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Im Gespräch mit Holger Kliemannel

Die Edition Roter Drache ist ein Fachverlag für okkulte, heidnische und akademische Literatur. Es ist einer der wenigen Verlage, der sich auf die Andere Seite (Sitra Ahra) der Magie und die Erforschung des linkshändigen Pfads (Left Hand Path) spezialisiert hat. Ebenso veröffentlicht Edition Roter Drache anspruchsvolle heidnische Literatur, akademische Schriften sowie Kunstbücher und Bandbiografien aus dem Heavy-Metal-Bereich.

Auslöser für dieses Interview war die Präsenz von Dr. Mark Benecke auf der Leipziger Buchmesse. Ihn kennt man, irgendwo hat man den Namen schon gelesen, gehört oder ihn im Fernsehen gesehen. Mark Benecke, der berühmteste Kriminalbiologe der Welt und Spezialist für forensische Entomologie. Und genau er war am Stand vom Verlag Edition Roter Drache anwesend … Aber es war noch jemand da, und zwar der Geschäftsführer des Verlages selbst: Holger Kliemannel.

Geisterspiegel: Guten Tag, Herr Kliemannel, ich freue mich, dass ich in Leipzig Ihre Bekanntschaft machen durfte und noch mehr freue ich mich, dass Sie mir nun einige Fragen zu ihrem Verlag beantworten möchten.

Holger Kliemannel: Zu danken habe ich für die Chance, den Verlag auf dieser interessanten Seite vorstellen und Ihre Fragen beantworten zu dürfen.

Geisterspiegel: Wofür steht Edition Roter Drache und wie kam es zu diesem außergewöhnlichen Verlagsnamen?

Holger Kliemannel: Die Edition Roter Drache steht für mit Liebe zum Detail gemachte Bücher zu Themen, die sich in nur sehr wenigen Verlagen wiederfinden lassen. Vor sieben Jahren meinte eine Freundin, dass sie ein kleines Büchlein über Mephisto geschrieben habe und hierfür einen Verlag suche. Spontan sagte ich ihr zu, es zu verlegen, und so entstand der Verlag. Es musste schnell ein passender Name her, und da der Rote Drache für mich persönlich von Bedeutung ist, war klar, dass es dabei bleiben wird. Und Edition rührt daher, weil der Verlag ursprünglich als eine Edition in einem anderen Verlag geplant war.

Geisterspiegel: Und woher rührt Ihr Interesse für all diese Themen?

Holger Kliemannel: Oh, lange Geschichte. Kurzfassung ist, dass ich schon sehr früh mich für okkulte Themen interessiert und auch hier erste Erfahrungen gesammelt habe. Und vor 20 Jahren kam ich zum Heidentum, daher kenne ich mich mit den im Verlag verlegten Themen aus. Nur gibt es in Deutschland ein Mangel an wissenschaftlichen Büchern zu diesen Themen, und was wir versuchen, ist der Brückenschlag zwischen lebendigem Heidentum, praktischer Magie und wissenschaftlichen Abhandlungen zu schlagen.

Geisterspiegel: Edition Roter Drache ist ein Fachverlag, viele Bücher wissenschaftliche Abhandlungen. Braucht es dafür Vorkenntnisse oder können Sie ein Grundlagenwerk empfehlen, mit welchem man sich als »Neuleser« auseinandergesetzt haben sollte? Der linkshändige Pfad oder das Apophenion gehören vielleicht nicht unbedingt zum Standardwissen eines jeden Lesers, der sich zum ersten Mal mit heidnischen, keltischen oder okkulten Themen beschäftigen möchte.

Holger Kliemannel: Auch wenn wir lieber Bücher für »Fortgeschrittene« verlegen, so haben wir zu jedem Bereich Grundlagenwerke im Programm. Wer sich mit dem Linken Pfad auseinandersetzen will, der sollte die Studie »Lords oft he Left-Hand Path – Verbotene Praktiken und spirituelle Ketzereien« von Stephen E. Flowers als Erstes lesen. Wer sich mit der dunklen Seite der Kabbala beschäftigt, der kommt nicht an »Kabbala, Qliphoth und die Goetische Magie« von Thomas Karlsson vorbei. Da der Autor der Texter für die Band Therion ist, findet der Leser alle Themen ihrer Alben in seinen Bücher wieder. Anhänger des nordischen Heidentums finden bei uns das mit Ritualen vollgepackte Buch »Das Heilige Fest – Traditionelles germanisches Heidentum in heutiger Zeit« von Fritz Steinbock, das gerade für Neueinsteiger sehr zu empfehlen ist. »Ásatrú – Die Rückkehr der Götter« ist ein Buch ganz nach meinem Geschmack: Hier werden aktuelle akademische Erkenntnisse vermittelt, die ergänzt mit den Erfahrungen praktizierender Heiden werden. Diese zweigleisige Behandlung des Themas ist einmalig und steht genau für das, was der Verlag anstrebt.

Geisterspiegel: Neben den erwähnten Themen bietet Ihr Verlagsprogramm aber noch viel mehr. Interessant für den Geisterspiegel sind natürlich die Vampire, die Comic-Reihe Der Magus und die Phantastik-Anthologie Advocatus Diaboli. Die Anthologie erschien zwar schon im Jahr 2010, aber mich interessiert dennoch, wie es zu diesem Projekt kam.

Holger Kliemannel: Irgendwie entstand mal Kontakt zur Herausgeberin Alisha Bionda, und sie forderte ein paar Rezensionsexemplare an. Als sie diese in der Hand hielt, war sie von den Aufmachungen so angetan, dass sie gern mit mir zusammenarbeiten wollte. Der komplette Inhalt und die Beschaffung der klasse Geschichten ist ihr Verdienst, ich habe nur das Layout gemacht. Es ist ein sehr gutes Buch geworden, auf das alle Beteiligten mit Stolz zurückblicken können.

Geisterspiegel: Wurde die Frage, wie man in die Hölle gelangen kann, hinreichend beantwortet?

Holger Kliemannel: Das ist jedem Leser selbst überlassen, für mich eindeutig ja. Ein Kandidat für den Einzug in Hades bin ich eindeutig nicht.

Geisterspiegel: Wird es weitere Projekte dieser Art geben? Schließlich will man als Leser ja auch wissen, wie man den Teufel dazu überreden kann, dass er einen auch wieder aus der Hölle entlässt …

Holger Kliemannel: Die Protagonisten der Geschichten wollen gar nicht zurück, die sind glücklich dort, wofür sie sich beworben haben. Eine Fortsetzung ist nicht geplant, da sich das Buch bedauerlicherweise schwer verkauft, obwohl es durchweg nur positive Rezensionen hat (siehe die zwei auf geisterspiegel.de). Die Autoren und Geschichten sind allesamt große Klasse, das Problem ist, dass niemand Phantastik bei uns sucht. In einem anderen Verlag wäre das Buch ein Bestseller.

Geisterspiegel: Der Magus nimmt laut Vorschautext »… zielsicher zahlreiche Klischees der Okkult- und Esoterik-Szene aufs Korn und lehren alle bigotten und lichtesoterischen Weicheier das Fürchten!« Welches sind die schlimmsten oder witzigsten Klischees, mit denen Sie als Verleger konfrontiert worden sind?

Holger Kliemannel: Die witzigste ist die vierte Frage nach dieser hier 🙂 Aber ansonsten gab es noch nie etwas Suspektes an Klischees, die mir unterstellt oder mit denen ich konfrontiert wurde. Leser, die sich mit den Themen auskennen, wissen die Bücher zu schätzen, und allen anderen ist die Materie zu hoch, um sich ein Urteil bilden zu können.

Geisterspiegel: Auf der Homepage steht geschrieben, dass Sie keine Engelsliteratur veröffentlichen. Schließt die Teufelsthematik die Engel denn nicht automatisch mit ein? Ist nicht überall, wo Schatten ist, auch Licht? Und ist nicht der Teufel selbst ein gefallener Engel?

Holger Kliemannel: Teufelsthematik führen wir genau so wenig wie Engelsliteratur, vielleicht sollten wir das mal auf der Homepage klarstellen.  🙂 Man darf die okkulten Themen, die wir führen (Kabbala, Ägyptische Magie, Nekromantie, Chaosmagie etc. pp) nicht mit Teufel, Satan und Konsorten gleichsetzen, es ist etwas ganz anderes und wird von uns nicht verlegt. Aber genau so wenig verlegen wir politische Themen, Wellness-Bücher oder die Heimatgeschichte Thüringens.

Geisterspiegel: Andere dunkle Wesen, die ein Zuhause in Ihrem Verlag gefunden haben, sind Vampire. Und zwar nicht die lichtscheuen, blutsaugenden Flatterwesen, die neuerdings oft einen Hang zum Kuscheln haben, sondern wahrhaftige Vampire, die unter uns leben. Wie stehen Sie diesem Thema gegenüber?

Holger Kliemannel: Ich stehe allen Themen offen gegenüber, die Erfahrung zeigt, dass gerade solche Underground-Bewegungen am interessantesten sind. Oder wie Mark Benecke in seinen Vorträgen über Serienmörder immer wieder betont: Normale Menschen sind die Gefährlichsten, gerade bei solchen »Randgruppen« ist man sicherer.

Geisterspiegel: Und wie muss man sich einen leibhaftigen Vampir nun vorstellen? Was macht das Wesen eines wahrhaftigen Vampirs aus?

Holger Kliemannel: Es sind Menschen, die überzeugt sind, dass sie ohne die Energie – entweder in Form von realem Blut oder Energie, die sie aus der Aura ziehen – von anderen Menschen nicht »überleben« können. Hierfür nutzen sie freiwillige Spender, donurs genannt. Die jungen Vampyre findet man in speziellen Clubs, ältere sitzen meist in den Chefetagen von großen Konzernen.

Geisterspiegel: Nun noch einmal die Frage, die ich Ihnen schon auf der Messe stellte, aber von der ich annehme, dass sie auch viele andere Leser interessiert. Die Themen vieler Bücher aus Ihrem Verlagsprogramm verbinde ich – sicher aus Unwissenheit – mit Sekten, Teufelsanbetern, okkulten Glaubensgemeinschaften. Haben Sie in der Hinsicht jemals Erfahrungen gemacht, positiv wie negativ?

Holger Kliemannel: Schriften von Sekten, Glaubensgemeinschaften oder Teufelsanbetern würden wir genau so wenig veröffentlichen wie die weiter oben angesprochene Teufelsliteratur, da dies überhaupt nicht unsere Baustellen sind. Der Großteil der okkulten Titel, die wir führen, behandeln den sogenannten Linken Pfad. Hier werden nichts und niemand angebetet, der einzelne Mensch selbst steht im Mittelpunkt. Ich selbst war 15 Jahre lang der Leiter der deutschen Sektion des in Schweden beheimateten magischen Ordens Dragon Rouge, das hat aber nichts mit einer Sekte zu tun. Man kann es sich eher als eine okkulte Forschungsgruppe vorstellen, in dem die Freiheit und Meinung des Einzelnen am wichtigsten ist.

Geisterspiegel: An dieser Stelle möchte ich Ihnen die Möglichkeit geben, Ihren Lesern einmal all das zu sagen, was Ihnen auf dem Herzen liegt, und wozu Sie bisher noch keine Gelegenheit hatten.

Holger Kliemannel: 7-BAx2LON-7 (wer wissen will, was das bedeutet, muss bis zur Veröffentlichung des Okkult-Romans in der Tradition von Robert A. Wilson »3 a.m.« im November warten).

Geisterspiegel: Und die letzte Frage: Glauben Sie an Gott?

Holger Kliemannel: Ich glaube an eine Vielzahl von Göttern. Aber nicht die Frage, an welche Götter ich glaube, sondern welchen ich Opfer darbringe, ist entscheidend. Als Heide steht es mir frei, wem ich opfere, das ist ein Vorteil, den die sekundären Religionen (die Monotheistischen) nicht haben. In Pompey habe ich Isis geehrt, wenn mein Weg mich mal nach Griechenland verschlagen sollte, kann ich den Göttern des Olymp opfern, ohne dass meine heimischen Götter dies mir übel nehmen. Versuchen Sie dies mal als Anhänger der Jahwe-Allein-Bewegung.

Geisterspiegel: Ich danke Ihnen ganz herzlich für die Beantwortung der Fragen und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und alles Gute.

Holger Kliemannel: Danke für die Fragen & viel Erfolg mit dem Online-Magazin!

Das Interview führte Anke Brandt per E-Mail.

Bildquelle: www.roterdrache.org

Copyright © 2013 by Anke Brandt