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Halloween-Sonderveranstaltung im Wiesbadener Lesecafé

Halloween-Sonderveranstaltung im Wiesbadener Lesecafé

Am 26. Oktober 2013, nur wenige Tage vor Samhain, dem keltischen Fest, welches den Beginn des Winters und damit die dunkle Jahreszeit einläutet und durchaus Parallelen zum katholischen Allerheiligen oder dem angelsächsischen All Hallows Eve aufweist, lud das Wiesbadener Lesecafé zu einer ganz besonderen Veranstaltung ein, nämlich einer Sonderlesung unter dem Motto Halloween, zu der gleich 5 Autoren als Gäste gewonnen werden konnten. Eine Premiere nicht nur hinsichtlich der Anzahl der Vortragenden, sondern auch des zeitlichen Umfangs. Mit Einlass ab 15:00 Uhr und Beginn um 16:00 Uhr, wie immer bei kostenfreiem Eintritt, wurden die Besucher (in der Spitze waren immerhin 23 Köpfe zu zählen), bis zum offiziellen Ende um 21:45 Uhr bestens unterhalten und erlebten eine facettenreiche Veranstaltung dunkler Phantastik.

Nach den einleitenden Worten von Organisatorin Juliane Seidel, die die Anwesenden auf phantastische und gruselige Lesestunden einstimmte, machte Sandra Baumgärtner den Anfang mit den Worten: »Um Mitternacht bist du tot!« Sandra, die selbst betitelte Böse Vampiröse, las aus Band 2 ihrer Saga um die Vampirin Seraphim mit dem Titel Mea Culpa (Band 1: Carpe Noctem) u.a. eine Szene, in der die Vampirin Dana Kayran auf einer Party ihres Bruders Leander auf einen mysteriösen Voodoo-Priester trifft.
Die Geschichte um Schuld, Rache und Vergeltung, gewürzt mit einer Prise Erotik, weist zudem eine gehörige Portion Lokalkolorit auf, spielt sie doch in Trier (nicht Geburts-, aber Heimatstadt der Autorin), Marburg und Leipzig.
Im Anschluss an ihre Lesung plauderte Sandra mit den Besuchern noch über Schreibprozesse und ihre Abenteuer mit ihrem Verleger vor einer Buchpremiere, wobei sie zur Illustration Letzterer eine E-Mail-Korrespondenz zum Besten gab, die sie gemeinsam mit Diana Menschig vorlas.
Nicht unerwähnt bleiben soll die phantastische Covergestaltung der Romane durch den Künstler Oliver Wetter und seine Fantabulous Visions.
Band 3 der Vampirsaga ist übrigens in Vorbereitung und wird den Titel Veritas Obscura tragen.

Diana Menschig, die zweite Autorin in der running order, stellte als Erstes ihren Roman Hüter der Worte aus dem Jahre 2012 vor. Darin geht es um den aufstrebenden Fantasy-Autor Tom Schäfer, der unter einer Schreibblockade leidet und sich plötzlich in der Welt seines Buches wiederfindet.
Den Hauptteil ihrer Lesung bestritt Diana aber mit Auszügen aus ihrer Kurzgeschichte Nicht am Glanz erkennt man wahre Werte – XV Der Teufel, enthalten in der von Fabienne Siegmund herausgegebenen Anthologie Das Tarot. Alle 22 an der Geschichtensammlung beteiligten Autoren erhielten per Post eine Tarot-Karte, deren Motiv dann das Thema ihrer Story bildete, hatten selbst also keinen Einfluss auf die Themenwahl. Bei Diana Menschig war es die Karte mit dem Abbild des Teufels gewesen.
Im London des Jahres 1865 sucht die mit den Vorbereitungen zu ihrer Hochzeit beschäftigte Molly eine Wahrsagerin auf und zieht prompt die Teufels-Karte.
Bereits auf der anschließenden Kutschfahrt ereignen sich allerlei merkwürdige Dinge.
Dianas nächstes Projekt werden wohl Horrormärchen sein, mehr war hierzu aber von der Autorin noch nicht zu erfahren.

Als Dritte im Bunde las die preisgekrönte Schriftstellerin und Dichterin Ju Honisch, die schon einmal im Mai 2011 im Lesecafé zu Gast war. Natürlich hatte sie auch ihren aktuellen Fantasy-Roman Die Quellen der Malicorn im Gepäck, eine Geschichte um Einhörner, Gestaltwandler und einen Krieg, in den die Menschenfrau Una ohne ihr Zutun hineingezogen wird.
Gelesen aber hat Ju Honisch ihre pointierte Kurzgeschichte Nicht tot, und zwar vollständig! Erschienen ist diese Story in der Geisterspiegel-Anthologie Dark Crime, bei der die ausgewählten Autoren nur eine Vorgabe zu beachten hatten, nämlich die der Kombination einer Kriminalgeschichte mit einem phantastischen Element.
In Nicht tot glaubt die städtische Angestellte Meike Bertram, während eines Neuseelandurlaubs, ihren früheren Liebhaber Frank, der angeblich vor einigen Jahren verstarb, gesehen zu haben. Meike begibt sich auf Spurensuche und kommt in einer Schönheitsklinik einem schaurigen Geheimnis auf die Spur.
Ju Honisch versteht es sowohl mit der Gestaltung ihrer Lesungen wie auch ihrer eloquenten Erzählweise ihr Publikum bestens zu unterhalten. Nicht tot ist spannend, schwarzhumorig und originell plus Ju Honischs mitreißender Vortrag, was will man als Zuhörer mehr?

Mit Ende dieser Lesung war auch der ideale Zeitpunkt für eine etwas längere Pause erreicht. Wer Hunger hatte, konnte zwischen mehreren leckeren Gerichten wählen, die das Team der Coffeebar Anderswo, der Heimat des Lesecafés, vorbereitet hatte.
Dem Anlass entsprechend wurde Kürbissuppe gereicht, aber auch Gemüsefrikadellen und verschiedene Lasagne standen auf der Karte.
Selbstverständlich wurde die Pause auch für Gespräche und die Erfüllung von Autogrammwünschen genutzt, für die alle anwesenden Autoren den ganzen Nachmittag und Abend zur Verfügung standen.

Frisch gestärkt ging es weiter mit der Wiesbadener Autorin und Illustratorin Tanja Meurer und ihrer Reihe Schattengrenzen, von der bis dato zwei Romane veröffentlicht wurden. Tanja las aus beiden Bänden, und zwar den Anfang aus Glasseelen, einem unheimlichen Mysterythriller um ein albtraumhaftes Geschöpf namens Sandmann, welches Frauen ihre Seele raubt und damit eine wirklich gruselige Lektüre darstellt, die dem Motto des Abends mehr als angemessen war, sowie einen Auszug aus dem 2. Kapitel des Folgebandes Der Rebell, wobei die thematische Verbindung hergestellt wird durch eine E-Mail am Ende von Glasseelen, in der die Protagonistin Camilla um Hilfe gebeten wird. Spielt Glasseelen in Berlin und der unterirdischen Stadt Ancienne Cologne, finden wir uns in Der Rebell in Wiesbaden wieder. Tanja, die sich auch privat für Kriminalhistorie interessiert, hat zudem in die Romanhandlung z. B. den wahren Fall des 45 Jahre alten obdachlosen Litauer Straßenmusikanten eingearbeitet, der im März 2011 von drei jugendlichen Straftätern in der Wiesbadener Parkanlage Warmer Damm ermordet wurde. So gehen Fiktion und Realität kongenial Hand in Hand.

Der Abschluss dieser besonderen Veranstaltung gebührte dann Christian Humberg, ein ebenfalls gern gesehener Gast im Lesecafé, der bereits zweimal, in den Jahren 2011 und 2012, da gemeinsam mit Bernd Perplies, das Wiesbadener Publikum bestens mit den Romanen der Kinderbuch-Reihe Drachengasse 13 unterhielt. Dieses Mal wurde es mit Gotham Noir allerdings dunkel und mysteriös, verfeinert mit einer gesunden Portion ironisierenden Humors. Die im Rohde Verlag seit September 2013 erscheinende und auf 6 Folgen konzipierte Mystery-Romanserie gibt es aktuell ausschließlich als E-Book. Darin wird die junge New Yorker Polizistin Sarah Dolan, die einer Generationen alten Polizeifamilie entstammt, in den Keller des 66. Reviers des NYPD zwangsversetzt. Dort befindet sich das Archiv für alle allzu lächerlichen und abstrusen Fälle, die die Beamten aber trotzdem protokollieren müssen, seien es nun Elvis- oder Aliensichtungen oder andere unwirkliche Begebenheiten. Wer denkt bei diesem Handlungsgerüst nicht sofort an die X-Files, und auch Sarah wird im Laufe der Geschichte auf eine Verschwörung stoßen und Erfahrungen machen, die die Grenzen der Wirklichkeit zu sprengen drohen.
Christian Humberg las zuerst eine nächtliche Szene aus Band 2 Vier Stunden Ewigkeit.
Danach sprang er zurück zu Band 1 Kollateralschaden, in dem von der Versetzung Sarahs berichtet wird, davon wie es zur Bezeichnung des Reviers 666 kam und dem Zusammentreffen von Sarah und dem Privatdetektiv für Okkultes, Flynn Elliott.
Den Anfang von Band 3 Der Fremde im Spiegel las Christian Humberg ebenfalls noch und erzählte von dem Privileg, welches er beim Rohde Verlag genießt, nämlich der Freiheit, machen zu können, was ihm Spaß macht. Gotham Noir sieht Christian Humberg als ein Experiment, bei dem er auszuloten vermag, was geht und was nicht.
Ob dieser Aussagen entspann sich eine rege Diskussion zur aktuellen Situation deutscher Autoren und deren Misere, dass Verleger überwiegend nicht (mehr) dazu bereit sind, Autoren aufzubauen. Manchmal sind es nicht einmal finanzielle Gründe, sondern auch Bequemlichkeit, organisatorische Defizite u.ä., die einen möglichen Erfolg verhindern.

Nach etwa 7 Stunden ging eine tolle Veranstaltung zu Ende, die jedem der Gäste wie auch den Besuchern und an Phantastik Interessierten einen erlebnisreichen und unterhaltsamen Nachmittag/Abend beschert haben dürfte. Gewünscht hätte ich dem Lesecafé ein etwas größeres Publikum und eine mediale Aufmerksamkeit, die es sich wirklich verdient hat.
Mein Dank gebührt den Organisatorinnen, allen anwesenden Autoren, die mit ihren Lesungen und Erzählungen diesen Tag bereichert und auch so manch weite Anreise nicht gescheut haben sowie den Betreiberinnen der Coffeebar Anderswo.

Autoren- und Künstlerseiten im Internet:

Das Gruppenfoto mit allen Autoren wurde freundlicherweise von Juliane Seidel zur Verfügung gestellt.

(sb)