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Captain Concho – Band 65

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 65
Die Bandolero-Falle

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators
Kurzinhalt:
Weiter geht die höllische Jagd nach dem erbeuteten Gold. Immer enger schließt sich der eiserne Ring der Yankees um Captain Concho und seine verwegenen Reiter. Es scheint diesmal wirklich keinen Ausweg mehr zu geben, doch da fasst der Captain einen tollkühnen Plan. Alles läuft so, wie Concho es sich vorgestellt hat. Bis er plötzlich einem gnadenlosen Trupp mexikanischer Bandoleros gegenübersteht. Diese Killer begehen ein Verbrechen, das auch den Captain persönlich betrifft. Und mit ihm einen Colonel des Nordens. Seite an Seite treten Concho und sein Feind einen Höllenritt an …

Leseprobe:

Captain Concho und seine Männer lagen zum Angriff bereit.

Aus dem siebzehnten Jahrhundert schien das halb zerfallene Fort zu stammen. Trotz der zum Teil eingestürzten Palisaden fühlten sich die Yankees darin sicher.

Nachdem zwei Schwadronen dieses alte Fort verlassen hatten, waren nur wenige Soldaten zu sehen. Bloß vorn am Tor, über dem die Yankee-Fahne wehte, wachte ein Posten, und der Mann stand wohl nur dort, weil es so Vorschrift war. Weder ein- noch ausreitende Kuriere und Meldereiter nahmen Notiz von ihm, und der Posten beachtete sie nur, wenn es sich um Offiziere handelte. Dann präsentierte er zackig den Karabiner.

In den beiden Gebäuden, die von den Yankees notdürftig mittels Zeltbahnen wetterfest hergerichtet worden waren, brannte Licht. Dort hielten sich die vielen Offiziere auf. Die Mannschaften hausten in vier großen Zelten, die sie auf dem ehemaligen Exerzierplatz errichtet hatten.

Als die Franzosen dieses Fort erbaut hatten, hatten sie rund um die Anlage Schussfeld geschaffen und den Wald im Osten und Norden kahl geschlagen. Doch im Laufe der Jahrzehnte war die Vegetation nachgewachsen, und Bäume und Büsche umschlossen nun das Fort. Wacholdergestrüpp wucherte zwischen den Palisaden und hatte sie mit seinen Wurzeln aus dem Boden gehoben, an etlichen Stellen zum Einsturz gebracht und überwuchert.

»Alles fertig?«, raunte Captain Concho, dem die Yankeetruppen, die von diesem Fort aus geleitet und gelenkt wurden, die Rückkehr nach Vicksburg unmöglich machten. Er hatte sich deshalb kurzerhand entschlossen, den hier liegenden Stab auszuheben, um die geschickt gestaffelten Verbände führerlos zu machen und die so gestiftete Verwirrung des Gegners zum Durchbruch zu nutzen.

»Ring geschlossen!«, meldete Lieutenant Benson. »Abteilung fertig zum Angriff!«

Captain Concho schaute nach links. Drei Schritte von ihm entfernt lag Sergeant Forscreek im Gestrüpp, blickte herüber und hielt die Signalrakete bereit, die er selbst fabriziert hatte.

Concho ballte die Faust und reckte den Daumen nach oben.

Der Sergeant hielt die Rakete über den Kopf und zog den Reißzünder ab.

Funkenregen sprühten zur Erde herab. Es dauerte eine Weile, bis die Ladung zischend und mit einer grellen Stichflamme aus der Hülse flog und steil emporstieg.

Rings um das Fort ruckten Conchos Männer hoch, Handgranaten und Karabiner schussbereit in den Fäusten.

Die Signalrakete explodierte im Scheitelpunkt der Flugbahn und sank grellgrün leuchtend zur Erde herab.

Offiziere und Mannschaften, die sich im Freien aufhielten, blickten verwundert auf. Die blauen Uniformen und die Gesichter wurden in helles Grün getaucht.

Zitternd sank der Stern herab und warf ein gespenstisches Spiel von grünem Licht und schwarzen Schatten über das Fort.

Mit Hurrageschrei stürmten Captain Concho und seine vierzig Soldaten aus der Deckung. Karabiner krachten. Handgranaten detonierten auf und vor den beiden Gebäuden und zwischen den Zelten, die von den Druckwellen davongeschleudert wurden.

Die Yankees traf dieser Angriff völlig überraschend.

Wie Kartenhäuser krachten die morschen und verwitterten Holzgebäude zusammen und begruben die Blauröcke unter Balken, Brettern und Segeltuchplanen. Kampflos streckten die Yankees die Waffen. Die Hände erhoben, kamen die Offiziere staubbedeckt und hustend aus den Trümmern und ließen sich widerstandslos gefangen nehmen.

Ein leicht erkämpfter Sieg war das für Conchos Männer! Dreißig Blauröcke befanden sich in dem alten Fort, davon zwanzig Offiziere. Captain Conchos Abteilung war vierzig Mann stark. Hier hatten sich die Konföderierten endlich einmal als die zahlenmäßig Überlegenen erwiesen!

Bislang war das in diesem Krieg meist umgekehrt der Fall gewesen. Da hatte der Yankee stets über die stärkeren Einheiten verfügt. – Musste das deshalb immer so sein? – Mitnichten!

Lieutenant Benson baute sich vor Concho auf und salutierte.

»Das Fort genommen, Sir! Es ist fest in unserer Hand!« Er rührte. »Wir haben zweiundzwanzig Gefangene gemacht.«

»Eigene Verluste feststellen«, befahl der Captain.

»Schon geschehen!« Der baumlange Lieutenant reckte sich. »Eigene Verluste – keine!«

Captain Concho griente zufrieden, klopfte Benson auf die Schulter und ging mit ihm zu den Gefangenen hinüber.

Als ranghöchsten Offizier hatte Concho einen General erwartet. Zusammen ergaben ja die Schwadronen, die ihm und seinen Männern die Wege nach Norden, Osten und Süden blockierten, mindestens eine komplette Division.

Der Commander dieser Truppen war jedoch ein Colonel. Concho verharrte: Dieser Colonel war ihm kein Unbekannter. Es handelte sich um seinen Jugendfreund, um den Nachbarsjungen, mit dem zusammen er aufgewachsen war …

Thomas, genannt Tom, Mallison – Texaner! In San Angelo geboren, war er trotzdem der Armee der Nordstaaten beigetreten. Ohne Zweifel ein tüchtiger Mann, ein fähiger Offizier, dessen Gefolgschaft dem Süden sehr geholfen hätte. Er war ein Jahr älter als Concho und bekleidete bereits den Rang eines Colonels.

Erst vor Tagen war Captain Concho nach vier Jahren endlich wieder einmal zu Hause bei seinen Eltern gewesen. Ein Zufall, eine Laune des Krieges hatte ihn mit seinen Männern in diese Richtung geweht.

Dort hatte er Thomas Mallison getroffen. In der Uniform des Feindes! Kurz danach hatten sie sich am Red River wiedergesehen, wo Thomas mit einer Handvoll Soldaten dem Rebellen-Kommando den Übergang hatte verwehren wollen. Doch da war Lieutenant Benson mit dem Rest der Abteilung rechtzeitig zur Stelle gewesen. Colonel Mallison hatte vor seinem Jugendfreund fliehen müssen.

Er war in Fort Worth stationiert. Captain Concho war deshalb überrascht, ihn hier zu sehen. Auch noch als ranghöchsten Offizier.

Ein bisschen klopfte Sam Concho schon das Herz, als er den Freund erblickte, und der Gedanke, dass Tom ja auch hätte tot sein können, nahm ihm für einen Augenblick die Luft.

Sie waren in jener Nacht in San Angelo als Freunde geschieden, und sie hatten sich auch am Red River wie gute alte Freunde unterhalten, bis Lieutenant Benson gekommen war und sie gezwungen hatte, sich Hals über Kopf zu trennen, ohne voneinander Abschied zu nehmen.

»Bitte, Colonel«, sagte Concho mit heiser klingender Stimme und ging zur Seite.

Thomas Mallison trat aus dem Glied und kam zu ihm herüber.

»Verdammt!«, fluchte Captain Concho, als sie sich in die Augen sahen. »Warum bist du nicht in Fort Worth geblieben?«

Mallison hob kurz die Hände. »Ich habe mir dieses Kommando nicht ausgesucht. Ich konnte nicht ablehnen, obwohl ich geahnt habe, dass es einen solchen Augenblick wie jetzt geben könnte. Oder dass ich sogar den Anblick, dich unter Gefallenen zu finden, würde ertragen müssen!«

»Um ein Haar wäre es genau andersherum gekommen«, versetzte der Captain. »Ich hatte keine Ahnung, dass ich dir hier begegnen würde.«

Ein karges Lächeln glitt über Thomas Mallisons Züge. »Hätte es etwas geändert, wenn du es gewusst hättest?«

Captain Concho sah ihm fest in die Augen. »Nein!«

War er einer alten Freundschaft verpflichtet? Oder seinen Männern, die er heil durch die Linien zu bringen hatte – mit diesem verdammten Gold im Gepäck?

Wer Concho kannte, brauchte ihn da nicht zu fragen, sondern wusste, wie er sich entscheiden würde. Auch Thomas Mallison kannte ihn ja – vielleicht sogar besser als jeder andere.

Und kam nicht hinzu, dass Thomas zu Hause von allen als Verräter betrachtet wurde? Sogar im eigenen Elternhaus! Denn der jüngste Bruder kämpfte auf der Seite der Konföderation.

»Sprich nicht mit diesem Verräter!«, hatte Captain Conchos Vater verlangt. »Streiche diesen Namen aus deinem Gedächtnis, Sam!«

Aber das hatte Concho nicht gekonnt. Heimlich, in der Nacht, hatten sie sich im Garten der Mallisons getroffen und hatten sich ausgesprochen. Und Concho hatte die Argumente des Freundes, warum dieser für den Norden kämpfte, akzeptiert. Als Freund, der er war, nicht als Soldat.

In jener Nacht waren beide davon überzeugt gewesen, dass sie sich erst nach dem Krieg wiederbegegnen würden. Wenn sie ihn überleben sollten …

Doch es war anders gekommen. Ganz anders!

In Thomas Mallisons Gesicht zuckte es ein wenig. »Du bist also der Commander des Konföderiertenkommandos! Du gehörst nicht einfach nur dazu. Als mir meine Schwester in San Angelo sagte, dass dich der alte Chuck durch die Siedlung reiten sah, habe ich das schon geahnt. Nein – ich habe es gewusst!«

Der lange Benson trat heran. »Ich muss dich sprechen, Sam!«

Captain Concho nickte. »Treten Sie ins Glied, Colonel!«

Thomas Mallison schritt zu seinen Leuten hinüber.

Concho wandte sich um und zog die Brauen hoch. »Ben?«

Bensons Augen leuchteten. »Stell dir vor, Sam! Einer der jungen Offiziere hat Dandry gefragt, ob wir sie als Kriegsgefangene nach Shreveport bringen werden«

»Shreveport?« Captain Concho verzog das Gesicht.

»Genau das hat Dandry auch erwidert«, versetzte der lange Lieutenant grinsend.

»Und?«, fragte der Captain gespannt.« Stell dir vor: Unsere Jungs sitzen dort in Shreveport! Etliche Tausend Mann stark soll die Truppe sein. Das hat ihm der Yankee jedenfalls gesagt.« Concho lächelte ungläubig.

»Da bist du baff, was?« Benson lachte. »Nun wissen wir endlich, wohin mit diesem verdammten Gold!«

Die Yankees hatten einen Transport nach Mexiko gesandt, um diesen Staat zu bewegen, in den Krieg gegen die Konföderation einzutreten. Es hatte sich um Kriegsmaterial und um Gold im Wert von zwölf Millionen US Dollar gehandelt. Nach einer Hetzjagd ohnegleichen hatte Captain Concho mit seinen vierzig Männern die Frachtwagenkolonne vor der Grenze abgefangen und den Wagenzug vernichtet. Das Kriegsmaterial hatten sie gesprengt, das Gold mitgenommen.

Nun war der Yankee hinter dem Konföderiertenkommando her wie der Teufel hinter den armen Seelen, um dieses Gold wieder zurückzuerobern, das Concho mit seinen Leuten nach Vicksburg bringen wollte.

Sie hatten sich nicht anders zu helfen gewusst, als das Gold zu vergraben, damit es dem Yankee nicht in die Hände fiel, sollte er sie stellen.

Concho und seine Jungs waren von vier Schwadronen gejagt und immer wieder zur Richtungsänderung gezwungen worden. Statt nach Osten, nach Vicksburg, waren sie die letzte Nacht hindurch westwärts geritten, um der feindlichen Umzingelung zu entgehen. Dabei waren sie auf dieses alte Fort gestoßen, in dem sich, wie sie sofort erkannt hatten, der Stab jener Einheiten befand, die ihnen alles Blut und Wasser aus dem Körper trieben.

Shreveport – wenn es stimmte, dass dort die Konföderierten lagen, konnte es die Rettung für sie bedeuten! Damit würde das Gold erst einmal in Sicherheit sein.

»Unser Armeekommando Transmississippi soll sich in Shreveport befinden!«, stieß Benson triumphierend hervor.

»Hoffentlich versuchen die Yankees nicht, uns hier zu leimen!«, meinte Captain Concho misstrauisch.

(wb)