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Jimmy Spider – Folge 36

Jimmy Spider und die Spur des Schreckens – Teil 4 von 6

Es gibt immer wieder Momente im Leben, in denen man sich am liebsten in den eigenen Hintern beißen würde. Da ich nun aber leider nicht zu den Schlangenmenschen gehörte, musste ich damit vorlieb nehmen, mich insgeheim für meine Leichtsinnigkeit zu verfluchen.

Ich hatte mich einfach zu sehr von meinen Gefühlen ablenken lassen, als ich in dieser schmalen Gasse auf Finnegan, der kurz zuvor Shatarupa Singh erschossen und auch am Mord an meinen Eltern einen nicht unerheblichen Anteil hatte, getroffen war. Da mir nun wahrscheinlich ein Mitglied der Singh-Bruderschaft den Lauf seiner Waffe in den Nacken presste, konnte ich davon ausgehen, dass meine vermeintliche Rückendeckung in Form des Ex-Legionärs Simon und des Polizisten Larry Bernhardt sich in die ewigen Jagdgründe verabschiedet hatte.

Nun, eine derart aussichtslose Lage war mir nicht neu, und bisher hatte ich all jene misslichen Situationen (offensichtlich, da ich ja daran zurückdenken konnte) überstanden.

Darauf schien Finnegan aber keine Rücksicht nehmen zu wollen. Verächtlich grinste er mich an. »Na, wie fühlt es sich an, dem Tod in die Augen zu blicken?«

»Bei der Vorstellung, dass der Tod einen derart schlechten Geschmack in Bezug auf seine Kleidung hat, wird mir schon recht mulmig«, presste ich hervor.

Die Gesichtszüge meines Gegenübers entgleisten von der einen Sekunde auf die nächste. »Dafür jage ich dir persönlich eine Kugel durch den Schädel.«

»Das werden Sie nicht!«, erklang hinter mir die Stimme des mir noch immer unbekannten Mannes, der mich mit seiner Waffe in Schach hielt. »Sie verschwinden!«

Finnegan blickte geschockt an mir vorbei. Offenbar war er es nicht gewohnt, derartige Befehle zu erhalten. »Was soll das werden, Colonel?«

»Ihre Aufgabe ist erfüllt. Was nun folgt, ist eine Sache zwischen Jimmy Spider und mir.«

»Aber …«, wollte der Scharfschütze einwenden.

»Verschwinden Sie!«, unterbrach ihn der Mann. »Oder soll ich vielleicht nachhelfen?«

Damit war Finnegans Widerstand gebrochen. Zwar konnte ich an seinem Gesichtsausdruck ablesen, dass er alles andere als begeistert von dieser Entwicklung war, aber anscheinend wollte er es nicht riskieren, sich gegen meinen Hintermann zu stellen. Ganz davon abgesehen, dass er immer noch waffenlos war. Das änderte sich allerdings im nächsten Augenblick, als er seine Pistole wieder aufhob. Mit ihr in der Hand verließ er die Gasse. Ohne dass ich ihn daran hindern konnte, verschwand er an der gegenüberliegenden Ecke.

»Und nun zu uns, Mr. Spider – zunächst einmal sollten Sie Ihre Waffe fallen lassen.«

»Ist das ein Befehl oder ein guter Rat?«

Sofort wurde mir die Waffenmündung noch härter in den Nacken gepresst. »Werden Sie nicht frech.«

»Schon gut«, beschwichtigte ich und ließ die Desert Eagle fallen.

»Und jetzt werden Sie fünf Schritte nach vorne gehen, aber ganz langsam.«

»Natürlich, ich hab ja zurzeit auch nichts Besseres zu tun.«

Eine Antwort darauf verkniff sich mein Gegner offenbar.

Schweigend ging ich die fünf Schritte nach vorne. Was aber sollte die ganze Show? Sollte das eine standesrechtliche Erschießung werden? Oder würde er mich gleich mit ein paar Kugeln das Tanzbein schwingen lassen?

»Und nun – drehen Sie sich langsam um.«

Vorsichtig drehte ich mich herum – und blickte in ein Gesicht, das ich noch nie zuvor gesehen hatte. Wenig überraschend, immerhin war mir auch die Stimme völlig unbekannt. Aber irgendwoher schien der Mann mich zu kennen.

Mein Gegenüber trug die typische Uniform der Singh-Bruderschaft, dazu noch ein schwarz-rotes Barett auf dem Kopf. Von der Größe her überragte er mich um etwa einen halben Kopf, zudem machte er auf mich einen ziemlich durchtrainierten Eindruck. Obwohl einige Strähnen seines schwarzen Vollbarts bereits ergraut waren, war ich mir doch sicher, dass ich, sollte er es vielleicht auf einen Faustkampf ankommen lassen wollen, mit ziemlicher Sicherheit einpacken konnte. Aber das würde sicherlich nicht passieren.

Als er mit seiner rechten Hand hinter seinen Kopf griff, erkannte ich, dass an seinem Rücken zwei überkreuz liegende Schwerter befestigt waren. Während er eine der Klingen herauszog, wurde mir klar, dass es sich dabei nicht um ein Schwert, sondern um einen Talwar, einen traditionellen indischen Säbel, handelte. Der Griff der Waffe war reich verziert. Auf dem freien Markt wäre dieser Talwar sicherlich ein kleines Vermögen wert. Allerdings war mein Gegenüber bestimmt kein fahrender Antiquitätenhändler.

»Jimmy Spider!«, begann der Inder. »Du hast dich schwerer Verbrechen gegen die Singh-Bruderschaft schuldig gemacht. Neben der Ermordung zahlreicher treuer Diener unserer Gemeinschaft hast du Daksha Singh, den einzigen Sohn des großen Meisters, getötet und Schande über seine Tochter Shatarupa gebracht. Das einzige Urteil dafür ist der Tod.«

»So etwas in der Richtung hatte ich mir schon gedacht«, gab ich zu, ohne darauf einzugehen, dass er mich aus unerfindlichen Gründen plötzlich mit einem freundschaftlichen ›Du‹ ansprach.

Auf dem Gesicht des Mannes erschien der Anflug eines Lächelns. »Da dies aber keine Hinrichtung ist, sondern meine eigene, private Rache werden soll, gebe ich dir eine kleine Chance. Ich, Colonel Prakash Amrani, habe vor vielen Jahren große Schuld auf mich geladen. Einst war ich der Anführer der Leibgarde des großen Daksha Singh. Doch ich habe versagt. Du, Jimmy Spider, hast meinen Meister in einem Zweikampf um Leben und Tod mit dieser Waffe, einem dem großen Rakasha geweihten Talwar, das Leben genommen. Nun …«, er zog auch den zweiten Säbel hinter seinem Rücken hervor. »… werde ich dich mit dieser Waffe in einem Zweikampf töten.«

Daher also wehte der Wind. Ich erinnerte mich noch genau an den Kampf im Innenhof des Palastes jenes Daksha Singh, als ich fast von Vijay Brahma Singhs Sohn getötet worden wäre und erst im letzten Moment, als ich bereits zu Boden gegangen war, ihn mit einem alles entscheidenden Stoß ins Herz besiegt hatte. Wahrscheinlich hatte Singh den Tod seines Sohnes nie überwunden, ebenso wenig wie die Tatsache, dass sich seine einzige Tochter in mich verliebt hatte.

Wer allerdings dieser Rakasha sein sollte, war mir nicht so ganz klar. Eigentlich hätte ich vermutet, dass, wenn die Talwars überhaupt jemandem geweiht waren, die Wahl auf Brahma gefallen wäre.

Plötzlich hielt der Colonel mir einen der Talwars, jenen in seiner rechten Hand, entgegen. »Da ich dich in einem Zweikampf töten will, übergebe ich dir hiermit diese Klinge. Möge sie dich in die schrecklichste aller Höllen führen.«

Mit einer geschmeidigen Bewegung warf er mir die Waffe zu, die ich mit der rechten Hand auffing. Nun konnte ich mich zumindest wehren. Zwar hatte mir mein leiblicher Vater, Sir Gerald Spider, vor mehr als fünf Jahren den Kampf mit diesen Säbeln beigebracht, aber wirklich wohl fühlte ich mich damit nicht, schließlich war mein letztes Training eben jener bedeutungsschwere Kampf gegen Daksha Singh gewesen.

»Und nun …«, riss mich der Colonel mit lauter Stimme aus meinen Erinnerungen. »… wirst du sterben!« Blitzschnell erhob er den Talwar und lief schreiend auf mich zu …


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