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Der Welt-Detektiv Band 6

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Das Geheimnis zweier Ozeane 03

Nach dem Kampf mit dem Schwertfisch

»Schneller, Genosse Lord, schneller! Ich halte ihn am Schwanz fest; der Teufel soll ihn holen! Ich kann nicht mehr!«

»Skworeschnja! Was ist denn los?«

Der Zoologe stürzte aus dem Tangdickicht. Er wurde Zeuge eines ungewöhnlichen Schauspiels. Auf einer Lichtung stand neben einigen Maschinen, die unter durchsichtigen Hauben arbeiteten, die riesige Gestalt eines Mannes im Taucheranzug. Den Körper in äußerster Kraftanstrengung gekrümmt, hielt er mit einer Hand die Schlinge eines dicken Gummikabels, das zwei Hauben verband, umklammert. In die Schlinge hatte sich ein zwei Meter langer Hai festgebissen, den der Mann mit der anderen Hand an der Schwanzwurzel gepackt hielt. Der Haifisch hatte ein weit vorstehendes Maul, seine dunkelgraue raue Haut glich einem Reibeisen, die großen starren Augen funkelten vor Wut. Der Zoologe erkannte in diesem Tier sofort den Heringshai, dessen ungeheure Gefräßigkeit schon die Naturforscher der Antike in Staunen versetzt hatte. Die Nahrung dieses Hais sind gewöhnlich Heringe, wenn sie in riesigen Schwärmen aus den Meerestiefen emporsteigen und den Küsten zustreben, um zu laichen. Der Heringshai verfolgt aber auch alle anderen Fische, deren er habhaft werden kann. Er unterscheidet sich von seinem berüchtigten Verwandten, dem Menschenhai, nur durch seine geringere Größe.

Der Hai, den der Riese unter Anspannung aller Kräfte am Schwanz festhielt, krümmte sich und warf sich, ohne das Kabel loszulassen, hin und her.

Skworeschnja war bis zu den Knöcheln im Sand eingesunken. Sein gerötetes Gesicht war schweißbedeckt. Der Hai zerrte wütend am Kabel, konnte es aber den Händen Skworeschnjas nicht entreißen.

Der Zoologe zog sein Buschmesser und wollte sich auf den Hai stürzen.

»Die Handschuhe, Lord, die Handschuhe!«, brüllte Skworeschnja, von den Bewegungen des Fischschwanzes hin und her geworfen. »Das Messer nützt hier nichts.«

Der Zoologe blieb stehen. Wenige Sekunden später hatte er die Handschuhe über seine Hände gestreift und drückte beide Handflächen leicht gegen die Seiten des Haies. Wie von einem elektrischen Schlag getroffen, ging ein Zucken durch den Körper des Tieres; mit ungeheurer Kraft krümmte und streckte es sich. Skworeschnja und der Zoologe flogen wie Bälle zur Seite. Dann öffnete der Haifisch sein Maul und sank verendet auf den Meeresboden.

Der Zoologe sprang gleich wieder auf, aber Skworeschnja erhob sich nur mit Mühe, er wankte.

»Wie ist denn das geschehen, Skworeschnja?«

»Uff! – Ich muss erst einmal nach Luft schnappen … wenn Sie nur zwei oder drei Minuten später gekommen wären, dann … dann wäre es den Maschinen übel bekommen. Dieses verrückte Teufelsvieh sah in dem Kabel wohl eine Delikatesse. Begreifen Sie, Arsen Dawidowitsch, was mit dem Aggregat geschehen wäre, wenn der Hai das Kabel aus den Hauben herausgerissen hätte? Der Druck des eindringenden Wassers hätte die empfindlichen Maschinen sofort zerstört. Zuerst habe ich dieses Biest über das Maul und über die Augen geschlagen; es ließ das Kabel nicht fahren. Dann habe ich es mit der an- deren Hand am Schwanz gepackt. Ein verdammt starker Bursche!«

»Warum haben Sie denn nicht Ihre Handschuhe benutzt?«

»Weil ich das Kabel nicht loslassen wollte. Wer weiß, was er dann angerichtet hätte. Aber wo ist Pawlik? Ich hörte Sie beide sprechen. Ist er zurückgeblieben?«

Der Zoologe wurde unruhig.

»Ach, du meine Güte!«, rief er aus. »Ich hab ihn fast vergessen. Pawlik! Pawlik! – Warum antwortest du nicht? Pawlik …!«

Besorgt blickte er auf Skworeschnja. »Hören Sie auch nichts?«

Der Riese war sichtlich erregt. Wie immer in solchen Augenblicken sprach Skworeschnja ein Kauderwelsch aus russischen und ukrainischen Worten, das er seine »Muttersprache« nannte. Viele Umstände hatten dazu beigetragen, Skworeschnjas Sprache zu formen: seine Jugend im Gebiet Woronesh – er war in einem der kleinen Dörfer mit gemischter russischer und ukrainischer Bevölkerung geboren -‚ der Besuch einer russischen Mittelschule, seine große Vorliebe für russische Literatur, besonders für russische Dichter, seine nicht minder große Freude an den ukrainischen Dichtern Schewtschenko und Kotzjubinski und schließlich sein Dienst in der Kriegsmarine.

»Ich höre nichts«, sagte er schwer atmend und fügte verdrießlich hinzu: »Wo haben Sie denn den Jungen verloren?«

»Er blieb im Korallendickicht zurück, als ich zu Ihnen eilte, Skworeschnja. – Pawlik! Pawlik! So melde dich doch! – Er schweigt … Ihm ist etwas zugestoßen«, sagte der Zoologe, »laufen wir, Skworeschnja!«

»Sie hätten zu ihm zurückkehren sollen, anstatt zu mir zu kommen. Der Teufel hätte mich auch nicht geholt, wenn Sie noch ein paar Minuten später hier gewesen wären. Lassen Sie die Schraube an, ich folge Ihnen gleich.«

Er öffnete seine Tasche am Gürtel und drückte auf einen der zahlreichen Knöpfe. Man hörte eine Stimme:

»Hier spricht Oberleutnant Bogrow. Was gibt’s, Skworeschnja?«

Skworeschnja meldete: »Der an Bord des Schiffes genommene Junge Pawlik ist auf dem Wege zur Arbeitsstelle Nr. 6, der Korallenbank, wohin er gemeinsam mit dem Genossen Lordkipanidse ging, zurückgeblieben und hat sich im Korallendickicht verirrt. Er antwortet nicht auf Anruf. Genosse Lordkipanidse, den ich zu Hilfe gerufen habe, weil das Kabel und ich von einem Haifisch angefallen wurden, befindet sich jetzt hier. Ich bitte um die Erlaubnis, den Jungen zu suchen, und um meine Ablösung.«

»Gut, Skworeschnja«, lautete die schnelle Antwort, »gehen Sie sofort los! Die Ablösung schicke ich, warten Sie nicht darauf.«

»Zu Befehl, Genosse Oberleutnant!«

Skworeschnja griff nach einer kleinen Schaufel und bedeckte das Kabel mit Sand. Währenddessen hatte der Zoologe auf einen Knopf seines Steuergerätes gedrückt. Aus dem unteren Teil des Rückenbehälters schob sich ein dicker Schaft heraus, öffnete sich wie eine Blumenknospe und verwandelte sich in eine Schraube. Gleichzeitig rollten sich an den Beinen die metallenen Gamaschen auf und verwandelten sich in Seiten- und Höhenruder. Der Zoologe betätigte ein Hebelchen, die Schraube begann sich schnell zu drehen, und der Gelehrte sauste in schräger Körperlage mit geschlossenen Beinen davon. Mit dem Helm zerteilte er das Wasser und regierte die Ruder mit den Füßen. Einen Augenblick später jagte wie ein riesiger Torpedo Skworeschnja an ihm vorbei. Der Zoologe konnte sich eines Ausrufes der Bewunderung nicht enthalten, als er Skworeschnja vorübergleiten sah.

»Eine fabelhafte Erfindung, die dieser Krepin gemacht hat«, flüsterte er.

»Haben Sie etwas gesagt?«

»Ich? – Nichts?«

Er schämte sich, jetzt an etwas anderes als an Pawliks Rettung gedacht zu haben.

»Schneller, Lord, schneller!«

Der Zoologe holte Skworeschnja ein. Beide schoben die Hebel einige Teilstriche weiter und erhöhten so die Umdrehungszahl der Schrauben.

Die erschreckten Fische stoben vor diesen seltsamen Lebewesen nach allen Seiten auseinander. An der metallenen Schulter des Zoologen zerschellte ein kleiner Tintenfisch. Er stieß eine dunkle Sepiawolke aus, zuckte verendend mit seinen zehn Armen und sank langsam auf den Meeresgrund. Ein kleiner Hai tauchte auf und schoss auf die Taucher zu, floh aber sofort an die Meeresoberfläche.

Der Zoologe und Skworeschnja sicherten ihre Schrauben durch Schutzgitter und drangen in das Dickicht der riesigen Sargassotange ein, die wie dicke Bambusstäbe aufragten.

Als das Tangdickicht zu Ende war und der Korallenwald begann, fragte Skworeschnja:

»Wo sollen wir ihn denn hier suchen?«

»Auf der anderen Seite.«

Beide verlangsamten die Geschwindigkeit, schwammen am Rande der Korallenkolonie im Zickzack hin und her und späh ten angespannt in das Gewirr der bunten, dicht bevölkerten Büsche und Zweige. Aber Pawlik war nicht zu sehen. Die Taucher ließen sich tiefer hinab und sausten, die Zweigspitzen fast berührend, über dem Dickicht dahin.

»Pawlik! Pawlik! Wo bist du?«

»Antworte, Jungchen, wir sind hier!«

Plötzlich machte Skworeschnja eine scharfe Drehung, tauchte mit dem Kopf nach unten, zum Fuß einer hohen Korallensäule, und rief:

»Da liegt er! Er liegt wie tot da! Hierher, Lord! Furchtbar! Schauen Sie mal, mit wem er kämpfen musste!«

Der bestürzte Zoologe blieb einige Augenblicke unbeweglich stehen.

»Ein Schwertfisch!«, schrie er und ließ sich neben dem reglosen Pawlik auf die Knie nieder.

Ein großer, fast drei Meter langer Fisch mit einem schlanken, kräftigen Körper, einer sichelähnlichen Rückenflosse und einem ebenso geformten Schwanz hatte Pawlik beinah zur Hälfte unter sich begraben. Die raue Haut des Fisches zeigte auf dem Rücken ein seltsames rotblaues Muster, auf dem übrigen Körper herrschte Blau in allen möglichen Schattierungen vor. Der Bauch schillerte bläulich weiß, die Flossen waren graublau, der Schwanz blauschwarz, und sogar die runden, großen Augen waren dunkelblau.

Er hatte, wie die meisten großen Fische, eine teils dunkle, teils helle Beschuppung. Von oben konnte man den dunklen Rücken nur schwer erkennen, da er die Tönung des Wassers hatte. Blickte man ihn von unten, gegen den Schein des von oben eindringenden Lichtes an, so blieb der helle Bauch fast unsichtbar. Das Merkwürdigste bei diesem Fisch aber war das Schwert: Es war lang, scharfkantig und flach. Dieses Schwert, das nichts anderes ist als der Fortsatz des Oberkiefers, erreicht eine Länge von fast fünfundsiebzig Zentimetern. Mit dieser furchtbaren Waffe hatte der riesige Fisch Pawlik gestreift und sich während des rasenden Zustoßens in einem von Tang bedeckten Spalt einer Korallensäule festgeklemmt.

»Er wird den Jungen doch nicht getötet haben?«, sagte der Zoologe.

»Nein, Lord, er lebt!« erwiderte Skworeschnja mit fester Stimme, während er sich erhob. »Der Schwertfisch hätte ihn nur töten können, wenn es ihm gelungen wäre, den Taucheranzug zu zerstören. Aber der Anzug ist heil geblieben. Der Junge lebt! Das Biest dagegen war sofort tot.«

Skworeschnja hob Pawliks Arme hoch und bewegte sie hin und her.

»Heben Sie den Fisch an«, sagte der Zoologe, »ich ziehe den Jungen hervor.«

Das war bald geschehen. Der Zoologe untersuchte sorgfältig Pawliks Taucheranzug und entdeckte keine Beschädigungen. Nur das flache, längliche Kästchen an der rechten Seite war vom Gürtel gelöst und baumelte an einer Schnur herab.

Der Zoologe betrachtete noch einmal aufmerksam Pawliks blasses, lebloses Gesicht und bemerkte, wie unter der dünnen zarten Haut an der rechten Schläfe das Blut kaum merklich pulsierte.

»Er lebt, Skworeschnja! Er lebt!«

»Was hab ich Ihnen gesagt!«, antwortete der Riese mit freudigem Lächeln, ohne seinen Blick von Pawliks Gesicht zu wenden.

Der Zoologe öffnete rasch die Tasche an Pawliks Gürtel und drückte auf einen Knopf.

»Etwas zusätzlicher Sauerstoff«, sagte er, »wird ihn bald zu sich bringen. Jetzt sind auch seine Wangen nicht mehr so blass. Ausgezeichnet! – Pawlik! Pawlik! Hörst du mich, Kleiner? Antworte doch!«

Der Junge öffnete die Lider. Er schaute mit leerem Blick auf den Zoologen; plötzlich verzerrte sich sein Gesicht angstvoll, aber als er Skworeschnja erkannte, lächelte er schwach.

»Siehst du, jetzt ist alles wieder in Ordnung«, fuhr der Zoologe fort. »Trinke etwas Kakao aus der Thermosflasche, und dir wird es gleich wieder gut gehen.«

Er drückte auf einen anderen Knopf in Pawliks Tasche, und sofort schob sich am Kragen des Jungen aus dem Taucher- heim ein gekrümmtes Röhrchen und blieb mit seinem abgerundeten Ende vor Pawliks Mund stehen.

»Trinke, Jungchen, trinke!«, sagte der Zoologe zärtlich. »Es wird dir bestimmt guttun.«

Pawlik nahm das Röhrchen in den Mund und schluckte ein paar Mal. Dabei blickte er zufällig zur Seite und entdeckte den mächtigen Körper des Schwertfisches. Entsetzen malte sich auf dem Gesicht des Jungen. Skworeschnja lachte und legte ihm die Hand auf die Schulter.

»Du bist jetzt ein Held, Pawlik! Sieh mal, was für ein Ungeheuer du getötet hast! Ein tüchtiger Junge!«

»Ich hatte kaum Zeit, den Fisch richtig zu sehen«, antwortete Pawlik. »Er stürzte so schnell auf mich zu …«

»Jetzt aber rasch nach Hause, Skworeschnja! Wir müssen uns beeilen …«, ließ sich der Zoologe hören.

»Geht in Ordnung, Lord!« erwiderte Skworeschnja gut gelaunt.

Eine Minute später drehten sich schon über Skworeschnjas und des Zoologen Rücken die Schrauben. Skworeschnja bettete den Jungen an seine Brust.

In den Armen des Riesen fühlte sich Pawlik wie in einer Wiege. Alle drei kamen schnell voran. Sie überquerten den flachen Hang am Fuße des Korallendickichts und verschwanden in den dunklen Tiefen des Ozeans.

 

Sechshundertundfünfzig Meter unter der Meeresoberfläche bohrte sich der Lichtkegel eines Scheinwerfers wie ein riesiger, glänzendblauer Tunnel durch die dichte, samtschwarze Finsternis. Das äußerste Ende des Strahles glänzte wie ein Tropfen geschmolzenen Metalls, während sich das Licht in der Nähe des Scheinwerfers glockenförmig ausbreitete und allmählich von der Dunkelheit ringsumher verschluckt wurde.

Der Zoologe und Skworeschnja mit Pawlik schwammen in einiger Entfernung vom Lichttunnel. Ein schwacher, bläulicher Widerschein lag auf ihren Gesichtern und auf den metallenen Taucheranzügen. Im Innern des Tunnels sah man die Schattenrisse von Fischen. Die Tiere tauchten plötzlich aus dem Nichts auf, stoben auseinander oder verharrten, wie verzaubert von dem ungewohnten Licht, lange auf einer Stelle.

Der Zoologe wandte seinen Blick vom Strahl des Scheinwerfers ab, und es schien ihm, als sehe er um sich einen seltsamen, von Sternen übersäten schwarzen Himmel, der zum Zenit hin kaum merklich heller wurde.

Diese blauen, roten, grünen und silbrigen Sterne flogen, aufleuchtend und wieder verlöschend, in allen Richtungen dahin. Einzeln oder manchmal auch zu funkelnden Ringen, perlenbesetzten Diademen und buntfarbigen, phosphoreszierenden Girlanden vereint, durcheilten sie den unterseeischen Raum.

Der Zoologe vermutete, dass die im Strahl des Scheinwerfers leuchtenden Pünktchen, Flecke und strichförmigen Gebilde Tiere waren, die ihm nur zum Teil als zufällige Ausbeute beim Fischen mit Grundschleppnetzen und als seltene Gäste meereskundlicher Forschungsinstitute bekannt waren. Meist sah er seltsame Lebewesen, denen er bisher noch nie begegnet war.

Alles, was der Zoologe in so kurzer Zeit mithilfe des wunderbaren Schiffes kennengelernt hatte, zeigte ihm, wie begrenzt und zufällig bisher die Kenntnisse der Wissenschaft vom Meer und vom Leben in ihm waren. Erst jetzt, nachdem dieses Schiff Wirklichkeit geworden war, hatten die Ozeanografie, die Physik, die Chemie und die Biologie des Meeres eine ungeahnte Entwicklung vor sich. Arsen Dawidowitsch Lordkipanidse war glücklich bei dem Gedanken, dass gerade er als Erster frei und unmittelbar das Meer und sein Leben erforschen konnte.

Für die ganze Strecke vom Korallenwald bis zum U-Boot – das waren etwa zehn Kilometer – hatten der Zoologe und Skworeschnja nur zehn Minuten gebraucht.

Sie näherten sich der Steuerbordseite des U-Bootes. Aus der Mitte des Bootes erhellte ein Scheinwerferstrahl mit der enormen Lichtstarke von zwölf Milliarden Kerzen die Tiefe. Hier gleißte der Lichttunnel wie Erz beim Anstich. Bis zu einer Entfernung von hundert Metern konnte kein einziges Lebewesen diese ungeheure Lichtfülle ertragen. Geblendet und für längere Zeit gelähmt, sanken die zufällig in den Lichtkegel geratenen Tiere hilflos auf den Meeresgrund.

Der Zoologe und Skworeschnja stellten mit der Hauptwache des U-Boots Funkverbindung her und schwammen langsam bis unter den Scheinwerfer. An der gerippten Schiffswand klappte eine metallene, an den Seiten mit einem Schutzgitter versehene Plattform herunter und blieb in horizontaler Lage hängen. Gleichzeitig schob sich hinter der Plattform die Schiffswand auseinander. Eine viereckige Kammer wurde sichtbar, die von hellem elektrischem Licht erleuchtet war. Skworeschnja betrat, Pawlik auf den Armen, als Erster die Wasserkammer. Ihm folgte der Zoologe, der, nachdem sich beide in der Kammer befanden, auf einen rot leuchtenden Knopf rechts von der Eingangsöffnung drückte. Die Plattform klappte wieder zurück. Die dicken Metalltüren schoben sich mit ihren Rändern so fest zusammen, dass man nur mit Mühe die Verbindungsnaht sehen konnte. In der gegenüberliegenden Wand sah man einige eingebaute Geräte mit Zifferskalen, Zeigern und gläsernen Röhrchen.

Etwa zehn oder fünfzehn Minuten später war in der Kammer kein Tropfen Wasser mehr.

»Wie hoch ist der Druck, Lord?«, fragte Skworeschnja ungeduldig.

Der Zoologe näherte sich den Messgeräten und schaute auf einen Zeiger.

»Nur noch achtzehn Atmosphären«, antwortete er. »Gleich wird der Luftdruck normal sein, und wir werden die Taucheranzüge ablegen können.«

Er blickte einige Zeit auf die Messgeräte, öffnete dann seine Seitentasche und drückte auf einen Knopf. Im gleichen Augenblick drang in die Saugvorrichtung, die den Helm auf den Kragen des Taucheranzuges presste, Luft ein, und der Zoologe nahm schnell seinen Helm ab.

Anschließend entnahm er der Tasche eine an einer Schnur befestigte Kupfernadel. Er drückte auf einen winzigen Knopf am Griff der Nadel und fuhr mit ihrer Spitze von oben nach unten über die Nähte in der Mitte des Taucheranzuges und dann über die von den Hüften bis zu den Füßen und um die Taille führenden Nähte. Der Taucheranzug öffnete sich an diesen Nähten, und der Zoologe befreite sich nach und nach von seiner metallenen Kleidung. Auf die gleiche Art entledigten sich auch Skworeschnja und Pawlik ihrer Anzüge.

Jetzt öffnete sich in der hinteren Wand eine Tür, und ein hagerer junger Seemann in weißer Uniformjacke und schwarzen Hosen stürzte in die Kammer. Seine dunklen Haare waren glatt gekämmt; er trug einen sorgfältig gezogenen Seitenscheitel, nur über der Stirn ragte widerborstig eine Haarsträhne hervor.

»Was ist mit Pawlik?«, rief er, während er auf Skworeschnja zueilte.

»Nichts Schlimmes, Marat Moissejewitsch«, antwortete Pawlik selbst und lief dem jungen Seemann entgegen.

»Nicht so stürmisch …«, dämmte der Zoologe die Unbekümmertheit des Jungen. »Entkleide ihn schnell, Marat, und bringe ihn in die Lazarettkammer. Ich werde ihn gleich untersuchen.«

Ein zweiter junger Seemann betrat die Kammer. Er war untersetzt, schwarzhaarig und hatte ein bronzefarbenes Gesicht von mongolischem Typ. Seine schmalen schräg gestellten Augen musterten voller Sorge die Taucher.

»Zoi!«, rief ihm Pawlik strahlend entgegen, ohne ihn zu Worte kommen zu lassen. »Ich habe dir eine interessante Schnecke mitgebracht. Ich bin gesund und munter. Arsen Dawidowitsch sagt, dass es eine neue Schnecke ist. Aber sie bewegt sich kaum. Arsen Dawidowitsch möchte, dass du sie untersuchst.«

»Ach, du meine Güte!« Zoi lachte und zeigte dabei zwei Reihen prächtiger schneeweißer Zähne. »Du erzählst mir ja gleich einen ganzen Roman. Schön, dass dir nichts passiert ist. Nun, wir wollen dich erst untersuchen, mein kleiner Held.«

Alle fünf verließen die Kammer und betraten eine Welt blitzenden Metalls, ungewöhnlicher, geräuschlos arbeitender Maschinen und Getriebe.

Fortsetzung folgt …