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Captain Concho – Band 16

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 16
Der große Yankee-Trick

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertrugrul Edirne / Becker-Illustrators
Extras: Karte mit Kurzinformationen über die »Virginia-Schlachten« in den Jahren 1861 und 1862

Kurzinhalt:
Am James River wimmelt es von feindlichen Spionen. Die Yankees bereiten den ganz großen Schlag vor gegen General Lee und Jefferson Davis, den Präsidenten der Südstaaten. Nicht nur Spione, sondern auch Verräter aus den eigenen Reihen arbeiten mit heimtückischen Tricks. Nichts bleibt Captain Concho erspart, nachdem er die Jagd auf die unbekannten Gegner aufgenommen hat. Er gerät in ihre Gewalt, wird aufs Tiefste gedemütigt. Mit aller Macht wollen sie ihn zwingen, zum Verräter an der Sache des Südens zu werden. Doch sie haben nicht mit Captain Conchos todesverachtender Entschlossenheit gerechnet …

Leseprobe:

Die Fahne der Konföderation wehte über dem Appellplatz von Fort Gregg, auf dem zwei Rekruten-Kompanien in Corporalschaften aufgeteilt exerzierten.

Den Männern wurden die Grundbegriffe des Soldatseins beigebracht. Sie übten Gewehrgriffe, Marschieren, Wenden – linksum, rechtsum, Abteilung kehrt, und hinten auf dem Schießstand übten sie Zielen und gaben die ersten scharfen Schüsse auf Scheiben und Pappkameraden ab.

Das war ein Krachen und Bolzen, mit dem das infernalische Geschrei der Corporale und Sergeanten wetteiferte.

Captain Conchos Männer waren als Ausbilder eingeteilt.

Auch Corporal Forscreek und Corporal Finnewacker hatten jeder eine Corporalschaft zugewiesen bekommen.

Sie drillten ihre Männer im Marschieren. In zackiger Haltung marschierten sie beide am Ende ihrer Corporalschaft über den Platz und begegneten sich jedes Mal am Flaggenmast.

»Links, links, links, zwo, drei, vier!«, brüllten sie aus voller Kehle und übertönten damit mühelos den Marschtritt ihrer Rekruten.

Sie verstummten nur, wenn sie aneinander vorbeistolzierten. Da grinsten sie beide, da lachte ihnen das Herz und ihre Augen leuchteten. Hei, war das ein Soldatenleben!

Finnewacker war stellvertretender Zugführer. Jeden Morgen musste er den Zug antreten lassen. Wenn er die Männer zum Appell herausrief, da pfiff er nur durch die Finger – und die vierzig Rekruten spritzten. Wie ihm das gefiel!

Captain Concho und Lieutenant Benson standen vor der Kommandantur, in der Generallieutenant Lauterdale, ihr alter Bekannter, sein Quartier aufgeschlagen hatte.

Sie waren beide zum Rapport befohlen, warteten auf den Ordonnanzoffizier, der sie zu Lauterdale führen sollte, und sahen dem Treiben auf dem Appellplatz zu.

Dem langen Lieutenant gefiel das alles nicht. »Wir werden doch wohl einen Einsatzbefehl kriegen, oder ist das jetzt unser Schicksal, dass wir bis Kriegsende in diesem verdammten Fort versauern?«

Captain Concho schmunzelte. »Wenn ich Finnewacker so beobachte – dem gefällt es.«

»Finnewacker!«, meinte Benson trocken. »Den kannst du in den dicksten Schlammassel schicken, auf eine Hühnerfarm oder in ein Bordell. Er findet sich überall zurecht. Ich wette, er macht sogar aus Niggern mit Freude stramme Soldaten.«

»Wie er sich in einem Bordell gibt, weiß ich nicht«, versetzte Concho ebenso trocken. »Hier aber lebt er auf. Er ist der geborene Ausbilder.«

»Captain Concho, Lieutenant Benson!«, ertönte hinter ihnen eine forsche Stimme.

Sie drehten sich um. In straffer Haltung stand der Ordonnanzoffizier vor ihnen’. Sam Concho nickte.

»Seine Exzellenz, der Generallieutenant, erwartet die Gentlemen!«, schnarrte der Fähnrich.

Was für ein Ton hier so weit hinter der Front herrschte! Captain Concho und Lieutenant Benson sahen sich an und folgten dem blutjungen Dachs.

»Die Rekruten bilden wir aus!«, raunte der lange Lieutenant. »Aber nur diesen einen verdammten Jahrgang. Dann gehen wir mit denen an die Front.

Lauterdale für uns nichts anderes hat.« »Ich denke daran!«, erwiderte der Captain lächelnd.

Der Generallieutenant saß am Kartentisch und unterhielt sich mit einem älteren Colonel. Als die beiden jungen Offiziere salutierten, ruckte er herum. Über sein glatt rasiertes, leicht gerötetes Gesicht glitt ein Lächeln.

»Captain Concho wie befohlen zur Stelle, Exzellenz!«

»Lieutenant Benson, Sir!«

Lauterdale erhob sich: »Concho, mein lieber Concho!« Beide Hände streckte er vor, gab ihm die Hand und ergriff ihn am Arm. »Ich freue mich, Sie zu sehen. Wie geht es Ihnen?«

»Danke, prächtig, Exzellenz!«

Lauterdale hatte sich bereits Benson zugewandt. »Lieutenant!« Auch ihm gab er die Hand und fasste ihn am Arm, um einer gewissen Herzlichkeit Ausdruck zu geben. »Sie sind größer geworden.« Während er Benson am Arm hielt, wandte er sich dem Colonel zu. »Ich darf Ihnen hier die Helden von Port Isabel und Galvestone vorstellen, Colonel! – Lieutenant Benson und Captain Concho.« Er ließ Benson los und wies auf den Colonel. »Gentlemen, Colonel Baxley!«

Concho und Benson knallten die Sporen aneinander und salutierten. Der Colonel nickte gnädig.

Lauterdale, den Captain Concho und Benson bereits kannten, als er noch Major gewesen war, staunten. Ein großer und stattlicher Mann war der Generallieutenant schon immer gewesen. Nun war er dick geworden. Er besaß einen mächtigen Bauch und war auch im Gesicht füllig.

Der Colonel war ein freundlicher älterer Gentleman, der schon von der Gestalt her eher in einen Bratenrock passte als in eine Uniform. Bieder wie ein Schullehrer wirkte er. Den Eindruck hatten sie jedenfalls beide.

»Captain Concho, zu Ihnen später«, sagte Lauterdale, faltete die Hände unter dem mächtigen Leib und wandte sich Benson zu. »Lieutenant, wir alle kennen Ihre Verdienste und wir wissen dies auch zu würdigen. Aus diesem Grund fällt Ihnen eine wichtige Aufgabe zu.«

Er drehte sich um und griff nach einer Mappe.

Benson reckte sich und strahlte, tauschte mit Concho einen knappen Blick und schaute den Generallieutenant erwartungsvoll an.

Lauterdale blätterte in der Mappe. »Ich habe mich mit den Gentlemen meines Stabes lange und gründlich beraten, und ich bin zu der Ansicht gelangt, dass allein Sie der richtige Offizier für diese Aufgabe sind.«

Benson bekam vor Eifer rote Ohren, und Captain Concho war sich sofort darüber klar, dass er Benson jetzt verlieren würde, weil er eine Schwadron oder gar ein Bataillon erhielt.

»Hier sind sechs Gerichtsurteile, die ich Ihnen zur Einsichtnahme über, gebe«, sagte Lauterdale und reichte Benson die Mappe, der sie an sich nahm und sich wieder reckte.

Lauterdale fixierte ihn. »Lesen Sie die Akten und Urteile, denn es wird für Sie aus Gewissensgründen und wegen eventueller moralischer Bedenken wichtig sein, dass Sie über diese Personen genau informiert sind. Diese Leute sind morgen früh zu füsilieren, und Ihnen erteile ich hiermit den Befehl, die Hinrichtung zu leiten. Es handelt sich um Personen, die aus dem Norden stammen und hinter unseren Linien marodierten, die der Sabotage überführt und denen Plünderungen, Mord und Vergewaltigungen nachgewiesen wurden. Die Exekution findet nach den Weisungen der Heeresdienstvorschrift statt. Melden Sie sich bei Major Cramer. Er wird Sie genau informieren und Ihnen auf alle Fragen Auskunft geben. Eine Einheit ist für die Hinrichtung nicht bestimmt worden. Wir überlassen es Ihrer Erfahrung und Ihrem Geschick, die richtigen Männer dafür zu bestimmen. Aber das wird der Major alles mit Ihnen besprechen.«

Wie ein begossener Pudel stand Lieutenant Benson da. Mit allem hatte er gerechnet, nur nicht damit. Auch Captain Concho war geschockt.

Benson verlor jegliche Farbe. Harte Linien kerbten sein Jungengesicht. Er riss die Sporen zusammen. »Exzellenz, ich glaube nicht, dass ich dazu …« Die Stimme versagte ihm den Dienst.

Lauterdales freundliche Miene verschloss sich. »Bitte? Wie, Lieutenant?«, fragte er streng.

»Ich habe so etwas noch nie … ich glaube … ich habe … ich kann mir nicht vorstellen …«

Benson war völlig aus der Fassung. So hatte ihn Captain Concho noch nie erlebt.

»Was reden Sie da, Lieutenant!«, fuhr ihn Lauterdale an. »Ich habe Ihnen eben erklärt, dass wir Sie für einen der fähigsten Offiziere halten und nach reiflicher Überlegung zu der Überzeugung gelangt sind, dass wir keinen geeigneteren Offizier für diese Aufgabe finden können.

Benson wandte sich Captain Concho zu. »Captain, ich bitte Sie, als meinen unmittelbaren Vorgesetzten mir zu helfen, seine Exzellenz davon zu überzeugen, dass ich dazu nicht …

»Lieutenant! «‚ bellte Lauterdale unfreundlich. »Das alles ist nicht dienstliche Angelegenheit des Captains. Sie sind Offizier, und Sie haben einen Befehl erhalten. Wir befinden uns im Krieg! Sie können über diesen Befehl hier nicht diskutieren. Treten Sie ab, und melden Sie sich bei Major Cramer.«

Benson streifte Captain Concho mit einem Hilfe erheischenden Blick und salutierte dann.

»Exzellenz, ich melde mich ab!« Lauterdale nickte nur.

Benson machte kehrt und schritt wie ein geprügelter Hund zur Tür.

»Nun zu Ihnen, mein lieber Concho!« Lauterdale hatte seine joviale Art sofort wieder gefunden. »Setzen Sie sich!« Er nahm selbst wieder Platz.

Sam Concho blieb stehen. »Darf ich mir eine Bemerkung erlauben, Exzellenz?«

»Bitte! Bitte! Aber nehmen Sie doch Platz, mein lieber Concho!«

Captain Concho musste sich erst räuspern, ehe er sprechen konnte. »Ich kenne Lieutenant Benson. Seit Beginn des Krieges ist er mein Schwadronoffizier.«

»Das geht Sie nichts an, Concho! Also kümmern Sie sich gefälligst auch nicht darum.« Lauterdales Miene war geradezu eisig. »Ich bin überrascht, um es gelinde auszudrücken. Wie kann ein Offizier Ihres Formates auf den Gedanken kommen, mit seinem Kommandeur über dessen Befehle zu diskutieren. Concho! Kontenance, verdammt noch einmal!«

»Zu Befehl, Exzellenz!«

»Schluss nun damit! Setzen Sie sich!«

(wb)