Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Curumilla – Zweites Buch, Kapitel 10

Gustave Aimard
Curumilla
Zweites Buch
Eine Abenteuergeschichte aus dem Jahr 1861
Kapitel 10 – Nach dem Sieg

Noch nie war ein glänzenderer Sieg erfochten worden, noch nie hatte eine so kleine Truppe und unter scheinbar so ungünstigen Umständen das Feld behauptet.

Die mexikanische Armee floh in der größten Verwirrung aus Hermosillo und hinterließ dreihundert Tote und Verwundete, Bagage aller Art, Kanonen, Munition und Fahnen. Die Niederlage war vollständig.

Der General Guerrero sprengte mit Schamesröte auf den Wangen und dem bittersten Groll im Herzen mit verhängtem Zügel nach Urès, und die französische Reiterei jagte ihm mit gezogenen Säbeln nach.

Der Jubel der Abenteurer kannte keine Grenzen. Indessen war der glänzende Sieg nicht ohne schwere Verluste errungen worden, und die Zahl der Armee war bedeutend zusammengeschmolzen. Die Franzosen zählten zweiundzwanzig Tote, welche verhältnismäßig ungeheure Zahl bewies, mit welcher Erbitterung sich die Mexikaner geschlagen hatten.

Der Graf betrauerte unter den Toten mehrere seiner besten Offiziere, die an der Spitze ihrer Leute, welche sie mit sich fortgerissen hatten, gefallen waren.

Der Graf selbst hatte, trotzdem seine Kleider von den Kugeln ganz durchlöchert waren, keine Verletzung erhalten. Fast hätte man glauben können, dass er unverwundbar sei, denn er hatte sein Leben weniger geachtet, als irgendeiner. Stets hatte er im dichtesten Gewühl gestanden, war stets der Erste von allen seinen wackeren Kameraden gewesen und hatte diese mit Worten und Gebärden angefeuert und es verschmäht, seinen Säbel anders zu gebrauchen als um die Streiche abzuwehren, welche nach ihm geführt wurden. Er hatte sich zugleich als Feldherr und als Soldat ausgezeichnet.

Nachdem der Kampf beendet war, nahm der Graf vom Cabildo Besitz, wohin er die mexikanischen Behörden berufen ließ, um mit ihnen die geeignetsten Anweisungen zu beraten, welche die Sicherheit der Stadt gebot. Don Cornelio war während des Kampfes nicht von seiner Seite gewichen und hatte seine Pflicht wacker getan.

»Don Cornelio«, redete ihn der Graf an, »ich bin mit Ihnen zufrieden. Sie haben sich brav benommen. Zur Belohnung will ich Ihnen einen höchst wichtigen, vertraulichen Auftrag geben. Sind Sie zu müde, um Ihr Pferd zu besteigen?«

»Nein, Señor Condé, Sie wissen ja auch übrigens, dass ich ein alter erprobter Ginete bin.«

»Das ist wahr. Hier sind zwei Briefe. Der an Don Rafaël gerichtete soll ihm von Ihnen im Vorüberkommen in der Hacienda del Milagro überreicht werden. Den anderen befreien Sie angesichts von la Magdalena von dem ersten Umschlag und bringen ihn an die angegebene Adresse. Gesetzt den Fall, dass Sie unterwegs überfallen und gefangen genommen werden, darf man den Brief nicht bei Ihnen finden, und niemand darf den Inhalt desselben erfahren. Verstehen Sie mich?«

»Seien Sie unbesorgt, Señor Condé, der Brief wird nötigen Falls verschwinden.«

»Gut! Nehmen Sie ein frisches Pferd und brechen Sie unverzüglich auf. Es hängt Leben und Tod davon ab.«

»Ich gehe, Don Louis, Sie sollen von mir hören.«

Er begleitete die Worte mit einem unheimlichen Lächeln, welches der Graf nicht bemerkte. Don Cornelio entfernte sich, fünf Minuten später hörte man den Hufschlag seines Pferdes auf den Steinen des Weges erschallen.

Er war fort.

In dem Augenblick trat Valentin ein. Der gewöhnlich so ruhige Jäger sah verstört aus und schien heftig erregt zu sein. Er blickte sich um.

»Was suchst du?«, fragte der Graf, »und was bedeutet der Zustand, in welchem ich dich sehe.«

»Er bedeutet …«, antwortete Valentin. »Aber, sieh das ist noch besser. Wirf einen Blick auf die Papiere, die ich im Haus des Generals Guerrero gefunden habe.«

Er überreichte dem Grafen ein Paket Briefe und andere Papiere. Letzterer überflog sie rasch mit den Augen.

»Wie!«, rief er zornig mit dem Fuß stampfend aus, »so schwarzer Undank nach so vielen Wohltaten. Tausend Teufel! Das Land muss verflucht sein, weil der Verrat hinter jedem Grashalm lauert!«

»Glücklicherweise halten wir die Beweisstücke in den Händen. Ich werde den Elenden selbst verhaften.«

»Es ist zu spät!«

»Wieso zu spät!«, rief der Jäger aus, »wo ist er denn?«

»Er ist mit einem sehr wichtigen Auftrag unterwegs, welchen er in meinem Namen dem Anführer der Unzufriedenen überbringen soll.«

»Tod und Teufel!«, rief der Jäger aus, »was ist zu tun? Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Elende dem Feind unsere Geheimnisse verraten wird.«

»Warte, ich habe ihm einen Brief für Don Rafaël mitgegeben, und er kann nicht umhin, ihn abzugeben.«

»Richtig wäre es auch nur, um keinen Verdacht zu erwecken. Ich eile zu der Hacienda del Milagro.«

»Geh mein Freund, ich kann dich leider nicht begleiten.«

»Das ist nicht nötig. Ich schwöre dir, dass, wenn jener Schurke, der Don Cornelio, in meine Hände fällt, so zertrete ich ihn wie eine Natter, die er ist! Lebe wohl!«

Der Jäger verließ den Cabildo rasch, und wenige Minuten später jagte er in Begleitung Belhumeurs, des schwarzen Hirsches, Curumillas und Adlerkopfes in Richtung der Hacienda del Milagro davon.

Der Graf widmete sich ohne Zeitverlust der Herstellung der Ruhe und Sicherheit in der Stadt. Die meisten mexikanischen Beamteten waren geflüchtet. Er ernannte andere dafür, ließ die Toten beerdigen und ein Hospital für die Verwundeten einrichten, dessen Oberaufsicht er dem Pater Seraphin übertrug, der auch bei dieser Gelegenheit eine Selbstverleugnung und einen frommen Eifer an den Tag legte, der seines Gleichen suchte.

Es wurden Posten und Wachhäuser eingerichtet und Patrouillen befohlen, die Stadt zu durchstreifen, um die Ruhe zu erhalten, welche Anordnung überflüssig war, denn die Einwohner schienen ebenso entzückt zu sein wie die Franzosen. Die Straßen waren mit Fahnen geschmückt und der Ruf Es lebe Frankreich! Es lebe Sonora! erschallte überall und wurde mit unaussprechlicher Begeisterung wiederholt.

Nachdem der Graf den dringendsten Pflichten genüge getan hatte, ließ die Spannung, welche ihn bisher aufrechterhalten, nach, und die Natur gewann einen Augenblick die Oberhand und rächte sich für die lange Unterdrückung. Don Louis sank fast ohnmächtig in dem Lehnstuhl zurück, auf welchem er seit acht Stunden rastlos arbeitend saß.

Er blieb bis ziemlich tief in die Nacht so hilflos liegen, denn er hatte weder die Kraft zu rufen, noch sich zu regen.

Endlich trat der Capitain de Laville ein. Er kam, um seinem Vorgesetzten von der Verfolgung der Mexikaner Bericht zu erstatten. Der Zustand Don Louis erschreckte ihn.

Der Graf lag im heftigsten Fieber da und delirierte. Der Capitain rief sofort den Feldscher der Compagnie herbei, und man brachte den Grafen in ein, in der Eile aufgeschlagenes Bett.

Der Feldscher war nicht zu finden. Statt seiner erschien ein mexikanischer Arzt.

Derselbe erklärte, dass der Graf einen Anfall der Ruhr habe, und gab ihm einen Trank, welchen er sofort bereitet hatte.

Der Graf verfiel in einen totenähnlichen Schlaf, der beinahe zehn Stunden währte.

Glücklicherweise kam endlich der Regimentschirurg herbei. Nachdem er einen Blick auf den Grafen geworfen und einige Tropfen des Tranks untersucht hatte, die im Glas zurückgeblieben waren, ließ er dem Kranken augenblicklich geschlagene Eier, mit Milch vermischt, reichen und ordnete Reibungen am ganzen Körper mit erwärmten Tüchern an.

»Aber, Doctor«, wandte der Capitain ein, »was für eine Behandlung fangen Sie denn da an? Der Arzt hat uns versichert, der Graf habe die Ruhr.«

Der Doctor lächelte traurig. »Ja«, sagte er, »er hat die Ruhr. Wissen Sie aber, was ihm der Arzt gegeben hat?«

»Nein.«

»Belladonna, das heißt Gift!«

»Was!«, rief der Capitain bestürzt aus.

»Still!«, fuhr der Chirurg fort, »es bleibt ein Geheimnis zwischen uns beiden.«

In dem Augenblick trat der Arzt ein. Es war ein kleiner, untersetzter Mann, mit einem Gesicht gleich dem einer aufgescheuchten Katze.

Der Capitain fasste ihn am Kragen und zog ihn in einen Winkel des Zimmers.

»Sehen Sie«, sagte er zu ihm, indem er auf das Glas deutete, welches der Chirurg noch in der Hand hielt. »Was enthielt der Trank, welchem Sie dem Grafen eingegeben haben?«

Der Mexikaner erblasste. »Aber …«, stotterte er.

»Gift, Elender!«, fuhr der Capitain heftig fort.

»Gift?«, rief jener aus und erhob die Hände und Blicke gen Himmel, »wäre es möglich? Ach Gott, lassen Sie mich sehen!«

Er betrachtete das Glas scheinbar sehr aufmerksam.

»Es ist wahr«, sagte er nach einer Weile, »per Dios! Welche Unbesonnenheit!«

Der Ausspruch kam den beiden Franzosen trotz ihrer Entrüstung so köstlich vor, dass sie nicht an sich halten konnten und in ein homerisches Gelächter ausbrachen.

Der kleine Doktor benutzte ihre Heiterkeit, um unbemerkt zu entschlüpfen, und trotz aller Nachforschungen, welche man anstellte, war es unmöglich, ihn wiederzufinden. Wahrscheinlich hatte er die Stadt verlassen.

Es gelang indessen der verständigen und liebevollen Pflege des Doktors, die Einwirkung des Giftes zu verhüten.

Der Graf fühlte sich etwas wohler und befahl, dass sich die Compagnie sofort im Patio des Cabildo versammeln solle.

Der Befehl ward rasch vollzogen, und eine Stunde später stand die Compagnie unter Waffen im Hof in Reih und Glied.

Der Graf ging, auf den Arm des Capitains de Laville gestützt, hinunter.

»Ich bin, wie ihr seht, krank, Kameraden«, sagte er. »Doch habe ich euch versammelt, um euch ein Versprechen mitzuteilen, das ich den Einwohnern von Hermosillo in eurem Namen gegeben habe. Ich habe denselben versichert, dass, wenn ihr auch über Haufen von Piastern und Unzen schreiten solltet, Ihr euch nicht bücken würdet, um sie aufzulesen. Habe ich recht getan?«

»Gewiss«, riefen alle, »Sie hatten recht!«

»Wir sind trotz aller Verleumdungen keine Räuber«, fuhr der Graf fort, »und der Augenblick es zu beweisen, ist gekommen.«

»Wir wollen es beweisen!«

»Ich danke euch, Kameraden!«

Die Compagnie ging auseinander und hielt ihr Versprechen gewissenhaft. Die halb entblößten Leute raubten nicht einmal eine Gürtelschnalle, trotzdem sie fast seit vier Monaten die härtesten Entbehrungen erduldeten.

Der Zustand des Grafen verschlimmerte sich indessen von Tag zu Tag, trotz der liebevollen Pflege des Paters Seraphin, der an seinem Bett wachte und ihn keinen Augenblick verließ.

Die geistige Anstrengung führte Don Louis Tod herbei. Er hatte seit der Abreise Don Cornelios weder von dem Spanier noch von Valentin etwas gehört. Zwei zuverlässige Boten, welche man zur Hacienda del Milagro geschickt hatte, waren nicht zurückgekehrt und weder Don Rafaël noch Dona Angela gab ein Lebenszeichen.

Ein solches Schweigen war unerklärlich. Auf der anderen Seite wurde die Lage der Compagnie mit jedem Tage bedenklicher. Obgleich der Graf im Besitz einer ansehnlichen Stadt war, schien er verlassener zu sein wie je. Die Pueblos, welche sich erheben sollten, rührten sich nicht. Der Mann, welchem Don Louis geschrieben und der sich verbindlich gemacht hatte, das Zeichen des Aufstandes zu geben, antwortete nicht auf die an ihm ergangene Aufforderung und war stumm gegen die wiederholten Bitten, welche Don Louis an ihn richtete.

Die Ruhr ist eine jener schrecklichen Krankheiten, welche die Fähigkeiten des Menschen vollständig vernichten. Der Graf war ziemlich lange unfähig, sich um irgendetwas zu kümmern.

Señor Pavo war von Guaymas eiligst nach Hermosillo gekommen, angeblich, um dem Grafen zu seiner glänzenden Waffentat Glück zu wünschen, in Wahrheit aber, um ihn desto leichter verraten zu können.

Don Louis war allein, ohne einen Freund, welchen er vertrauen konnte, auf ein Schmerzenslager geworfen, während ihn innerlich die tödlichste Sorge verzehrte, und der tiefsten Trostlosigkeit Preis gegeben, weil er sich zur Untätigkeit verdammt sah und die Früchte seiner Mühen und Anstrengungen verlieren musste.

Der Capitain de Laville, der einzige Mensch, welchem er sich hätte anvertrauen können, war von derselben Krankheit befallen wie sein Vorgesetzter und gleich ihm unfähig zu handeln.

Der Señor Pavo benutzte diese Lage der Dinge schlau, um den Keim der Unzufriedenheit unter die Franzosen zu säen.

Der Graf war die Seele der Compagnie und das einzige Band, welche sie einig und zusammenhielt. Sobald er fehlte, fehlte es an allem.

Der Señor Pavo spann nun im Stillen seine Fäden. Auf seinen Antrieb erschienen die Abenteurer zu jeder Stunde des Tages vor dem Grafen und brachten nach der Reihe die lächerlichsten Klagen vor, die sie mit der Drohung, ihn zu verlassen, begleiteten. Die Sache war endlich auf einen Punkt gediehen, wo eine Entscheidung unvermeidlich war.

Es gab zwei Mittel, sich aus der Verlegenheit zu ziehen.

Erstens, wenn man dem Vorteil entsagte, welchen man durch die Einnahme von Hermosillo errungen hatte und sich nach Guaymas zurückzog. Der französische Bevollmächtigte, Señor Don Antonio Mendez Pavo flüsterte dem Grafen dieses Mittel ein.

Zweitens, wenn man sich durch Gewalt und selbst durch Schrecken in Hermosillo behauptete und dort die Hilfe erwartete, welche bald aus Kalifornien eintreffen musste. Denn die Nachricht von dem glänzenden Sieg des Grafen hatte sich rasch dort verbreitet und die Gemüter der dort verweilenden Abenteurer entzündet.

Beide Wege waren dem Grafen in gleichem Grad zuwider. Der Erste erschien ihm schmachvoll, der Zweite unausführbar. Die Lage wurde aber immer peinlicher und unerträglicher. Da ereignete sich etwas Seltsames, was wir, wenn wir statt einer wahren Geschichte einen Roman schrieben hätten, gewiss nicht erfunden haben könnten.

Die Compagnie war durch die scheinheiligen Klagelieder des Señor Pavo und die heimlichen Schliche, welche er anwendete, dermaßen aufgereizt worden, dass sie ihrem Anführer den größten Ungehorsam, ja fast offenen Aufruhr entgegenstellte. Da sie sahen, dass der Graf von Prèbois-Crancé zu krank war, um kräftig einzuschreiten und sich ihren Willen nicht wiedersehen könne, erklärten sie ihm, dass sie Hermosillo und ihn verlassen würden, wenn er nicht augenblicklich Befehl erteile, den Rückzug anzutreten.

Der Graf musste nachgeben.

Der General Guerrero hatte sein Ehrenwort gegeben, dass der Rückzug nicht gestört werden solle.

Don Louis setzte es durch, dass man ihm Geißeln stellte, welche für die Verwundeten bürgten, welche er genötigt war, zurückzulassen, und so ließ er sich dann mit gebrochenem Herzen, kraft- und mutlos in eine Sänfte tragen.

Als die Freiwilligen ihren geliebten Anführer erblickten, fühlten sie sich plötzlich umgewandelt und so gerührt, ihn so elend und fast vernichtet vor Schmerz zu sehen, dass sie sich um die Sänfte drängten, ihm Treue und Gehorsam schworen und gelobten, bis auf den letzten Mann für ihn zu sterben.

Ein schwermütiges Lächeln umschwebte die Lippen des Sterbenden. Diese Beweise der Ergebenheit kamen zu spät. Der Graf hatte den bitteren Kelch der Kränkungen und Schmähungen bis auf die Hefe geleert. Er hatte den Glauben an seine Kameraden verloren.

Der Rückzug wurde angetreten.

Trotz des feierlichen Versprechens des Generals war er eine ununterbrochene Reihe von Scharmützeln, doch bedeckten sich die Franzosen mit einem letzten Schimmer von Ruhm. Der Pulverdampf rief die Abenteurer zum Bewusstsein ihrer vollen Kraft zurück, und sie wehrten die Angriffe der Mexikaner so kräftig ab, dass sie dieselben zwangen, sich schmachvoll zurückzuziehen und sie fortan nicht mehr zu beunruhigen. Drei Stunden vor Guaymas schlugen die Compagnie ihr Lager auf und war entschlossen, sich Bahn zu brechen und den Hafen am nächsten Tag, wenn es sein müsse, mit Gewalt zu betreten.

Der Graf fühlte sich durch die Aussicht auf einen bevorstehenden Kampf etwas belebt und schlief, nachdem er alle Vorbereitungen getroffen hatte, ein.

Gegen Mitternacht weckte man ihn mit der Meldung, dass Parlamentäre eingetroffen seien.

Es war der Señor Pavo und ein Kaufmann von Guaymas.

Sie waren vom General Guerrero geschickt worden.

Sie überbrachten den Vorschlag eines Waffenstillstandes von achtundvierzig Stunden und einen Brief des Generals, in welchem er den Grafen dringend bat, sich zu ihm zu begeben, um persönlich wegen der Friedensbedingungen mit ihm zu unterhandeln.

»Ich willige in den Waffenstillstand ein«, antwortete der Graf. »Wenn mir der General eine Bedeckung schickt, will ich zu ihm kommen.«

Seine Gefährten rieten ihm ab.

»Warum nehmen Sie nicht die Reiterei mit?«, fragte einer.

»Wozu?«, antwortete er mutlos, »hat man es doch auf mich allein abgesehen. Ist es eine Falle, welche man mir stellt, so gerate ich allein hinein.«

Die Abenteurer drangen in ihm, doch blieb er unerschütterlich.

»Wir verstehen uns nicht mehr«, sagte er zu ihnen. Hierauf wandte er sich zu den Parlamentären.

»Kehren Sie nach Guaymas zurück, meine Herren, und sagen Sie dem General Guerrero, dass ich ihm danke und seine Bedeckung erwarte.«

Dieselbe traf wirklich mit Anbruch des Tages ein und der Graf entfernte sich, nachdem er seinen Gefährten einen letzten, traurigen Blick zugeworfen hatte, welche ihn beklommen und mit tränenden Augen nachschauten.

Jetzt war die Trennung zwischen der Compagnie und ihrem Anführer vollständig erfolgt.

Der General Guerrero empfing den Grafen von Prèbois-Crancé bei seinem Einzug in Guaymas mit den Ehrenbezeugungen, welche einem Feldherrn zukommen.

Don Louis lächelte verächtlich. Was kümmerte ihm das eitle Gepränge!

Der Graf und der General unterhielten sich lange Zeit miteinander.

Der General hatte seine Bestechungspläne noch nicht aufgegeben. Don Louis lehnte, wie das erste Mal, alle seine Vorschläge entschieden ab.

Die Compagnie war jetzt schutzlos den Ränken des Señor Pavo preisgegeben. Er verlor keinen Augenblick. Auf seinen Antrieb schickten die Abenteurer eine Deputation von zwei Matrosen an den Grafen mit der Weisung, um jeden Preis einen Vergleich einzugehen.

Der Señor Pavo hatte zwei der ausgemachtesten Dummköpfe zu Boten gewählt. Der würdige Mann wusste recht gut, was er tat.

Die beiden Seeleute kamen zu dem Grafen, der ihnen sagen ließ, dass er sie jetzt nicht sehen könne und sie bitte, ein wenig zu warten.

Die beiden Gesandten, die sich nicht wenig auf die Wichtigkeit des ihnen anvertrauten Auftrages einbildeten, fühlten sich in ihrer Würde gekränkt und verließen augenblicklich das Haus des Grafen unter Verwünschungen über seine Frechheit, um geradewegs zum General Guerrero zu gehen.

Derselbe war bereits gebührend unterrichtet, wusste, was geschehen würde, und erwartete sie mit Ungeduld.

Er ließ sie, sobald sie sich genannt hatten, vor, und empfing sie auf das Zuvorkommendste. Nachdem er sie gebührend mit Weihrauch benebelt hatte, ließ er sie einen Vertrag unterschreiben – oder vielmehr ein Kreuz darunter zeichnen, – in welchem sie sich verbindlich machten, da sie von ihrem Anführer schändlich verlassen und hintergangen worden, die Waffen zu strecken und gegen Auszahlung einer Summe von elftausend Piaster, das Land zu verlassen. Man muss bekennen, dass es nicht teuer war, und der General Guerrero ein gutes Geschäft machte, und zwar um so nicht, als ihm die Waffen der Compagnie verblieben. Ja, die Mexikaner sind geborene Kaufleute und geriebene Diplomaten!

Da die Mexikaner die Compagnie nicht besiegen konnten, kauften sie sie zwei Elenden durch die Vermittlung eines Dritten ab, dessen Pflicht es gewesen wäre, sie zu beschützen.

Auf solche Weise brachte sich die Compagnie Atrevida selbst ums Leben, sie führte ihre Auflösung selbst herbei, ohne nur zu versuchen, den Anführer wiederzusehen, der ihr Abgott gewesen war.

Wir müssen zur Ehre der französischen Bevollmächtigten hinzufügen, dass in dem Vertrag, welchen sie unterzeichneten, die Freiheit des Grafen feierlich verbürgt war.

Wie kam es aber, welche Verkettung von Umständen hatte bewirkt, dass der Graf in einer so schwierigen Lage von seinen Freunden so vollständig verlassen worden war?

Wie kam es, dass sich der General Guerrero, sein erbitterster Feind, so mild, ja fast großmütig gegenüber Don Louis benahm, als die letzten Ereignisse, welche wir berichtet haben, stattfanden.

Wir wollen es erklären. Doch müssen wir zu dem Zweck etwas zurückgehen und zu Valentin und seinen Begleitern zurückkehren, die wir in dem Augenblick verlassen haben, wo sie im Galopp zu der Hacienda jagten.