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Das Geheimnis zweier Ozeane 07

Das U-Boot Pionier

Durch solche lebhaften Unterhaltungen mit Marat und durch gemäßigtere Gespräche mit anderen Besatzungsmitgliedern erfuhr Pawlik in großen Zügen alle Besonderheiten dieses ungewöhnlichen Unterwasserschiffes.

Das U-Boot Pionier konnte in jede Tiefe tauchen, ohne vom ungeheuren Wasserdruck platt gedrückt zu werden. Sein Aktionsradius war unbeschränkt; es brauchte auch auf langen Fahrten keinen Hafen oder Stützpunkt anzulaufen. Sein einziger Stützpunkt war das Weltmeer mit all seinen unerschöpflichen Vorräten an Energie und Nahrung.

Der Schiffsrumpf der Pionier bestand aus einer neuen Legierung, die erst vor Kurzem von sowjetischen Metallurgen erfunden wurde. Bekanntlich haben Legierungen aus verschiedenen Metallen oft ganz neue, unerwartete Eigenschaften. Beispielsweise ist Aluminium ein sehr leichtes und weiches Metall. Wird es aber mit geringen Mengen Kupfer, Mangan und Magnesium zusammengeschmolzen, so erhält man die Legierung Duralumin. Sie ist hart wie Stahl, aber so leicht wie reines Aluminium. Aufgrund dieser Eigenschaften, geringes Gewicht und Härte, wird das Duralumin vorwiegend für den Bau von Flugzeugen verwendet.

Die neue Legierung bestand aus einigen seltenen Grundstoffen. Sie war so leicht und so widerstandsfähig, dass die Pionier einen Druck von mehr als tausend Atmosphären aushielt. Die modernsten U-Boote widerstanden bisher nur einem Druck von zwanzig oder dreißig Atmosphären; sie konnten nicht tiefer als zwei- bis dreihundert Meter tauchen.

Noch bemerkenswerter waren das Verfahren der Energiegewinnung aus dem Ozean mithilfe der schon erwähnten

Thermoelemente und das der Speicherung und Nutzbarmachung der gewonnenen Energie für den Antrieb und die Bewaffnung des U-Bootes.

Der Strom aus den thermoelektrischen Kabelbatterien wurde in Akkumulatoren gespeichert. Aber es waren nicht die großen, schweren, die auf anderen U-Booten üblich waren und die für zwanzig und dreißig Stunden Unterwasserfahrt Strom lieferten. Drei Batterien, aus den neuen kleinen und leichten Akkumulatoren zusammengeschaltet, die ein enormes Aufnahmevermögen hatten, sicherten dem U-Boot bei voller elektrischer Ladung Beleuchtung, Heizung und Treibkraft für eine ununterbrochene fünfzehntägige Fahrt in getauchtem Zustande. Erst nach dieser Zeitdauer erschöpfte sich in den Akku-Batterien der ganze Vorrat an elektrischer Energie, und es wurde eine neue Ladung erforderlich. Zu diesem Zwecke musste das U-Boot seine Fahrt unterbrechen und seine Kabelbatterien in Tätigkeit setzen.

Am meisten verblüffte Pawlik jedoch die ungeheure Fahrtgeschwindigkeit, die das U-Boot unter Wasser entwickelte. Während die gewöhnlichen U-Boote nicht schneller als zwanzig Knoten fahren konnten, erreichte die Pionier mit Leichtigkeit achtzig Knoten, also ebenso viel wie die schnellsten Torpedoboote und U-Boot-Jäger.

Wie war es nun gelungen, eine solch unerhörte Geschwindigkeit trotz des enormen Widerstandes, den das Wasser auf ein Schiff ausübt, zu erzielen?

Bekanntlich sind außer den Fischen gerade Wale und Kopffüßer die schnellsten Schwimmer unter Wasser. Im Laufe vieler Jahrmillionen haben sich die unzähligen Generationen dieser Tiere im Kampf ums Dasein dem Leben unter Wasser angepasst. Ihre Körper haben Formen angenommen, die bei geringstem Kraftaufwand die schnellste Fortbewegung ermöglichen. Ein Torpedo und ein Wassertropfen veranschaulichen

am besten diese Formen: Sie sind vorn abgerundet und laufen hinten spitz zu. Den größten Durchmesser haben sie im vorderen Drittel. Gerade bei diesen Formen ist, wie schon seit Langem bewiesen, der Wasser- und Luftwiderstand am geringsten. Luft- und Wasserströmungen umfließen leicht solche Stromlinienkörper und vereinigen sich hinter diesen ohne ansaugende Wirbelbildung ebenso leicht.

Ingenieur Krepin hatte deshalb auf einen scharfen Bug verzichtet und seiner Pionier die Form eines Pottwals gegeben, da dieser Meeressäuger ungeachtet seiner riesigen Körpermaße und seines enormen Gewichtes für die Bewegung weniger Kraft verbraucht als jeder andere Wasserbewohner.

Allgemein bekannt ist die große Bedeutung der Schleimhülle, die den Körper fast aller Wasserorganismen umgibt, besonders derjenigen, die sich ständig und schnell bewegen. Tatsächlich werden die Reibung und der Widerstand des Wassers durch die Schleimhülle des sich bewegenden Körpers erheblich vermindert. Krepin ging hiervon aus, als er sich mit dem Gedanken beschäftigte, die Fahrtgeschwindigkeit der Pionier dadurch zu beschleunigen, dass er ihren Schiffsrumpf mit einer schleimähnlichen Substanz umgab. Gelänge es, den Schiffsrumpf mit künstlichem Schleim zu bedecken, so würde dieser jedoch vom Wasser heruntergespült werden. Nach langen Versuchen fand Krepin eine ganz unerwartete Lösung. In den Fällen, da große Geschwindigkeiten erforderlich waren, umgab er den Schiffsrumpf des U-Bootes statt mit einer Schleimhülle mit einem Mantel heißer Wasserdämpfe. Im Besitz unerschöpflicher Vorräte an Elektroenergie, erwärmte die Pionier ihren äußeren Schiffsrumpf bis auf zweitausend Grad. Bei dieser Temperatur verwandelte sich eine dünne Schicht des den Schiffsrumpf umgebenden Wassers sofort in Dampf. Infolge der großen Geschwindigkeit, die das fahrende U-Boot entwickelte, kamen immer neue Wasserschichten mit seinem glühenden Körper in Berührung und erzeugten ununterbrochen eine zusammenhängende gasartige Hülle um das U-Boot. Die Reibung des Wassers wurde aufgehoben, und es entstand eine Reibung im gasartigen Medium, dessen Dichte zwar bedeutend größer als die der atmosphärischen, aber um vieles geringer als die des Wassers war. Der sich um den Schiffsrumpf bildende Dampf verwandelte sich hinter dem U-Boot infolge der vorherrschenden niedrigen Temperaturen sofort wieder in Wasser, ohne zur Oberfläche als Bläschen emporzusteigen.

Im Verlauf seiner Versuche entschloss sich Krepin, die Schiffsschraube als Mittel zur Fortbewegung des U-Bootes wegzulassen. Die große Leistung der Kraftwerke der Pionier, die Widerstandsfähigkeit und die Wärmebeständigkeit des Metalls, aus dem der Schiffsrumpf gebaut war, ließen die Rakete oder die Fortbewegung durch Rückstoß als besten Antrieb erscheinen. Man hätte glauben können, dass es in einem so dichten Stoff, wie es das Wasser ist, kein natürliches Düsentriebwerk geben könne. Aber schon seit Langem ist bekannt, dass sich einige Wasserorganismen, wie zum Beispiel die vorzüglich schwimmenden Kopffüßer, mithilfe des Rückstoßes fortbewegen. Sie saugen vorn das Wasser in einen Hohlraum, den Mantelsack, und stoßen es hinten mittels Muskelkontraktion durch den sogenannten Trichter wieder aus.

Für die Rückstoßbewegung würde man jedoch sehr viel Treibstoff benötigen, der bei seiner Verbrennung eine ungeheure Kraft erzeugen müsste. Woher aber sollte die Pionier diesen Treibstoff erhalten, und wie sollte sie ihn in großen Mengen speichern? Das U-Boot musste doch damit sehr lange auskommen. Auch hier, wie in vielen anderen Fällen, kam dem Konstrukteur wieder das Weltmeer mit seinen unerschöpflichen, bisher unausgenutzten Kraftquellen zu Hilfe.

Der Ozean konnte die Pionier mit jeder Menge Knallgas, dessen ungeheure Explosivkraft bekannt ist, versorgen.

Um dieses Gas zu erhalten, muss man zwei chemische Elemente zur Verfügung haben: Wasserstoff und Sauerstoff. Das sind die beiden Gase, aus deren Verbindung Wasser besteht. Man kann sie durch verschiedene Verfahren gewinnen, aber das einfachste ist die Zersetzung des Wassers durch Elektrolyse. Zu diesem Zweck werden in ein Gefäß mit gesäuertem Wasser zwei Elektroden, eine Kathode und eine Anode, getaucht. Wenn durch die Elektroden Strom auf das Wasser übertragen wird, scheidet sich an der Anode in Form von Bläschen Sauerstoff und an der Kathode Wasserstoff ab. Beide Gase strömen durch Röhrchen in gesonderte Behälter. Vermischt man sie in einem bestimmten Mengenverhältnis zueinander, so entsteht Knallgas.

Ein elektrischer Funke genügt, um dieses Gas zur Explosion zu bringen. Für Zwecke des Rückstoßantriebes müssen diese Explosionen in einer besonderen Kammer im hinteren Teil eines Schiffes oder einer Rakete stattfinden. Diese Kammer muss eine äußere, sich konisch erweiternde Austrittsöffnung, eine Düse, haben. Findet in der Kammer die Explosion statt, bilden sich ungeheuer verdichtete Wasserdämpfe. Sie treten durch die Düse am Ende des Triebwerkes aus; in dieser Düse setzt sich der Druck des Gasgemisches in die Geschwindigkeit des Gasstrahles um. Dadurch entsteht ein Rückstoß, der das U-Boot oder die Rakete vorwärtstreibt.

Nach den Knallgasexplosionen bildet sich aus dem Wasserdampf wieder Wasser, das vom Meer aufgenommen wird. Das Donnern der Explosionen wird durch vervollkommnete Schalldämpfer verschluckt, wie sie bereits in Flugzeugen und Kraftfahrzeugen Verwendung gefunden haben.

Bei so hohen Geschwindigkeiten lief aber das U-Boot in noch nicht erforschten Meerestiefen Gefahr, an unterseeischen Felsen und Riffen zu zerschellen oder auf Sandbänke aufzulaufen. Am Bug und an den Bordseiten montierte Superscheinwerfer mit einer Lichtstärke von einigen Milliarden Kerzen würden mit ihren Strahlen die ewige Nacht der Tiefsee etwa fünfhundert Meter weit durchdringen, aber bei der hohen Fahrtgeschwindigkeit des U-Bootes würde man auf diese Entfernung nicht alles genau unterscheiden können. Außerdem könnte eine solche Lichtfülle ein U-Boot, dessen beste Waffen seine Unsichtbarkeit und das plötzliche Auftauchen sind, dem Feinde verraten.

Man musste für die Pionier scharfe und verlässliche Augen schaffen, die weit in das Dunkel der Meerestiefen eindringen und rechtzeitig alle Gefahren und Hindernisse melden konnten. Die Funktion solcher Augen wurde von einer akustischen Apparatur übernommen, mit der Krepin sein U-Boot ausstattete.

Das Echolot wird schon lange in der Seefahrt verwendet. Seine Wirkung beruht darauf, dass der Schall sich nicht nur in der Luft, sondern noch schneller und besser im Wasser fortpflanzt. Während sich Schallimpulse in der Luft mit einer Geschwindigkeit von 333 m/sec fortbewegen, beträgt ihre Geschwindigkeit im Wasser 1500 m/sec. Der Schall breitet sich von seiner Quelle nach allen Seiten aus. Trifft er auf ein Hindernis, wird er von diesem zurückgeworfen. Diese Eigenschaft der Schallwellen führte zur Erfindung des Echolotes, eines Gerätes zur Messung von Wassertiefen. Von der Schiffswand unterhalb der Wasserlinie sandte man zum Beispiel einen kurzen Schallimpuls aus, der durch eine Explosion oder durch einen Glockenschlag erzeugt worden war. Die Schall wellen erreichten den Meeresboden, wurden von ihm zurückgeworfen und kehrten zum Schiff zurück. Ein Gerät nahm den zurückgeworfenen Schall auf und registrierte den Zeitpunkt, da das Echo eintraf. Die Schallgeschwindigkeit vom Schiff bis zum Meeresgrund ist die gleiche wie von dort zum Schiff; so genügt es, die Zeitdauer von der Explosion bis zur Registrierung des Echos zu wissen, um festzustellen, wie viele Meter der Schall bis zur Erreichung des Meeresbodens zurücklegte. Später wurde ein Echolot konstruiert, das die gemessene Tiefe auf einer besonderen Skala laufend automatisch registrierte und dem Seefahrer durch den Fortfall der Berechnungen viel Arbeit ersparte. Schließlich wurden auch Ultraschall-Echolote erfunden wie zum Beispiel Langevins1 Ultraschall-Echolot.

Der Ultraschall hat zwei wichtige Eigenschaften. Die eine besteht darin, dass man ihn nicht nur wellenförmig aussenden, sondern auch strahlenförmig bündeln kann. Die zweite zeigt sich, wie schon Versuche von Wood und Lomith ergeben haben, darin, dass einige tierische Organismen wie Frösche, Kaulquappen, kleine Fischchen und Krustazeen im Ultraschallfeld sterben und dass gewisse feste Körper, wie zum Beispiel Eis, sich auflockern oder auseinanderfallen.

Krepin nutzte diese Eigenarten des Ultraschalls dazu aus, um sein U-Boot mit scharfsichtigen Augen, einem auf weite Entfernungen wirksamen Gehör auszurüsten.

Zusammen mit seinem Freund, dem Forscher und Erfinder Wlassjew, einem Professor an dem Moskauer Institut für Hochfrequenzforschung, konstruierte er ein Gerät, das einige Millionen Schwingungen in der Sekunde erzeugte. Sie arbeiteten ein Verfahren zur Erzeugung so hochfrequenter Schwingungen aus, dass ein von ihrem Gerät ausgesandtes Ultraschall-Strahlenbündel das Wasser bis zu zwanzig Kilometern durchdrang. Diese Geräte wurden am Bug, an den Bordseiten und am Kiel der Pionier befestigt, sodass das U-Boot mit einem hervorragenden Hörapparat versehen war.

Aber nicht genug damit. Die beiden Forscher gingen noch weiter und verwandelten diese Ohren zugleich in Sehorgane ihres U-Bootes.

Die Ultraschallstrahlen, die ihr Gerät aussandte, wurden von den ihnen begegnenden Hindernissen nicht mit gleicher Kraft zurückgeworfen, sondern nur entsprechend der äußeren Form dieser Hindernisse. Deshalb kehrte der Ultraschallstrahl schon verändert zurück. Die Erfinder konstruierten eine Empfängermembrane, die aus tausend mikroskopischen Membranen zusammengesetzt war. Jedes dieser winzigen Schwingblättchen vibrierte nur mit der Stärke desjenigen Ultraschall-Strahlenbündelchens, das, zurückgeworfen, jeweils auf das Blättchen traf.

Mithilfe einer komplizierten Einrichtung, welche die Schallenergie in Lichtenergie umwandelte, warf jedes Strahlenbündel auf den Bildschirm des Steuerraumes die Abbildung desjenigen Teiles des Hindernisses, von dem das Strahlenbündel reflektiert wurde. Tausende solcher Abbildungen von allen mikroskopischen Membranen flossen zu einem ganzen Bild zusammen und ergaben die äußere Form des Gegenstandes. Solche »Ultraschall-Strahlenbildwerfer« waren an allen Seiten des U-Bootes angebracht und sandten ununterbrochen auf den Bildschirm im Steuerraum die Darstellung alles dessen, was in einem Umkreis von zwanzig Kilometern um das U-Boot auftauchte.

Die gleichen Ultraschallstrahlen verwendete Krepin als neue Waffe für den Kampf mit der toten und lebenden Materie. Hierbei hatte ihm der bekannte Zoologe Lordkipanidse geholfen, der sich schon längere Zeit im Institut für experimentelle Medizin mit der Erforschung von Anwendungsmöglichkeiten der Ultraschallschwingungen in der Medizin und in der Biologie befasste. Unter Benutzung des schon fertigen Strahlenbildwerfers konstruierten Krepin und Lordkipanidse eine Ultraschallkanone und eine kleine Ultraschallpistole. Diese neuen Waffen konnten bei einer bestimmten, genau berechneten Schwingungsfrequenz jedes lebende Gewebe abtöten und die meisten bekannten Metalle und Minerale zerstören.

Durch die von der Kanone oder von der Pistole herausgeschleuderten Ultraschallstrahlen wurden die Zellen eines Lebewesens in so hohe Schwingungen versetzt, dass sie rissen; andererseits wurden Metall- und Mineralmoleküle atomisiert, der feste Stoff lockerte sich und zerfiel.

Zu dem Zeitpunkt, zu dem Krepin, Wlassjew, Lordkipanidse und ihre Mitarbeiter die letzten Arbeiten an ihren Ultraschallgeräten durchführten, empfahl die Rüstungsindustrie der Sowjetunion Krepin, sein Augenmerk auf eine neue Erfindung des sowjetischen Wissenschaftlers und Erfinders Bleichmann auf dem Gebiet der infraroten unsichtbaren Wärmestrahlen zu richten.

Unsichtbare, mehr oder weniger intensive Wärmestrahlen werden von jedem erwärmten Körper ausgestrahlt: von der Sonne, einem heißen Bügeleisen, einem bewohnten Hause, Warmblütlern, Bäumen und sogar von Fischen. Die Infrarotfotografie arbeitet schon seit Langem mit besonderen Geräten, um Aufnahmen während der Nacht, in dichtem Nebel und bei Regenwetter mit überaus empfindlichen Platten zu machen. Man kann nachts von einem Flugzeug aus in fünf- bis sechstausend Meter Höhe Objekte auf der Erde aufnehmen, die fünfhundert bis sechshundert Kilometer entfernt sind. Für dieses Verfahren wird nicht nur die oft äußerst geringe Wärmestrahlung dieser Objekte, sondern auch die Temperaturdifferenz zwischen ihnen und ihrer Umwelt ausgenutzt. Es gibt sogar Infrarot-Ferngläser, mit denen man nachts, im Nebel und bei starkem Regen sehen kann.

Bevor Bleichmann mit seinen Versuchen begann, schien es unmöglich, im Meer die oft sehr schwache infrarote Wärmeausstrahlung der Meeresbewohner und ihrer Umgebung einzufangen und diese Strahlen sichtbar zu machen.

Die Körpertemperatur der Seetiere ist in den meisten Fällen nicht höher als die des Wassers. Nur die warmblütigen Meeressäuger wie Wale, Delfine, Seehunde, Walrosse, Seekühe und andere, die einst Landbewohner waren, haben ihre höhere Körpertemperatur behalten. Ihre dicke Haut und die dicke Speckhülle ihres Körpers verhindern die Wärmeausstrahlung. Alle anderen Meeresbewohner geben die ganze Wärme, die sie infolge ihrer Muskelarbeit und durch den Stoffwechsel erzeugen, an das Wasser ab. Diese Wärme verlieren sie aber nicht ganz. Geringe Reste davon, manchmal einige Grad, manchmal auch nur Bruchteile eines Grades, bleiben in ihrem Körper.

Mit den besten Infrarot-Fotoapparaten kann man ohne große Schwierigkeiten selbst geringe Ausstrahlungen sehr schwach erwärmter Körper auf große Entfernung festhalten. Bei Infrarot-Unterwasseraufnahmen jedoch besteht die Hauptschwierigkeit darin, dass die Wärmestrahlen fast gänzlich vom Wasser aufgenommen oder von ihm zurückgeworfen werden. Und doch war Bleichmanns Apparat so hochempfindlich, dass er die noch im Wasser verbleibenden und durch keine Messung mehr erfassbaren infraroten Strahlen abfangen konnte; allerdings gelang dies nur auf eine Entfernung von etwa fünfhundert Metern von der Strahlungsquelle.

Bleichmanns Erfindung fand Krepins volle Zustimmung. In kurzer Zeit konstruierte dieser ein kleines Raketengerät, das mit Hilfe von komprimiertem Wasserstoff und Sauerstoff sich in der gleichen Weise wie das U-Boot fortbewegen konnte. In dieses Gerät, das wie eine dicke, anderthalb Meter lange Gurke aussah, montierte Krepin Bleichmanns Apparate, und zwar so, dass ihre Objektive auf der ganzen Oberfläche der Rakete verteilt waren und die Wärmestrahlen aus jeder Richtung aufnehmen konnten.

Damit das Raketengerät sich auch in die Luft erheben konnte, versah es Krepin mit einziehbaren Tragflächen. Aber seine eigentliche Beweglichkeit und Zweckdienlichkeit verlieh diesem Raketengerät erst die Fernsteuerung durch Funk. Mithilfe eines Funksenders konnte der wachhabende Offizier des U-Bootes das Gerät abschießen und zur Aufklärung fast fünfzig Kilometer weit hinaussteuern. Durch Funk wurde der automatische Triebmechanismus des Raketenaufklärers in Gang gesetzt, durch Funk wurde er auch im Wasser und in der Luft gesteuert. Alles, was Bleichmanns Fotoapparate in ihrem Umkreis von fünfhundert Metern erfassten, erschien auf dem Bildschirm im Steuerraum. Das U-Boot wurde ständig von zwei Raketenaufklärern begleitet; außerdem verfügte es noch über einige Reserveaufklärer. So ausgerüstet brauchte das Boot keine unerwarteten Begegnungen zu fürchten und konnte sich in den dunklen Tiefen des Ozeans bewegen.

Als Pawlik zum ersten Mal den Steuerraum des U-Bootes besichtigte, staunte er über die Vielzahl der seltsamen Geräte, Apparate und Vorrichtungen, die sich an den runden Wänden, auf Armaturenbrettern und Ständern befanden. Der Bildschirm aus Milchglas wölbte sich wie eine Kuppel über dem Raum. In rascher Folge huschten über den Bildschirm die Schatten von Fischen und anderen Meeresbewohnern. Selbst die undurchdringliche Dunkelheit der Tiefen vermochte nicht, diese Lebewesen vor den alles sehenden Augen der Pionier zu verbergen.

Der wachhabende Offizier konnte von diesem Raum aus alle komplizierten Vorrichtungen und Maschinen des U-Bootes bedienen. Sie waren so automatisiert, dass der Druck auf einen Knopf, die Bewegung eines Hebels genügte, um eine Vielzahl von Selbstschaltungen auszulösen. Sollte das U-Boot zum Beispiel in eine bestimmte Tiefe tauchen, so brauchte der U-Boot-Kommandant nur den Zeiger der Tiefenskala auf die gewünschte Tiefe zu stellen, und sofort begann eine mechanisierte Vorrichtung selbsttätig zu arbeiten: Das Geländer vom U-Boot-Turm wurde weggeräumt, über die Kommandobrücke stülpte sich eine Stromlinienhaube, das Luk schloss sich, und Lüftungsventile und Klappen des Tauchtanks, die sich selbsttätig wieder schlossen, sobald das U-Boot die befohlene Tiefe erreicht hatte, öffneten sich. Grüne Kontrolllampen flammten auf, sobald ein Aggregat, eine Maschine oder ein Mechanismus zu arbeiten begann, und brannten, solange alles ordnungsmäßig lief. Bei der geringsten Störung jedoch erloschen sie, und rote flammten auf. Auf diese Weise wurde jeder Maschinendefekt sofort signalisiert. Aber seit dem Stapellauf der Pionier war noch keine rote Lampe aufgeflammt. Alle Maschinen arbeiteten einwandfrei und präzis.

Bei dieser vollkommenen Automatisierung brauchte die Schiffsbesatzung nicht allzu zahlreich zu sein. Die Pionier hatte etwas mehr als tausend Bruttoregistertonnen; doch zählte die Besatzung, ohne die Teilnehmer der wissenschaftlichen Expedition, nur zwanzig Mann. Aber sie alle waren hoch qualifizierte und erfahrene Spezialisten, tapfere und mutige Männer, auf die man sich in jeder Situation voll und ganz verlassen konnte.

Fortsetzung folgt …

Show 1 footnote

  1. Paul Langevin (1872-1946), französischer Physiker; experimentelle und theoretische Physik verdanken Langevin wichtige Fortschritte.

Eine Antwort auf Das Geheimnis zweier Ozeane 07