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Im Gespräch mit Michael Kobr und Volker Klüpfel

Geisterspiegel: Hallo Volker, hallo Michael, ich freue mich außerordentlich, dass ihr euch die Zeit nehmt, für den Geisterspiegel einige Fragen zu beantworten.
Ich sehe euch als Vorreiter für die Bayern-Krimis. Seht ihr dies genauso oder seid ihr irgendwann mal mit auf diesen Trend aufgesprungen?

Michael Kobr: Nein, wir wussten selbst nicht, was wir für eine Welle auslösen. Mittlerweile hat fast jeder Verlag Regionalkrimis oder Ähnliches im Programm. Es war aber nicht unser Anliegen, so etwas zu tun. Wir wollten einfach nur Krimis schreiben. Das Bayerische war uns dabei wie gesagt kein großes Anliegen.

Geisterspiegel: Das hat sich aber sicherlich so ergeben, wie ich es an der Sprache beziehungsweise am Dialekt höre.

Michael Kobr: Es lag auf der Hand … 😉

Geisterspiegel: Wie und wann habt ihr euch als Autorenduo gefunden? Gab es dabei ein Schlüsselerlebnis? Wie kam der erste Roman zustande?

Volker Klüpfel: Der auslösende Moment war für mich, als ein Verleger aus Memmingen bei mir nachgefragt hatte, ob ich jemanden kenne, der einen Allgäukrimi schreiben könnte. Der Michael hatte damals schon die ersten Seiten von Kluftingers erstem Fall sozusagen skizziert. Ich habe ihn angerufen und ihm gesagt, dass er weiterschreiben könne, wenn er wolle. Darauf erwiderte er, dass er aber nicht allein schreiben möchte. So kam es, dass wir zu zweit die Romane zu schreiben begannen.

Geisterspiegel: Die erste Idee hatte offensichtlich Michael. Wie entwickelte sich diese Idee als Autorenduo weiter?

Michael Kobr: Nein, so war das nicht. Das passiert immer zusammen. Damals existierte noch keine Story. Wir mussten uns eine Möglichkeit, einen Weg suchen, wie wir dies am besten zusammen machen können. Mittlerweile haben wir das nach zwölf Jahren gemeinsamer Arbeit gut hinbekommen. Wir diskutieren über den Plot, über die Handlung und besprechen alles detailliert vor, wie wir alles aufteilen können und jeder nur noch alles in Textform bringen muss, was wir vorher besprochen haben.

Geisterspiegel: Quasi schreibt jeder für sich und ihr fügt es dann erst zusammen …

Volker Klüpfel: … wir denken schon vorher gemeinsam. Danach schreiben wir getrennt und danach wird das Geschriebene wieder zusammengeführt.

Geisterspiegel: Wie entstand der Klufti? Gibt es einen realen Bezug oder ist er ein reines Fantasieprodukt? Wie viel steckt von euch ihn ihm?

Michael Kobr: Wahrscheinlich steckt einiges von uns im Kluftinger. Es gibt für ihn jedoch kein Vorbild. Man kann sagen, dass er am Reißbrett entstanden ist und mit Eigenschaften ausgestattet wurde, die wir aus eigener Leseerfahrung unserem Protagonisten zugeschrieben haben.

Geisterspiegel: Kluftinger ist eine sehr eigentümliche Persönlichkeit. Gab es bei der Entwicklung dieser Figur zwischen euch Unstimmigkeiten oder seit ihr euch bei Klufti immer einig?

Volker Klüpfel: Im Detail gibt es natürlich immer wieder Unstimmigkeiten oder andere Ideen. Wenn dies anders wäre, bräuchten wir nicht zu zweit sein. Im Idealfall haben wir zu zweit mindestens anderthalb mal so viel Ideen als allein. Das ist gut. Man sollte seine Position zur Entwicklung von Kluftinger gegenüber dem anderen schon begründen. Man kann nicht einfach sagen Das macht der jetzt, weil ich das so will. Und der andere fragt nach dem Warum und ist aus seiner Sicht der Meinung, dass dies so nicht passt.

Geisterspiegel: Wie sieht bei euch ein ganz normaler Schreiballtag aus?

Michael Kobr: Die Vormittage sind bei uns reserviert, um uns über Skype online zu besprechen und die Geschichten auszudenken. Und am Nachmittag wird zu in Deutschland relativ üblichen Bürozeiten geschrieben. Diese Struktur mussten wir uns geben, um die Produktivität, die aufgrund der Erscheinungsweise der Bücher von uns gefordert wird, einhalten zu können.

Geisterspiegel: Euer Erfolg ist von Roman zu Roman gestiegen. Hat euch dies in irgendeiner Art und Weise verändert?

Volker Klüpfel: Wir sind zu divenhaften, arroganten Arschlöchern geworden, jedoch reißen wir uns im Interview zusammen. 😉

Michael Kobr: Ja, natürlich. Wir sind komplett andere Leute als vor zwölf Jahren.

Volker Klüpfel: Wären wir natürlich auch so gewesen. In zwölf Jahren entwickelt man sich irgendwie immer weiter. Unser Leben hat sich komplett verändert. Es ist ein völlig anderes Leben. Deswegen hat es sicherlich auch was mit uns gemacht. Selbst die charakterlichen Modifikationen einzuschätzen, ist immer schwierig …

Geisterspiegel: … aber ihr kommt damit gut klar?

Volker Klüpfel: Wir kommen mit uns klar. Ob die anderen mit uns klarkommen, ist deren Problem.

Michael Kobr: Es ist ein Problem der Umwelt, ob die mit uns klarkommen.

Geisterspiegel: Nach dieser Antwort traue ich mich doch zu fragen. In Milchgeld lasst ihr Kluftinger eine ganze Dose Röstzwiebeln essen. Der Typ hat nicht eine einzige Blähung am nächsten Tag. Wie geht das?

Volker Klüpfel: Man muss nicht jede Blähung beschreiben …

Geisterspiegel: … er hat nur Magenschmerzen …

Volker Klüpfel: … man muss nicht jede Blähung beschreiben. Es passieren doch auch zwischen den Zeilen Sachen. Er ist sogar auf dem Klo und es geht ganz schlimm zu. Doch das haben wir im Roman herausgelassen.

Michael Kobr: Unsere Bücher sind nicht nur sex-, sondern auch verdauungsfrei 😉

Geisterspiegel: Die Frage stellt sich mir bis heute, wie er das überlebt hat.

Volker Klüpfel: Er hat einen sehr robusten Magen. Er ist es ja auch gewohnt. Der Magen arbeitet eigentlich wie beim Pferd. Der kann Sachen verkraften, die andere umbringen würden.

Geisterspiegel: Wie haben euch die Verfilmungen gefallen?

Michael Kobr: Es ist etwas schwierig. Bei der Verfilmung eigener Romanfiguren treten gemischte Gefühle zutage. Es ist toll, wenn der Kluftinger über den Bildschirm läuft. Leider ist er halt ein ganz anderer, und wir sind nicht in der Position, dies zu steuern. Das ist sehr schade und dies geht etwa 90 Prozent der Autoren ebenso. Es liegt einfach an der Beschaffenheit des Mediums Film.

Geisterspiegel: Ihr habt also keinen Einfluss auf den Film genommen?

Michael Kobr: Am Anfang, ja. Wir versuchen Einfluss zu nehmen, aber dies entwickelte sich immer mehr zu einem Kampf gegen Windmühlen.

Geisterspiegel: Kommen wir zu eurem neuen Roman Grimmbart. Lachen musste ich bei dem indirekten Verweis auf euch. Diese zwei Sätze haben sich so eingeprägt, als Klufti an einem Plakat vorbeiläuft. Welchen Hintergrund hat das?

Volker Klüpfel: Wir sind gern selbst ironisch. Wenn man ganz ehrlich ist: Der Klufti findet es furchtbar, was wir machen. Das ist uns schon klar. Aber wir finden auch vieles furchtbar, was er macht. Wir haben schon viel mit ihm veranstaltet, wo er sich nicht wehren konnte. Nun durfte er einen kleinen Seitenhieb zurückgeben.

Geisterspiegel: Ich habe am Anfang etwas Zeit gebraucht, um in die Story eintauchen zu können. Aber die zwei Sätze haben alles gerettet, weil zu viele Themen auf mich einströmten, die ich erst einmal verarbeiten musste. Wie zum Beispiel das Thema Adelsadoption. Wie kommt man auf so was?

Michael Kobr: Diese Adelswelt lag irgendwann mal nahe, da das Buch im Schloss spielt. Das liegt doch eigentlich auf der Hand, oder? Da gibt es so viele, die ihre Namen anbieten. Das mussten wir irgendwie verwurschteln.

Geisterspiegel: Aber ein verarmter Adliger.

Michael Kobr: Gibt es überhaupt noch reiche Adlige? Viele gibt es nicht. Die meisten sind doch verarmt. Und ganz schrecklich diejenigen, die ein Schloss haben. Das sind doch die ärmsten Hunde. Also von daher lag das auch nicht so weit weg.

Geisterspiegel: Der Vetter des reichen arroganten Barons hat es aber anders dargestellt …

Michael Kobr: Stimmt, es gibt noch einige, viele sind es jedoch nicht.

Geisterspiegel: Dann die Sache mit Yumiko. Gibt es da ein besonderes Interesse an Japan? Ich fand die Traditionskonflikte sehr gut geschrieben, die Kluftinger ausbaden musste, gerade mit dem Vater der Schwiegertochter.

Michael Kobr: Mittlerweile haben wir gerade durch die Yumiko ein großes Interesse an Japan. Die hätte damals auch aus Brasilien kommen können. Wir haben uns halt für Japan entschieden. Unser Anspruch ist es, dieses einigermaßen authentisch zu recherchieren und zu schildern. Bestimmt werden wir einmal zu Recherchezwecken nach Japan fahren.

Geisterspiegel: Als ich mit einer Freundin die Fragen zum Interview durchgegangen bin, nannte sie mir die zehn goldenen Regeln eines fairen Kriminalromans und sagte mir danach, dass kein Chinese darin vorkommen darf. Da haben wir uns gedacht, dass es vielleicht ein Gegenstoß sein könnte: Bauen wir eben einen Japaner ein.

Volker Klüpfel: Wir haben keinen Chinesen drin. Hast du einen Chinesen drin?

Michael Kobr: Nein.

Volker Klüpfel: Das sind die zehn goldenen Regeln eines Kriminalromans? Es darf kein Chinese darin vorkommen?

Volker Klüpfel: Das kommt aber noch aus der Vorkriegszeit.

Geisterspiegel: Ja, aus der Agatha-Christie-Zeit.

Volker Klüpfel: Ja, dann ist es klar. Da waren die Chinesen noch »böse«. Aber es gibt bereits einen Krimi, der heißt Der Chinese von Mankell. Seit dem darf man es.

Geisterspiegel: Ich habe ein wenig nach dem Mordgemälde von Strigel recherchiert, habe jedoch nur das Bildnis einer vornehmen Dame gefunden. Ist der Rest dazu erfunden oder gibt es das Gemälde so wirklich? Im Roman konnte man herauslesen, dass es mit diesem gelbäugigen Mann übermalt wurde.

Michael Kobr: Es ist alles rein erfunden.

Volker Klüpfel: Wir verbrennen ja das Gemälde. Es wäre viel zu teuer gewesen, einen echten Strigel zu nehmen. Deswegen haben wir einen Strigel genommen, den es nicht gibt.

Geisterspiegel: Es hat alles gepasst, das rote Kleid, der sommerliche Hintergrund …

Volker Klüpfel: Wir haben uns natürlich vom Stil her an seinen Gemälden orientiert. Vielleicht taucht es irgendwann mal auf, vielleicht liegt es bei uns im Keller?

Geisterspiegel: Was hatte Langhammer auf der Hochzeit zu suchen?

Michael Kobr: Langhammer ist der älteste Freund der Familie. Es ist die Gratifikation dafür, dass er sich bei der Hochzeitsplanung so eingebracht hat. Er hat sein Expertenwissen beim Probeessen von sich gegeben. Und da muss er natürlich eingeladen werden.

Geisterspiegel: Es klang ein bisschen nach selbst eingeladen.

Volker Klüpfel: Auch, da hat er ja keine Skrupel.

Geisterspiegel: Ganz früher hieß es mal, dass 10 Bände geplant seien. Wie sieht der Stand heute aus? Lasst ihr Kluftinger leben, solange ihn die Fans mögen, oder sagt ihr irgendwann Jetzt ist Schluss? Oder ist das noch offen?

Volker Klüpfel: Wer vermag von uns schon in die Zukunft zu sehen? Schau’n mer mal. Bis zehn machen wir es mal und dann … weiß man noch nicht.

Aber er hätte eine Überlegungschance.

Ja, sterben lassen tun wir ihn nicht … Vielleicht stirbt er auch. In Krimis sterben viele. Michael Kobr: Vielleicht am Nebelhorn oder Höllhorn … irgendwo.

Geisterspiegel: Habt ihr neben Kluftinger noch andere Projekte, an denen ihr arbeitet? Vielleicht in einem ganz anderen Genre?

Michael Kobr: Unser nächstes Buch wird ein Buch ohne jeglichen Kluftinger sein. Was ganz Neues. Mit Kluftinger geht es natürlich weiter, aber jetzt kommt erst einmal das andere.

Volker Klüpfel: Allgäu-Zombie heißt das. J

Geisterspiegel: Ich danke euch recht herzlich, dass ihr euch unseren Fragen gestellt habt. Es hat großen Spaß gemacht.

Michael Kobr & Volker Klüpfel: Wir haben für eure Interesse an unseren Romanen zu danken.

Die Fragen stellten Anke und Franziska Brandt.

Eine Antwort auf Im Gespräch mit Michael Kobr und Volker Klüpfel