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Captain Concho – Band 61

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 61
Sturmwind der Rebellen

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators
Extra: Die Schlacht um Vicksburg: Second Railroad Redoubt, Die Kapitulation, Teil 12

Kurzinhalt:
Port Hudson ist eingekesselt. Die Yankees ziehen die tödliche Schlinge immer enger zusammen. Eine Armada von Kanonenbooten hält sich auf dem Mississippi bereit, um dem Fort den Todesstoß zu versetzen. Nur die Furcht einflößenden Abwehrgeschütze der Rebellen halten die Yankees noch vom Angriff ab.

Captain Concho fackelt nicht lange und nimmt in einer verwegenen Attacke den gefährlichsten Feind ins Visier: die Kriegsflotte. Mit einem gekaperten Yankeedampfer geht er auf die Kanonenboote los. Ein Kommando, wie es riskanter nicht sein kann? Denn seine Kameraden in Port Hudson nehmen alles unter Feuer, was ihnen vor die Rohre kommt – und sie ahnen nichts von Conchos Angriff …

Leseprobe:

Mit Macheten hatten Captain Conchos Männer Schusskanäle in das Dickicht und das Schilf geschlagen. Die Rohre der beiden von den Yankees erbeuteten Geschütze modernster Bauart ragten da hinein.

Concho beobachtete das große, rot und schwarz gestrichene Schiff, das da mitten im Fluss vor Anker lag, den Bug gegen die Strömung gerichtet. Am Heck wehte die Fahne der Union.

Es gab für ihn keinen Zweifel, dass dieses Schiff ein Versorger für die Banks-Armee war.

Fragte sich nur, was der Pott geladen hatte. Proviant oder Munition? Vielleicht auch beides zusammen.

Zu erkennen war das nicht. Vorn am Bug standen Gestalten an der Reling. Auch auf dem Brückennock lehnte ein Mann. Er suchte das Ufer mit einem Fernrohr ab. Todsicher hielt er nach den Spitzen der Banks-Armee Ausschau.

Die Geschütze und die konföderierten Kanoniere konnte er nicht sehen. Das Schilf und das Dickicht schützten die Rebellen. Trotzdem hatte Captain Concho so wenig Bewegung wie nur möglich befohlen.

Er ließ den Feldstecher sinken.

Links von ihm stand das erste Geschütz, das der erst kürzlich zum Sergeant zweiter Klasse beförderte Finne- wacker kommandierte. Der Führer des zweiten Geschützes war der Sergeant erster Klasse Forscreek. Es stand zehn Schritt rechts vom Captain.

Beide Geschützführer hatten Feuerbereitschaft gemeldet.

Captain Concho trat an Finnewackers Seite und neigte sich über die Visiereinrichtung der gewaltigen Waffe.

Finnewacker und auch Forscreek hatten die Rohre auf die Mitte des Schiffes gerichtet, dicht über der Wasserlinie. Sie wollten die Kessel treffen, damit der Kahn auch tatsächlich explodierte, ob er nun Munition an Bord hatte oder nicht.

»Wenn nichts passieren sollte, setzen wir ihm die nächsten Granaten unter die Wasserlinie«, sagte Sergeant Finnewacker, als sich der Captain aufrichtete. »Dann wird er schon absaufen.«

Captain Concho nickte, klopfte ihm auf die Schulter und ging zum zweiten Geschütz. Forscreek hatte fast den gleichen Punkt anvisiert.

»In Ordnung«, sagte Concho schließlich und trat wieder in die Mitte, den Feldstecher in der Hand. »Dann wollen wir mal!«

Er schaute nach links und rechts. Finnewacker und Forscreek hielten die Fäuste schlagbereit über dem Abzug. Englische Geschütze waren das. Das technisch Neueste, was es gab. Da brauchte man keine Reißleine mehr, da brauchte einer nur draufzuschlagen und – rums!

Captain Concho hob die Hand. »Ich bitte um einen schönen Doppelschuss, Leute! – Achtung! – Feuer!«

Ein gewaltiger Schlag erschütterte die Luft. Augenblicke später dröhnte vom Schiff her ein lauter, trockener Knall zu den Männern herüber.

Concho nahm den Feldstecher vor die Augen. Die Soldaten an den Geschützen und bei den Protzen reckten die Hälse.

Zwei handtellergroße Einschüsse konnte Captain Concho erkennen.

Er hielt den Feldstecher fest darauf gerichtet. Aber da strömte nicht einmal Rauch aus den Löchern.

Er wartete etliche Sekunden, ehe er das Fernglas auf die Yankees am Bug und auf der Brücke richtete. Sie hatten den Einschlag gehört, schienen sich aber nicht sonderlich aufzuregen. Die Kerle sahen sich nur nach allen Seiten um. Concho ließ den Feldstecher sinken. »Na, das ist wohl zu tief in den Keller gegangen«, meinte er. »Ladet mal nach, Leute, und zielt sechs Fuß höher!«

Er war von Anfang an dafür gewesen, den Schuss höher zu setzen, hatte die Sergeants aber gewähren lassen.

»Laden und richten!«, riefen Finnewacker und Forscreek gleichzeitig.

Da knallte es. Ohrenbetäubend! Die Männer starrten zum Schiff, das nun in einer Kettenexplosion von über einem Dutzend Detonationen und Feuerbällen in die Luft flog. Hundert Fuß hoch schlugen die Flammen, und das riesige Boot brach wie eine Muschel in zwei Teile auseinander.

Die Druckwellen bewegten Büsche und Bäume, und die Hitze schlug den Männern in die Gesichter, die gebannt und fasziniert auf diesen Feuerorkan starrten.

Das Wasser kochte da drüben förmlich. Rauch und Dampf stiegen empor. Das Zischen und Fauchen war so laut, dass es den Männern auf die Ohren drückte. Eine Wrackhälfte trieb brennend mit der Strömung flussabwärts und drehte sich dabei auf der Wasseroberfläche. Die andere Hälfte wurde von der Ankerkette gehalten und begann zu sinken. Das Feuer schien unter Wasser weiter zu brennen. Der Mississippi brodelte an dieser Stelle. Mehrere Yards schlugen die dampfenden Wellen darüber empor.

Lieutenant Benson, der an einer Protze gestanden hatte, kam zu Captain Concho und stützte sich auf dessen Schulter.

»Mein lieber Schwan!«, stieß er mit vor Erregung heiserer Stimme hervor. »Da bin ich vielleicht von den Socken.

Maria und Josef! So etwas habe ich noch nicht gesehen.«

Es dauerte nicht einmal zwei Minuten, und das große Schiff – mehr als dreihundert Yards lang – war nicht mehr zu sehen. Und dann hatte sich auch der Mississippi wieder beruhigt.

Kein Jubelgeschrei erklang. Fassungslos starrten sich die Männer an.

In nur zwei Minuten war das große Schiff auseinandergebrochen und untergegangen!

»Geschütze aufprotzen und ab zum Camp!«, befahl Captain Concho.

Die Ladekanoniere standen hilflos da, die nächsten Granaten in den Armen. Mit einer richtiggehenden Kanonade hatten sie alle gerechnet, um das riesige Schiff zum Sinken zu bringen. Aber es hatten zwei Schüsse genügt …

Da blieb den Männern die Spucke weg, und nicht einmal Sergeant Finnewacker fiel dazu ein Kommentar ein.

Mit halblauter Stimme riefen die Geschützführer ihre Befehle. Captain Concho und Lieutenant Benson stapften zu den Pferden. Sie saßen sofort auf und ritten an. Beide schauten auf den Fluss. Nicht einmal eine Rauchwolke stand dort am Himmel, wo der Transporter gesunken war. Träge und glatt floss der Mississippi nach Süden.

Der lange Lieutenant reckte sich im Sattel. Zwanzig Reiter hatten die Geschützstellung landeinwärts hin gesichert.

»Dandry!«, rief er dem Sergeant Major zu, der fünfhundert Yards entfernt bei den Pferden unter einer Baumgruppe stand. »Hinter den Geschützen einrücken!«

»Aye!«, brüllte Dandry zurück, trat nach vorn aus dem Schatten und hob die Hand zum Zeichen, dass er verstanden hatte.

Benson trieb das Pferd wieder an Conchos Seite. »Mann, ist das ein Volltreffer gewesen, was? Die Detonationen müssen ja bis Port Hudson gehört worden sein!«

»Mit dieser Munition schießt die Banks-Armee bestimmt nicht auf Port Hudson«, erwiderte Captain Concho lächelnd. »Wenn wir jetzt noch die Kähne erwischen, mit der Banks’ Armee übersetzen soll, wird seine Truppe im Angesicht von Port Hudson an diesem Ufer glatt verhungern.«

Sie lachten beide und gaben den Pferden die Sporen.

Yankeegeneral Banks hatte in Louisiana die Hauptstadt Alexandria genommen, aber bald wieder geräumt, um nach Süden zum Mississippi vorzustoßen, dort überzusetzen und das von der Konföderierten Armee noch immer gehaltene Port Hudson einzunehmen.

Die Yankees waren davon überzeugt, dass es die Verteidiger von Vicksburg erschüttern und ihre Kampfmoral untergraben würde, wenn die Festung fiel.

Die Stadt Vicksburg war ein Bollwerk, das Yankeegeneral Grant nun schon seit Monaten berannte und belagerte und einfach nicht nehmen konnte. Obwohl es in Vicksburg kaum noch etwas zu essen gab und die Munition rar wurde, wollte und wollte die Festung nicht fallen.

Die Moral der konföderierten Soldaten war durch nichts zu erschüttern.

Die Yankees hofften, dass sich das änderte und die Verteidiger von Vicksburg endlich die Waffen streckten, nachdem Fort Hudson gefallen war.

Mit über achttausend Mann befand sich General Banks auf dem Vormarsch und Captain Concho und seine Männer hatten den Befehl, die Banks-Armee zu stoppen.

Zehn Rebellen waren sie gewesen, als sie Vicksburg verließen, um dieses Höllenkommando anzutreten. Dank Lu Piels Hilfe, dieser schönen, rassigen Spionin, waren sie unversehrt durch die feindlichen Linien gelangt und hatten Louisiana erreicht.

Mit Lu Piel, einer ebenso attraktiven wie mutigen Frau, hatte Captain Concho einen Transport mit Artilleriemunition vernichtet, der von Norden her der Banks-Armee folgte, da Banks’ Artillerie bei der Einnahme von Alexandria die Munition restlos verschossen hatte und dringend Nachschub brauchte.

In Fairview war es Concho und seinen Männern gelungen, Banks’ gesamten Stab gefangen zu nehmen. Banks selbst aber leider nicht, da er Fairview bereits verlassen hatte.

Dann war auch noch Major Wenks Negerregiment ausgefallen, das die Yankee-Armee aus dem Land versorgte.

Empfindliche Schläge waren das gewesen, die die Blauröcke immer wieder zum Stehen gebracht hatten.

In Fairview hatten sich Captain Concho und seinen Rebellen Freiwillige angeschlossen. Und dort in der Nähe hatten seine Männer auch die hochmodernen Geschütze erbeutet.

Seine Truppe war nun fünfzig Mann stark.

Und jetzt hatten sie dieses Schiff vernichtet, das mit Artillerie-Munition beladen gewesen war!

Ein neuer, schwerer Schlag für die Banks-Armee! Wie wollte General Banks Port Hudson nehmen, wenn er diese Festung mit seiner Artillerie nicht sturmreif schießen konnte?

In Vicksburg hatten Stabsoffiziere den Südstaatengeneral Pemberton belächelt, als er Captain Concho, der nur noch über neun Soldaten verfügte, den Befehl erteilte, eine ganze Armee aufzuhalten.

Todsicher lächelten diese Offiziere jetzt nicht mehr. Vorausgesetzt, sie erfuhren von diesen gelungenen Operationen.

Lastkähne lagen südlich von Port Hudson bereit, um die Banks-Armee überzusetzen.

Captain Concho hatte ursprünglich den Plan, diese Kähne wie vorhin den Transporter mit seinen beiden Geschützen in den Grund zu bohren.

Doch inzwischen hatte er erkannt, wie die Banks-Armee nicht nur zu schlagen, sondern zu vernichten war. Nämlich beim Übersetzen.

Aber dazu reichten seine Kräfte nicht aus. Er brauchte noch weitere Geschütze. Und die gab es in Port Hudson. Zwei Artillerie-Regimenter lagen dort.

Concho hatte seine Taktik schriftlich dargelegt und Lu Piel mit Skizzen und Erläuterungen zu General Gardner in die Festung geschickt, weil er bei seinen Männern bleiben musste.

Auf Lus Geschick und Charme war schließlich Verlass. Das hatte diese wunderbare Frau nicht nur einmal bewiesen, die in gefährlichen Situationen wie ein Mann zu kämpfen vermochte.

(wb)