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Wilder Westen Band 1

Tod in den Lava Beds

Krieg und Untergang der Modocs – Stationen einer indianischen Tragödie

Es war ein eiskalter Tag.
Schnee lag auf den braunen Hügeln von Nordkalifornien und fast alle Flüsse und Bäche des Landes waren zugefroren, als sich Major James Jackson mit achtunddreißig Soldaten der First Cavalry beinahe lautlos auf das schlafende Indianerlager zubewegte.
Kurz vor ihrem Ziel ließ der Major seine Abteilung hinter einer schneebedeckten Hügelkette anhalten. Dahinter lag der Lost River und dort befand sich das Zeltlager der ahnungslosen Modocs. Der Stamm hatte sich hierher zurückgezogen, um in der Abgeschiedenheit des Lost River Valleys sicher und warm zu überwintern.
Aber die Soldaten hatten an diesem nasskalten Novembermorgen mit den Modocs ganz andere Pläne. Ihr Auftrag lautete, die Indianer wieder ins Reservat Klamath umzusiedeln, notfalls mit Gewalt.
Major Jackson hatte dabei vollkommen freie Hand, was den Umgang mit den Indianern betraf. Er konnte mit ihnen tun und lassen, was er für richtig hielt, nur eines durfte er nicht; unter keinen Umständen die Modocs hier weiterhin siedeln zu lassen.
Inzwischen war einfach zu viel geschehen.
Die Jagdgründe der Modocs am Tula Lake waren einst grenzenlos wie der Himmel. Es gab genügend Rehe, Antilopen, Wasservögel, Fische und Camaswurzeln für alle und der Boden war fruchtbar und ertragreich. Deshalb hatten die Indianer anfangs auch nichts gegen die weißen Siedler, die nach dem Ende des Bürgerkrieges in immer größerer Zahl ins Land strömten. Im Gegenteil, Kintpuash, ihr Häuptling, mochte die Weißen, ihre Kleider, ihre Häuser, ihren Lebensstil und so dauerte es nicht lange, bis die Modocs in ihre Siedlungen kamen, um dort Handel zu treiben und Waren zu tauschen.
Aber schon bald mehrten sich die Stimmen, die Armee und Politiker aufforderten, endlich dafür zu sorgen, dass die Indianer das Land verließen. Zum Teufel mit den Modocs! Mit welchem Recht beanspruchten diese Wilden eigentlich eine der fruchtbarsten und wildreichsten Regionen des ganzen Landes für sich alleine?
Diese roten Heiden wussten seinen Wert doch überhaupt nicht zu schätzen.
Die Stimmen wurden lauter und so dauerte es nicht lange, bis die Modocs genötigt wurden, einen Vertrag zu unterschreiben, der sie zwang, in das Reservat Klamath umzusiedeln.
Das war der Zeitpunkt, an dem die Tragödie des kleinen Volkes begann.
In dem Reservat lebten die KlamathIndianer, die Erbfeinde der Modocs. Sie betrachteten die Modocs als Eindringlinge, zumal die Regierung die zugeteilten Rationen an Waren und Lebensmitteln nach deren Zuzug nicht erhöhte. Deshalb sorgten sie dafür, dass die Modocs bei ihrer Verteilung meistens leer ausgingen. Als Kintpuash sah, wie seine Leute hungerten, verließ er mit ihnen das Reservat wieder und ging nach Süden ins Lost River Valley, wo sie früher gelebt hatten. Die weißen Rancher und Farmer, die inzwischen das Tal unter sich aufgeteilt hatten, beschwerten sich daraufhin sofort bei den Regierungsbehörden.
Im Sommer 1872 forderte das Indian Bureau Kintpuash auf, wieder ins Reservat Klamath zurückzukehren. Doch der Häuptling bat, den Modocs irgendwo am Lost River ein Stück Land zur Verfügung zu stellen, da sie mit den Klamaths nicht zusammenleben konnten. Der Kommandant der Militärregion Pazifik, General Edward Canby, zeigte zwar Verständnis für ihre Situation, aber die Rancher protestierten erneut dagegen, den Modocs einen Teil des fruchtbaren Weidelandes zu überlassen, obwohl es eigentlich rechtmäßig immer noch den Indianern gehörte.
Canbys Vorgesetzte in der Regierung gaben dem Druck der weißen Rancher und Siedler schließlich nach und wiesen im Herbst 1872 die Modocs an, endgültig ins Reservat Klamath zurückzukehren. Als sich Kintpuash erneut weigerte, erhielt die Armee den Auftrag, die Indianer mit Gewalt umzusiedeln. Der Befehl dazu wurde Major Jackson übertragen.
Jackson war eigentlich alles andere als ein großer Indianerkämpfer, im Gegenteil, insgeheim bewunderte er sogar den roten Mann. Aber der Major war nun mal Soldat und ein Soldat gehorchte Befehlen.
Inzwischen war Schneeregen aufgekommen und es wurde von Minute zu Minute kälter.
Major Jackson starrte einen Moment lang nachdenklich auf die Hügelkette, hinter der sich das Indianerlager befand. Dann zuckte er mit den Schultern, als ob ihm soeben bewusst geworden war, dass er an dem, was nun geschah, sowieso nichts mehr ändern konnte. Seufzend stieg er vom Pferd und erteilte den Soldaten letzte Anweisungen.
»Also gut«, sagte Jackson abschließend und wandte sich danach an seine beiden Offiziere. »Dann wollen wir mal, meine Herren. Jeder vierte der Männer bleibt bei den Pferden und als Rückendeckung zurück, alle anderen kommen mit mir. Wir werden als Erstes das Dorf umzingeln, dabei hat jedermann seinen Karabiner schussbereit in den Händen zu halten. Geschossen wird aber nur, wenn ich den Befehl dazu erteile, verstanden?«
Die Männer sagten kein Wort, sie salutierten nur.
Der Major drehte sich um, hob eine Hand und gab das Signal zum Aufbruch.
Die genagelten Stiefelsohlen der Soldaten knirschten in der Morgendämmerung bei jedem Schritt beinahe überlaut auf dem gefrorenen Boden und deshalb wurde es im Lager der Indianer auch rasch lebendig, während sie die Wigwams umzingelten.
In den Tipis der Modocs entstand Bewegung.
Die Dorfhunde begannen zu bellen, hier und da wurden die ersten Eingangsklappen der Zelte zurückgeschlagen und einige halbangezogene Indianer starrten neugierig ins Freie.
Als die Soldaten das Lager umstellt hatten, versammelten sich mehrere bewaffnete Modocs in der Dorfmitte und riefen immer wieder aufgeregt dieselben Worte zu der Phalanx der bewaffneten Soldaten hinüber.
»Können Sie mir vielleicht erklären, was das zu bedeuten hat?«, wollte Major Jackson von seinem Scout wissen. »Ich verstehe kein Wort von ihrem Kauderwelsch.«
»Das da vorne ist Scarfaced Charley«, erklärte der Mann und deutete dabei auf einen entsetzlich vernarbten Indianer, der offensichtlich der Wortführer der Männer war. »Er ist einer der Unterhäuptlinge des Stammes und will wissen, was wir hier wollen.«
»Dann sagen Sie ihm, dass ich mit ihrem obersten Häuptling sprechen will, und zwar sofort.«
Der Scout nickte und trat ein paar Schritte nach vorne.
Dann richtete er einige Sätze an Scarfaced Charley, wobei er meist Worte und Begriffe im Modocdialekt benutzte. Er sprach dabei schnell und mit nervösen Gesten, als würde ihm die Situation nicht behagen. Während sich die Indianer noch beratschlagten, erschien am östlichen Lagerrand eine Gestalt, die zielstrebig auf den Major zulief.
»Wer ist der Kerl?«, wollte Frazier Boutelle wissen.
Der Offizier stand an Jacksons rechter Seite und wippte arrogant in den Stiefeln, während er den herankommenden Indianer mit geringschätzigen Blicken musterte.
Der Scout verzog missmutig das Gesicht. Er hatte den hochnäsigen Leutnant noch nie besonders leiden können, aber als Rangniederer konnte er ihm eine Antwort nicht verweigern.
»Dieser Kerl da, wie Sie ihn nennen, ist der oberste Häuptling der Modocs. Sein indianischer Name ist Kintpuash, unter den Weißen ist er besser bekannt als Captain Jack.«
»Captain Jack?«, echote Boutelle herablassend. »Seit wann ist es in diesem Land erlaubt, dass sich die Wilden mit Offiziersrängen schmücken dürfen?«
»Seit ihn die Siedler; die seinen indianischen Namen nicht aussprechen können, so genannt haben«, antwortete der Scout spröde. »Er trug damals bei den letzten Friedensverhandlungen eine Armeejacke, die ihm irgendeiner der Soldaten geschenkt hatte.«
Boutelle brummte ein paar unverständliche Worte, die bestimmt keine Freundlichkeiten waren, und betrachtete den Indianer erneut, diesmal allerdings etwas eingehender.
Kintpuash war ein gutaussehender, stattlicher Indianer mit einem sanftmütigen Gesicht und melancholisch dreinblickenden Augen. Er trug sein Haar in der Mitte gescheitelt und für einen Indianer ungewöhnlich kurz und schmucklos. Der Rest seiner Gestalt war an diesem nasskalten Morgen unter einer derben, viel zu weiten Jacke und einer dunklen Stoffhose verborgen.
Unbeeindruckt ob der bewaffneten Soldaten baute er sich vor Jackson auf und fragte den Offizier in schwerfälligem, aber fehlerfreiem Englisch nach dem Grund seines Hierseins.
»Der große weiße Vater schickt mich«, antwortete der Major und breitete salbungsvoll die Hände aus. »Er macht sich Sorgen um dein Volk. Obwohl man euch schon mehrmals darum gebeten hat, wieder zurück ins Reservat zu kommen, lebt ihr verbotenerweise noch immer in diesem Tal. Du weißt, dass dieses Land eigentlich den weißen Ranchern und Farmern gehört. Diese Leute sind inzwischen sehr wütend und tragen alle Waffen. Deshalb wurde mir befohlen, dich und dein Volk wieder ins Reservat Klamath zurückzubringen, bevor noch Schlimmeres geschieht.«
»Aber wir können nicht in dieses Reservat zurück. Dort leben die Klamath, sie sind unsere Feinde, sie lügen und betrügen uns, wo sie nur können. Sie stehlen unser Feuerholz, verbieten uns zu jagen und schlagen meine Leute.«
Jackson nickte wissend, er hatte von diesen und ähnlichen Dingen bereits gehört.
»Das wird nicht mehr passieren, ich werde mit der Reservationsverwaltung reden. Du hast mein Wort. Aber jetzt genug geredet, packt eure Sachen zusammen und lasst uns aufbrechen, bevor es noch kälter wird.«
»Gut«, erwiderte Captain Jack nach einem Moment des Nachdenkens. »Dann werde ich diesmal mitgehen. Ich werde alle meine Leute mitnehmen, aber von jetzt an wird kein Modoc mehr Vertrauen zu dem haben, was ihr Weißen uns sagt.«
»Wie meinst du das?«
»Das fragt ihr noch? Ihr kommt hier in mein Lager, wenn es noch dunkel ist, und erschreckt unsere Frauen und Kinder. Ihr tragt alle Waffen, was soll das? Ich laufe nicht vor euch weg. Kommt wie Männer zu mir, wenn ihr mich sehen oder sprechen wollt.«
»Hör zu, ich will keinen Streit mit euch«, entgegnete Jackson beschwichtigend. »Aber ich muss darauf bestehen, dass ihr jetzt alle aus euren Zelten kommt. Ich muss dem Großen Vater berichten, dass alle von deinen Leuten ins Reservat zurückkehren werden.«
Jack drehte sich um und rief einige Worte zum Lager hinüber, die mehr gegrunzt als gesprochen klangen. Kurze Zeit später hatten sich alle Dorfbewohner in einer langen Reihe vor den Soldaten aufgestellt, insgesamt siebzig Krieger mitsamt ihren Familien.
Viele der Kinder weinten, während ihre Eltern in dem immer stärker werdenden Schneeregen beinahe stoisch vor den Augen der Soldaten verharrten.


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