Heftroman der

Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Totengeflüster: Vom Seelensterben

Das Debüt-Album von Totengeflüster hat einen mehrjährigen Entwicklungs- und Reifeprozess hinter sich. Das Ergebnis sind 10 Tracks, die die Härte und Schwere des Black Metal mit der Erhabenheit einer klassischen Orchestrierung verweben.

Totleben (Composition, Guitars, Bass, Orchestration, Artwork), Narbengrund (Lyrics, Vocals, Concept) und Schattendorn (Live Drums) haben mit ihrem Erstling eine dunkelschillernde Preziose symphonischen Black Metals geschmiedet, die den Zuhörer einspinnt in einen morbiden Albtraum zwischen Wahn und Wirklichkeit.

Die Prophezeiung eröffnet rein instrumental die CD. Piano, Bass und Streicher vereinen sich, schwingen sich empor und kulminieren zum 2. Track: Ein Traumgespinst. Übergangslos wird der Hörer mit Narbengrunds Schreien und extremen Gekeife konfrontiert, Gesang, dem Zuschnappen jagender Höllenhunde gleich. Schnelles Riffing und Drumming begleiten den lyrischen Albtraum, von Narbengrund in finstere Poesie gegossen. Nach dem Chaos herrscht dräuende, vibrierende, kratzende Ruhe. Das schneidende, abschließende Riff leitet gleichzeitig den 3. Track: Ein Monolog im Mondschein ein.

An dieser Stelle einmal die Empfehlung, sich nach Möglichkeit unbedingt die physische CD mit dem kunstvollen Booklet und allen Lyrics zu besorgen, um beim Hören der Musik in den vollen Genuss der Texte und der erzählten Geschichte zu kommen. Bilden beide Elemente zusammen mit dem wundervollen Artwork doch ein Kunstwerk, welches man in seiner Gesamtheit goutieren sollte.

Doch zurück zu Ein Monolog im Mondschein. Der Wandel wird herbeigeführt, die Veränderung nimmt ihren Lauf. Melodiebögen werden gesponnen, doch auch wüstes Geprügel findet seinen Raum, der inneren Zerrissenheit wird ein musikalisches Gewand umgelegt.

Gefrorene Tränen glänzen in einem kurzen, rein instrumentalen Intermezzo, orchestral, mit Choreinsatz verfeinert. Ganz anders der nun folgende Titeltrack: Vom Seelensterben, der sich schneidend, mit messerscharfer Klinge seinen Weg bahnt und mit infernalischen Klängen der Seele Tod zelebriert. Der Pakt beginnt recht rockig, im Heavy Metal – Sound, doch allein schon durch Narbengrunds förmlich ausgespiene Worte wechselt das Gefühl der Vertrautheit schnell zu einer treibenden, dämonischen Beschwörung.

Auch der Blutsegen gönnt dem Hörer keine Atempause. Stampfender Rhythmus, schnelle Riffs und Narbengrund krächzt sich die Seele aus dem Leib.

Ein neuer Pfad verspricht zu Anfang eine trügerische Ruhe, die aber schrill und schneidend endet. Ein weiteres schönes Beispiel für die Verquickung von extremen Metal mit symphonischen Elementen. Nach einem quasi kataklysmischen Höhepunkt vermittelt uns Im Tau der toten Morgensonne auf instrumentale Weise ein Gefühl von Leere, welches hinübergleitet in die Möglichkeit eines Neubeginns. Den Abschluss bildet mit dem 10. Titel, dem Bonus-Track, die rein instrumentale und orchestrale Fassung von Ein Monolog im Mondschein. Gerade auch durch die Choreinschübe wirkt der Song im Vergleich noch bombastischer als die reguläre Version. Ein würdiges Ende dieses komplexen und facettenreichen Albums.

Fast 47 sehr intensive Minuten sind vergangen, in denen sich eine Musik entfaltet hat, die einen fast schon hypnotischen Sog auf den Hörer ausübt. Totengeflüster langweilen nicht mit dumpfem Geschrubbe, sondern bieten dem Rezipienten ein intelligentes Konzept aus dunklem, harten Metal gepaart mit der Schönheit klassischer Musik, ergänzt um tiefgründige, verstörende und gleichsam sehr poetische Lyrics, dargeboten ausschließlich in deutscher Sprache und in der Form des Paarreims. All dies wird komplettiert und perfektioniert durch die morbide und surreale Ästhetik des Artworks.

Alle Songs gehen nahtlos ineinander über, es gibt keine Brüche, die den Hörer bei seinem Genuss dieses Albums stören, ihn aus seinen Gedanken reißen könnten.

Mich persönlich hat Vom Seelensterben jedenfalls sehr beeindruckt. Hier werden keine gängigen Klischees des Black Metal bedient, die Musik ist abwechslungsreich und die Texte sind es wert, sich intensiver mit ihnen zu beschäftigen, und lassen trotz der zusammenhängenden Geschichte noch genügend interpretatorischen Spielraum.

Musik und Worte dringen mit bildhafter Wucht in der Vorstellung des Hörers, die im Artwork Totlebens ihre ganz eigene optische Komponente erfährt, die kongenial den Albtraum in Szene setzt.

Bei diesem sehr ambitionierten und qualitativ hochwertigen Werk von epischer Dimension spürt man förmlich die Leidenschaft aller Beteiligten (einige Gast-Vokalisten sind ebenfalls mit von der Partie) an ihrer Arbeit, die es wert ist, dass man ihr uneingeschränkte Beachtung und ungeteilte Aufmerksamkeit schenkt und damit sowohl das handwerkliche wie auch das ideelle, kreative Können und dessen meisterhafte Umsetzung honoriert.

Hörprobe

[display_podcast]

Symphonic Black Metal,
Totengeflüster
Vom Seelensterben
Eigenproduktion
Release-Datum: 01.02.2013
Audio-CD, 10 Tracks
46:37 Minuten

www.totengefluester.de

Veröffentlichung der Hörprobeund der Bilder mit freundlicher Genehmigung von Totengeflüster

Copyright © 2013 by Stefan Bellack