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Andrea Camilleri – Die Rache des schönen Geschlechts

die-rache-des-schoenen-geschlechtsDie vorliegende Geschichtensammlung besteht aus drei langen und drei kurzen Erzählungen, die sich alle mit Commissario Montalbano, dem von Andrea Camilleri meisterhaft beschriebenen sizilianischen Kriminalkommissar beschäftigen.

Zwei der drei kurzen Geschichten waren bereits an anderen Orten erschienen, nämlich Fieber in einer Zeitschrift für Strafvollzug und A Hatful of Rain in der Tageszeitung La Repubblica, bevor sie in die vorliegende Sammlung aufgenommen wurden. Die drei längeren Erzählungen waren zuvor unveröffentlicht.

Bis auf A Hatful of Rain sind die kürzeren Geschichten keine Krimis, sondern Geschichten über zufällige und außergewöhnliche Begegnungen des Commissario, während die drei langen Texte alle Kriminalgeschichten sind.

Der Autor erläutert in seiner Sammlung witzig- ironisch und mit hoher Erzählkunst Fälle des sizilianischen Helden. Dabei entwirft er ein detailliertes Bild der Psyche des Kommissars sowie eine Reihe interessanter Dialoge und beschreibt zudem gekonnt Beziehungen Montalbanos zu den übrigen Personen.

Landschaft – hier vor allem das Meer, aber auch die Berge und Städte wie Rom – und auch kulinarische Köstlichkeiten, von denen sich der Commissario nur zu gern verführen lässt, werden ebenso geschildert, wie die Eigenschaften der Frauen, mit denen es Montalbano zu tun bekommt.

Bei all diesen Ausführungen lässt Andrea Camilleri eine gute Portion Humor nicht fehlen, die dem Ganzen genau die Würze gibt, die man sich als Leser von Kriminalgeschichten neben einer gewissen Spannung wünscht, die hier natürlich ebenfalls nicht fehlt.

Einzig das gelegentliche Benutzen von Ausdrücken der Fäkalsprache stört ein wenig das Bild der spannenden, witzigen, süchtig machenden Krimis, die uns hier ein Meister des Genres vorlegt.

Fazit:
Mit der Sammlung Die Rache des schönen Geschlechts hat der Autor ein Buch zusammengestellt, das man als Leser nicht aus der Hand legen möchte. Andrea Camilleri kann wohl mit Fug und Recht als einer der Großen des Kriminalromans und der kriminalistischen Erzählung bezeichnet werden und zeigt an dieser Stelle, dass er nicht nur die lange, sondern auch die kurze Form der Prosa beherrscht.

In den nun folgenden Passagen soll der Inhalt von einer kurzen und zwei längeren Erzählungen des Buches dargestellt werden.

A Hatful of Rain oder Ein Hut voll Regen

Commissario Montalbano wird von Questore Bonetti- Alderighi, dem Polizeipräsidenten, gezwungen, dem Staatssekretär in Rom seinen eigenen Vorschlag einer Methode, mit der bestimmte Amtsvorgänge bezüglich illegaler Einwanderung vereinfacht werden können, darzulegen. Der Questore, der Montalbano angeregt hatte, einen solchen Vorschlag zu machen, hatte diesen dann so gut gefunden, dass er ihn dem Staatsekretär mitgeteilt hatte und dieser bat dann darum, den Commissario zu ihm zu schicken.

Am Flughafen von Rom fehlt das Gepäck des Commissario und so muss er sich in der Stadt neue Sachen kaufen, denn er soll drei Tage dort bleiben. Als er das Geschäft, in dem er die Sachen gekauft hat, verlässt, stößt er mit Ernesto Lapis zusammen. Ihm gehört das Geschäft und er ist ein alter Schulfreund von Montalbano, den dieser eigentlich im Gefängnis vermutet hatte. Lapis lädt ihn ein, ihn und seine Familie am Abend zum Essen zu besuchen.

Obwohl er diesen Besuch lieber vermieden hätte, fühlt er sich dann doch gezwungen, Lapis zu besuchen. Auf dem Fußweg dorthin beginnt es, zu regnen, kalter Wind kommt auf und weht Montalbano seine Schiebermütze vom Kopf. Als die Mütze endlich liegen bleibt, liegt der Hut eines jungen Mannes daneben, der sich mit Regenwasser füllt. Als der Commissario sich nach Hut und Mütze bückt, kommt der Besitzer des Hutes herbei und schreit: »Finder weg!«

Montalbano legt sich mit ihm an, als dieser ihn fortstoßen will, und bekommt einen Schwinger in die Magengrube. Er holt tief Luft und folgt dem fliehenden Hutbesitzer …

Tödlich verwundet

Commissario Montalbano wird nachts um drei Uhr in das einsame Landhaus eines Ermordeten gerufen. Dieser heißt Gerlando Piccolo und ist erschossen worden. Im Haus befindet sich noch seine Nichte Grazia Giangrasso, eine Vollwaise, die Piccolo bei sich aufgenommen hatte, und die den Mörder gesehen und ihm offensichtlich bei der Flucht in den Rücken geschossen hat. Zuerst hatte der Questore gesagt, der Commissario solle nur die Vorarbeit für die »Ermittlungsführer« Dottor Gribaudo und Staatsanwalt Tommaseo leisten. Dann aber hatte er diese mit dem brisanten Mord an der Edelprostituierten Alessia Laguardia betraut und Montalbano den »einfachen« Fall um den Wucherer Piccolo übertragen.

Zuerst ermittelt der Kommissar, dass der Wucherer auch Frauen, die nicht zahlen konnten, zum Sex gezwungen hat. Dies zeigt ihm deutlich, was dieser für ein Mensch war. Endlich findet man die Leiche des Mörders namens Dindò, ein zwanzigjähriger Supermarktgehilfe, der geistig zurückgeblieben ist und für einen solchen Mord eigentlich gar nicht infrage kommt.

Dann aber stellt der Commissario fest, dass der Ermordete seine Nichte missbraucht hat, seit sie als Kind zu ihm kam. Da hat er plötzlich eine andere Sicht auf die Tat. Ein Comic des jungen Mörders mit dessen Randnotizen, den er in dessen Zimmer findet und der Hinweis seines Vaters, er habe sich verändert und plötzlich viel gesungen, lässt Montalbano vermuten, was tatsächlich geschehen ist, und er kann schließlich den Fall lösen. …

Die Dinge im Dunkeln lassen

Früh am Morgen wird Montalbano von einem Pfarrer namens Barbera zu Hause aufgesucht. Der Pfarrer sagt ihm, die im Sterben liegende Maria Carmela Spagnolo aus dem Luxusaltenheim La Casa del Sacro Cuore habe ihm ein Geheimnis gebeichtet, eine Schuld, für die ein Unschuldiger gebüßt habe. Dieses Geheimnis dürfe er als Pfarrer aber nicht preisgeben, da es unter das Beichtgeheimnis falle. So sei er zu ihm als Kriminalkommissar gekommen und hoffe, er werde das Ganze aufklären. Die Sterbende wolle ihm vor ihrem Tod noch etwas darüber mitteilen.

Der Commissario, der Angst vor Sterbenden hat und das Ganze für eine Geschichte hält, wie sie in Groschenromanen vorkommen, will zuerst gar nichts damit zu tun haben. Der Pfarrer aber überredet ihn doch, mit zum Sterbezimmer der alten Dame zu kommen. Als sie dort ankommen, haucht die alte Frau Montalbano ins Ohr: »Es war kein Gift. Cristina wollte es und ich hab’s ihr gegeben, aber es war kein Gift.«

Nachdem die Alte dies gesagt hat, stirbt sie.

Der Kommissar denkt lange darüber nach, ob er sich des Falls, der, wie sich herausstellt, vor über fünfzig Jahren stattfand, überhaupt annehmen soll. Endlich aber siegt seine Neugier und er beginnt mit den Ermittlungen. …

andrea-camilleriDer Autor

Andrea Camilleri ist Bestsellerautor. Millionen Leser aus aller Herren Ländern haben seine Bücher um den charmanten, von Frauen geliebten und Männern respektierten Commissario Montalbano verschlungen, der im mediterranen Sizilien ermittelt und dabei kulinarische Spezialitäten verspeist.

Auch in Deutschland hat Camilleri großen Erfolg mit seinen Kriminalgeschichten, die dort in der Verlagsgruppe Lübbe erscheinen.

Der Autor wurde im September 1925 in Sizilien geboren. Er benannte seine Figur eines sizilianischen Kommissars nach dem spanischen Autor Manuel Vásquez Montalbán. Seine Romane wurden in diverse Sprachen übersetzt. Außer Krimis schrieb Camilleri auch Drehbücher und Theaterstücke und war zudem als Fernsehregisseur aktiv. Von 1977- 97 war er Professor an der Nationalakademie der Dramatischen Künste Silvio D’Amico in Rom und hielt in Italien und im Ausland Seminare über Regie und Autorenschaft.

Camilleri ist verheiratet, hat drei Töchter und einige Enkel und lebt in Rom. 1978 wurde sein erstes literarisches Werk von vierzehn Verlagen abgelehnt. Erst seine Krimis um Salvo Montalbano machten ihn berühmt. Bemerkenswert ist dabei, dass sein Erfolg praktisch ohne jede Werbung zustande kam.

Quellen:

Bilder:

Cover des Buches. Mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Lübbe.

Foto des Autors. Mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Lübbe.

Copyright © 2013 by Wolfgang Wiekert