über riesige Viehherden gehört, die nach dem Bürgerkrieg wild in Texas herumliefen. Ihre verarmten Besitzer konnten das Vieh nicht zu den nördlich gelegenen Märkten treiben, da der östliche Trail aufgrund von Milzfieber oder das sogenannte Texasfieber geschlossen worden war. Dabei handelte es sich um eine Krankheit, welche durch Zecken auf Longhornrinder übertragen wurden und den Tod über Tausende Hausrinder brachte. Farmer und Viehzüchter im Norden von Texas konnten die Landesgesetzgebung überzeugen, Quarantänelinien festzulegen, welche kein Longhorn passieren durfte. McCoy dachte sich einen Plan aus, das Vieh zu einem Endbahnhof in Texas außerhalb der Quarantänelinien zu treiben und sie dann zurück in den Osten zu transportieren, wo der Markt für Rindfleisch aufgrund der Knappheit bedeutend höher lag.

McCoy hatte keine Zeit vergeudet, nach einer Endstation auf der neuen Union Pacific Railway-Strecke zu suchen. Er reiste in einige Gemeinden, suchte nach einer annehmbaren Stelle, um einen Viehhof zu bauen, wurde jedoch in vielen Städten wie zum Beispiel in Junction City, Solomon City und Salina abgewiesen. Daraufhin konzentrierte Joseph G. McCoy seine Aufmerksamkeit auf die kleine Gemeinde von Abilene. Er hatte diese auf seiner Reise nach Salina wahrgenommen und beschloss, dass dies ein guter Ort wäre, um seine Viehhöfe zu errichten. Zu jener Zeit war die Stadt eher klein, bestand meistens aus Erdwohnungen und Grassodenhäuser. Das eigentliche Hauptproblem, sich für Abilene zu entscheiden, lag darin, dass die Stadt innerhalb der Quarantänezone lag. Mitte Juni 1867 handelte McCoy mit einem lokalen Farmer eine Vereinbarung aus und überzeugte Samuel Crawford, Gouverneur von Kansas, Texas, Rinder innerhalb der Quarantänelinie zuzulassen. Innerhalb eines Monats hatte er mit dem Bau von Verladepferchen in Abilene begonnen. McCoy sandte Männer in den Süden nach Texas aus, um herrenlose Herden zu suchen und diese nach Abilene zu treiben.

Joseph G. McCoy schickte Timothy Hersey, ein Landvermesser und Wegbereiter aus Abilene, den Chisholm Trail zu vermessen und Schutzhügel zu errichten, um die Strecke für die Viehtreiber zu markieren. Zu jener Zeit führte die Strecke noch nicht diesen Namen, erhielt ihn erst einige Jahre später. Namensgeber war Jesse Chisholm, welcher einen Teil der Strecke als Handelsweg von der Gegend um Wichita zu einem Handelsposten (heute Oklahoma City) nutzte.

Zusätzlich zu seiner Viehverladestation baute McCoy auch ein großes Hotel für Viehbarone und Treiber, um dort logieren zu können, wenn sie in Abilene ankamen. Das Hotel war als Drover’s Cottage, eines der feinsten Hotels des Westens, bekannt.

Am 15. August, noch bevor die Pferche fertig errichtet worden waren, kamen 7.000 Longhornrinder in Abilene an. Am Ende der Saison waren es 35.000 Kopf Vieh. McCoys Plan ging auf und sein Viehhof in Abilene war ein großer Erfolg, sodass in mehreren Städten von Kansas viele Verladestationen entstanden. Die sechs Hauptviehstädte in jenen Jahren waren Abilene, Ellsworth, Newton, Wichita, Caldwell und Dodge City. Viele andere Städte in Kansas lieferten ebenfalls Vieh aus. Im Folgenden ist die ungefähre Anzahl von Rindern aufgezeigt, die auf dem Chisholm Trail von 1867 bis 1871 getrieben wurden:

1867    35.000

1868    75.000

1869    150.000

1870    300.000

1871    600.000

Als McCoy sein Abkommen mit der Union Pacific Railway gemacht hatte, stimmte die Bahn zunächst zu, ihm fünf Dollar für jeden Wagen zu zahlen, in dem Vieh geliefert wurde. Dies war eine mündliche Vereinbarung. Ein physischer Vertrag wurde von beiden Parteien nicht unterzeichnet. Nach der zweiten Saison des Viehhandels im Jahr 1868 standen mehr als 200.000 Dollar aus, die McCoy einforderte. Die Bahn weigerte sich, dieser Betrag zu zahlen und vertrat die Auffassung, dass das Abkommen »unbedacht« gemacht worden sei. McCoy gab auf, und über die Vereinbarung wurde neu verhandelt. Dieser Vertrag wurde nie verwirklicht, und McCoy erhielt den ausstehenden Betrag erst einige Jahre später, nachdem er die Firma verklagt hatte.

1868 machte das Texasfieber viele von McCoys Käufern aus dem Osten nervös, sodass der Absatz von Vieh aus Abilene ins Stocken geriet. McCoy hatte eine unglaubliche Lösung für dieses Problem. Der erste Teil seines Planes lag darin, eine Show zu inszenieren. Er beauftragte eine Gruppe von Cowboys, einheimische Prärietiere wie Büffel, Elche und Wildpferde einzufangen. Mit diesen reisten sie nach St. Lous und Chicago und zeigten ihr Können im Reiten und Fangen der verschiedenen Tiere mit dem Lasso. Diese Show beeindruckte viele von McCoys Käufer. Bald darauf lud McCoy seine Abnehmer nach Abilene ein und ging mit ihnen auf Büffeljagd. Nach der Jagd brachte er die Männer zu seinen Verladeplätzen, wo seine Kunden die Tausenden Stück Longhornrinder, welche nur darauf warteten, um verkauft zu werden, begutachteten und lobten. Joseph G. McCoys Geschäft boomte wieder.

Neben McCoys Firma eröffneten während der Ära als Rinderstadt mehrere andere Unternehmen ihre Geschäfte in Abilene. 1870 fand man in der Stadt 10 Pensionen, 11 Saloons, 5 Gemischtwarenläden und 4 Hotels. Die Gemeinde wuchs um mehr als 75 Unternehmen und zählte über 3.000 Einwohner. Die meisten dieser Betriebe profitierten von den Ausgaben der Cowboys und Viehhändler. Mehr als 1.000 Cowboys wurden an einem einzigen Tag der Saison für ihre Arbeit ausgezahlt, und diese gaben ihr Geld schnell in den vielen Unternehmen aus, die Abilene zu bieten hatte.

Ein gutes Beispiel, wie die Wirtschaft in Abilene florierte, war die First National Bank. McCoy verwies viele Rinderzüchter an die First National Bank of Kansas City, um ihren Bankgeschäften nachzugehen. Als diese Einrichtung 1870 eine Filiale in Abilene eröffnete, gingen in den ersten zwei Monaten über 900.000 Dollar über den Tresen des Bankschalters. Dieser Betrag hätte heute einen Gegenwert von mehr als 15 Millionen Dollar.

Im Jahr 1872 verabschiedete Abilene aufgrund der Zunahme des inländischen Viehsterbens in Verbindung mit dem Texasfieber und den immer größer werdenden Problemen mit gesetzwidrigen Cowboys eine Verordnung, welche Longhornrinder aus Texas verbot. Daraus ergab sich die Notwendigkeit für die Viehzüchter, neue Verladebahnhöfe zu finden, um ihr Vieh transportieren zu können. Folgende Proklamation wurde veröffentlicht:

»Wir, die Unterzeichner, beziehungsweise die meisten von uns, bitten darum, Vieh nicht mehr für den Versand nach Abilene, sondern zu einer anderen Stelle zu treiben, da die Einwohner des Dickinson County nicht länger die Probleme, welche der Viehhandel mit sich bringt, über sich ergehen lassen.«

Joseph G. McCoy, der zu dieser Zeit das Amt des Bürgermeisters ausübte, war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden.

McCoy war über den Fakt, dass damit der Stab über die Stadt gebrochen und Abilene sich allein überlassen wurde, sehr erbittert. Er schrieb über Abilene: »Vier Fünftel ihrer Geschäftshäuser standen leer, die Mieten fielen auf ein Niedrigniveau, viele der führenden Hotels und Geschäfte mussten geschlossen, abgerissen oder an andere Orte umgesiedelt werden. Grundstücke wurden unverkäuflich. Die prunkvolle Sonnenblume schoss prächtig aus dem Boden und blühte in den Hauptstraßen, während den Bewohnern, die man nicht so leicht entfernen konnte, nichts weiter übrig blieb, ihre Ruinen zu betrachten. Flüche waren zu hören und auf die politische Bühne geworfen. Die Stadt nahm ein ödes, verlassenes und einsames Erscheinungsbild an.«

In späteren Jahren, als sich das Schienennetz nach Westen und Süden ausbreitete, reiste McCoy in neue Viehstädte. 1872 ging er nach Wichita, wo er ein Werbevertreter für American and Texas Refrigerator Car wurde. Er dokumentierte seine Erfahrungen in historischen Skizzen des Viehhandels im Westen und Südwesten. 1880 verdingte er sich als Kommissionshändler für Lebendvieh in Kansas City und wurde durch die US-amerikanischen Statistikbehörde angestellt, um über die Viehwirtschaft für die 11. Volkszählung zu berichten.

Später lebte er in Oklahoma und diente als Inkassoagent für die Cherokee Nation. 1890 kandidierte McCoy für die Demokraten erfolglos bei den Wahlen des US-Kongresses. Er starb am 19. Oktober 1915 in Kansas City.

Quellen und weiterführende Literatur:

  • Joseph G. McCoy: Historic Sketches of the Cattle Trade of the West and Southwest. 2015
  • Wayne Gard: The Chisholm Trail. University of Oklahoma Press. 1979
  • Marvin Hunter: The Trail Drivers of Texas: Interesting Sketches of Early Cowboys … (Texas Classics). University of Texas Press. 1992
  • Stewart P. Verckler: Cowtown Abilene: The Story Of Abilene, Kansas, 1867-1875. Literary Licensing, LLC. 2011
  • Robert Dykstra: The Cattle Towns. University of Nebraska Press. 1983
  • www.kshs.org

(wb)

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