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Jackson – Teil 29

Zurück in die Hölle

Als ich die Augen aufschlug, konnte ich mich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, wie lange ich eigentlich weggetreten war. Ich wusste nur soviel, dass die Bewusstlosigkeit, in die ich gefallen war, ziemlich lang gewesen sein musste.

Wenn ich mich richtig an die letzten Momente erinnerte, in denen ich noch einigermaßen klar im Kopf war, musste es draußen so gegen 10 oder 11 Uhr gewesen sein.

Es war jedenfalls helllichter Tag.

Jetzt herrschte um mich herum Dunkelheit.

Der Raum, in dem ich mich befand, war dunkel und auch der Blick durch das einzige Fenster des Zimmers zeigte mir, abgesehen von ein paar Sternen, tiefste Finsternis.

Ich blinzelte ein paar Mal, um die letzten Reste der Benommenheit loszuwerden, die mich nur langsam aus ihren Klauen ließ, und stützte mich mit den Ellbogen auf.

Anscheinend hatte mir die lange Auszeit gutgetan.

Ich hatte keine Kopfschmerzen und mein Bein hatte auch aufgehört zu klopfen und wehzutun.

Voller Tatendrang richtete ich den Oberkörper auf, während ich dabei aus einer Laune heraus an mir herunter sah.

Der Anblick ließ mein Stimmungshoch jäh in den Keller fallen, wenn nicht gar noch tiefer.

Allein die Tatsache, dass ich völlig nackt war, traf mich wie ein Hammerschlag.

Als ich mich vorsichtig umsah und bemerkte, dass ich auf einem ausrangierten Armeefeldbett lag, das genauso stank wie die zerlumpte Decke, mit der mich irgendjemand zugedeckt hatte, kam allmählich so etwas wie Panik in mir auf.

Wo zum Teufel war ich hier gelandet?

Ich drehte den Kopf, um mich noch einmal umzusehen, diesmal etwas genauer.

Allerdings machten es mir die vorherrschenden Lichtverhältnisse ziemlich schwer, irgendwelche Einzelheiten zu erkennen.

Aber bemerkte ich, dass der Raum, in dem ich mich befand, ziemlich groß sein musste und mit Möbeln und Büroeinrichtungen vollgestopft war, die allesamt heruntergekommen wirkten. Ich kam mir vor wie in einer Halle, in der demnächst eine Sperrmüllauktion stattfinden würde.

Ich schwang die Beine über den Rand des knarrenden Feldbetts und knotete mir unbewusst die schmuddlige Decke um die Hüften, um meine Nacktheit zu verbergen.

Als ich damit fertig war, fühlte ich mich in etwa so wie ein verarmter Schotte, sie wissen schon, so mit Kilt und nichts darunter. Denn erstens hatte die mottenzerfressene Decke mit ihrem blaurot karierten Muster irgendwie tatsächlich Ähnlichkeit mit einem Kilt, auch wenn sie entschieden zu lang war, und zweitens war ich darunter, wie es den Legenden entsprach, tatsächlich nackt.

Bevor ich mir weitere Gedanken über meine Situation machen konnte, kamen plötzlich Schritte auf.

Ich drehte den Kopf zur Tür, wenn man ein Loch mit einem davor gehängten Stofffetzen so nennen konnte, und starrte auf das, was mir da entgegenkam.

***

Mit einer unwirschen Handbewegung schob Linda den Fetzen beiseite, trat ein und richtete sofort ihren Blick auf mich.

»Bist du wach?«

»Nein, ich stehe immer aufrecht im Zimmer, wenn ich schlafe«, frotzelte ich, wurde im nächsten Augenblick aber sofort wieder ernst, als ich registrierte, dass sie nicht alleine gekommen war. Hinter Linda betrat eine zweite, wesentlich größere Person das Zimmer.

Der oder die Unbekannte blieb aber im Türrahmen stehen.

Unwillkürlich legte ich meine Hände um den Knoten, der die Decke um meine Hüften hielt, während ich im Stillen um himmlischen Beistand flehte, das mir beide erhalten blieben. Nicht, dass ich besonders prüde bin, aber ich hätte es schon etwas peinlich gefunden, mich in dieser Situation einer fremden Person nackt zu zeigen.

Mein Flehen wurde scheinbar erhört, denn sowohl der Knoten als auch der Stofffetzen, der den Namen Decke eigentlich nicht verdiente, saßen wie angegossen.

»Zwei Fragen«, sagte ich, bevor Linda den Mund öffnen konnte. »Wo bin ich und was ist passiert?«

»Wieder im Hauptquartier, genauer gesagt, in einem Abstellraum für ausrangierte Einrichtungsgegenstände.«

Also doch Rumpelkammer, dachte ich, als meine Blicke erneut durch den Raum glitten.

»Es ist im Moment der einzige Ort, an dem wir uns verstecken können.«

Ich verzog das Gesicht wie jemand, der gerade eine schleimige Kröte verschluckt hatte.

»Wollten wir von hier nicht verschwinden?«

»Eigentlich schon«, antwortete Linda. »Aber wie du dich vielleicht erinnerst, hat Pasquale dafür gesorgt, dass uns dies nicht gelingen sollte. Du hast zwar ihn und seinen Helfer ausschalten können, aber er hat über seinen Tod hinaus Vorbereitungen getroffen, dass wir diese Basis nicht lebend verlassen.«

Ich nickte, während die Erinnerung langsam in mir hochkam.

Vor meinem inneren Auge zogen die Ereignisse wie ein Film an mir vorbei. Die Umrisse jener fliegenden Scheibe, deren Bordkanonen unsere Cessna in Stücke geschossen hatten, mein Bein, das plötzlich höllisch schmerzte, und unsere Flucht zu den Felsen.

»Und was machen wir dann wieder hier im Hauptquartier?«

»Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sie uns in der Wildnis wieder aufgegriffen hätten. Also musste ich ein Versteck finden, in dem sie uns nie vermuten würden. Ich dachte, ein Platz mitten unter ihnen ist wahrscheinlich der letzte Ort, an dem sie nach uns suchen werden.«

Da musste ich Linda leider recht geben.

Es gab tatsächlich kein besseres Versteck als eines, das mitten im Herzen der Basis unserer Feinde lag, auch wenn es sozusagen ein Weg zurück in die Hölle war.

»Außerdem durfte unser Versteck nicht allzu weit entfernt sein. Abgesehen von deiner Ohnmacht wärst du mit deinem kaputten Bein sowieso keinen Yard mehr weiter gekommen.«

Unwillkürlich tastete ich nach meinem Oberschenkel, der inzwischen gar nicht mehr klopfte und pochte.

»Was war mit meinem Bein?«

»Pasquale hat anscheinend gewusst, dass du ihm gefährlich werden könntest, deshalb hat er dir im Cockpit mit einem Metalldorn in den Oberschenkel gestochen. Das Teufelsding enthielt ein Serum, das dich nach und nach in eine Art Totenstarre versetzt hätte. Aber Gott sei Dank kenne ich das Gegenmittel und wusste, wo ich es herbekomme. Hast du nichts gespürt? Es muss doch verteufelt wehgetan haben, als er dir den Dorn in den Oberschenkel gestochen hat.«

Ich schüttelte verneinend den Kopf.

»Kann sein, dass ich etwas bemerkt habe, aber nicht bewusst. Ich war völlig aufgewühlt, sozusagen voller Adrenalin und hinter mir stand ein Mann, der mit der Klinge seines Messers an meinem Hals herumschnitzte. Glaub mir, in solchen Situationen registrierst du gewisse Dinge einfach nicht mehr. Ich …«

Ich verstummte abrupt, mir ging da plötzlich etwas durch den Kopf.

»Wie kommt es eigentlich, dass ich hier in diesem Zimmer aufwache? Du kannst mich doch unmöglich alleine hierher gebracht haben, schließlich bin fast doppelt so schwer wie du.«

Linda lächelte schwach. »Ich war auch nicht allein, jemand hat mir geholfen.«

»Jemand?«, echote ich ungläubig. »Wer zum Teufel sollte uns ausgerechnet hier zur Hilfe eilen?«

»Ich!« Der Schatten hinter Linda, der bisher unbewegt im Türrahmen gestanden hatte, bewegte sich. Er trat genau in dem Moment nach vorne, als die silberne Scheibe des Mondes ihr fahles Licht direkt in den Raum fallen ließ.

Mein Unterkiefer fiel bildlich gesprochen zu Boden und aus ungläubigen, weit aufgerissenen Augen starrte ich auf das, was mir da entgegenkam. Ich blinzelte ein paar Mal mit den Augen, aber das Bild blieb stets das gleiche.

Ich hatte weder Fieberträume noch irgendwelche Halluzinationen, aber begreifen konnte ich es trotzdem nicht.

Vor mir stand niemand anderes als Skmil!

Um ehrlich zu sein, hatte ich Yalla und ihren riesenhaften, affenartigen Begleiter inzwischen wieder genauso aus meinen Gedanken verdrängt wie das seltsame steinzeitliche Urvolk der Nayanos, dem sie angehörten.

In der Zwischenzeit war einfach zuviel geschehen.

Aber wie sagt man so schön: Man sieht sich im Leben immer zweimal.

Ich war sprachlos, aber nur solange, bis mir Skmil seine Rechte auf die Schulter legte.

Fortsetzung folgt …